Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Kommissionär; Kommissionsbuch; Kommissionsgeschäft

984

Kommissionär - Kommissionsgeschäft.

Schul-, Steuerkommissionen etc.) ernannt. Hohe K. (High commission) hieß einer der beiden von den Stuarts in England eingeführten Gerichtshöfe (Sternkammer und Hohe K.), die sich wegen ihrer Willkür allgemein verhaßt machten. Vom Unterhaus 1641 abgeschafft, wurde die Hohe K. von Cromwell wiederhergestellt. Über K. im Handel s. Kommissionsgeschäft.

Kommissionär (franz., "Beauftragter", engl. Factor, Agent), derjenige, welcher gewerbsmäßig im eignen Namen für Rechnung eines Auftraggebers Handelsgeschäfte abschließt (s. Kommissionsgeschäft). Im gewöhnlichen Leben wird K. auch ein Geschäftsmann genannt, der überhaupt fremde Geschäfte, gleichviel ob Handelsgeschäfte oder nicht, vermittelt und besorgt.

Kommissionsbuch ("Bestellungsbuch"), s. Buchhaltung, S. 564.

Kommissionsgeschäft (Kommission, Kommissionsvertrag), die gewerbsmäßige Übernahme des Abschlusses von Handelsgeschäften im eignen Namen, aber für fremde Rechnung. Derjenige, welcher so für seinen Auftraggeber Handelsgeschäfte abschließt, wird Kommissionär (franz. Commissionnaire, engl. Factor, Agent), der Auftraggeber Kommittent genannt. Zuweilen bezeichnet man allerdings mit K. auch die Erteilung des Auftrags selbst oder das vom Kommissionär mit einem Dritten abgeschlossene Handelsgeschäft. K. wird ferner nicht bloß ein einzelnes derartiges Rechtsgeschäft, sondern auch der ganze Geschäftszweig, welcher sich im modernen Verkehrsleben durch solche gewerbsmäßige Übernahme des Abschlusses von Handelsgeschäften für fremde Rechnung ausgebildet hat (sogen. Kommissionshandel im Gegensatz zum Eigenhandel), genannt. Gegenstand des Kommissionsgeschäfts können die verschiedenartigsten Handelsgeschäfte sein, z. B. der Ein- und Verkauf von Waren, Wechseln und Wertpapieren, ferner Assekuranz- oder Inkassogeschäfte, Frachtverträge u. dgl. Über die Transportkommission gelten besondere Grundsätze (s. Spedition). Die häufigste Anwendung findet das K. bei Kaufgeschäften (Warenkommission), sei es als Einkaufs- oder als Verkaufskommission. Letztere wird auch Konsignation genannt; namentlich bezeichnet man so die überseeische Verkaufskommission. Häufig wird dabei vom Kommittenten ein sogen. Limito (s. d.), d. h. ein Preis, festgesetzt, über welchen der Einkaufskommissionär nicht gehen, oder unter welchem der Verkaufskommissionär die Ware nicht weggeben soll. Verkauft der Kommissionär gleichwohl billiger, so muß er nach dem deutschen Handelsgesetzbuch (Art. 363) dem Kommittenten die Preisdifferenz vergüten, wofern er nicht beweisen kann, daß ein Verkauf zu dem limitierten Preis nicht ausführbar war, und daß die Vornahme des Verkaufs von dem Kommittenten Schaden abgewendet hat. Wurde dagegen der für den Einkauf gesetzte Preis überschritten, so kann der Kommittent die Annahme der Ware verweigern, es sei denn, daß sich der Kommissionär zur Deckung des Preisunterschieds erbietet (Art. 364). Auf der andern Seite berechtigt die Festsetzung eines Limitopreises den Kommissionär für den Fall eines billigern Einkaufs oder eines günstigern Verkaufs keineswegs dazu, dem Kommittenten den Limitopreis in Ansatz zu bringen und den erzielten Vorteil für sich zu behalten, da er die Verpflichtung hat, das Interesse des Kommittenten allenthalben möglichst zu wahren (Art. 372). Der letztere steht zu dem Dritten, mit welchem der Kommissionär abschließt, in keinerlei Rechtsverhältnis, da dieser im eignen Namen handelt.

Die Frage, ob der Kommissionär als Selbstkontrahent eintreten, d. h. die Ware selbst liefern, resp. kaufen dürfe, wird nach englischem und amerikanischem Recht verneint, nach französischem bejaht; doch wird hier Anzeige an den Kommittenten verlangt. Das deutsche Handelsgesetzbuch (Art. 376) gestattet dies bei der Kommission zum Einkauf oder zum Verkauf von Waren, Wechseln und Wertpapieren, welche einen Börsen- oder Marktpreis haben, wofern der Kommittent nicht ein andres bestimmt hat; auch ist der Kommissionär alsdann befugt, die ihm gebührende Vergütung (Provision, Kommission) gleichwohl zu berechnen. Die Höhe der letztern bestimmt sich bei mangelnder ausdrücklicher Vereinbarung in der Regel nach dem Ortsgebrauch und nach Prozenten vom Betrag des Geschäfts. Im Warenhandel z. B. beträgt sie gewöhnlich zwischen 1½ und 5 Proz., im Wechselgeschäft 1/3 Proz. Nicht selten übergibt ein Kommittent dem Kommissionär ein Fabrikat oder ein Produkt zum fortwährenden Verkauf, indem er bei ihm ein ständiges Lager (Kommissionslager) unterhält. In diesem Fall stellt sich die Provision erheblich höher. Auf eine weitere Vergütung (sogen. Delkredereprovision) hat der Kommissionär dann Anspruch, wenn er dem Kommittenten für die Zahlung des Kaufpreises oder überhaupt für die Erfüllung der Verbindlichkeit seines Kontrahenten einsteht (s. Delkredere). Der Kommissionär hat wegen seiner Unkosten u. der Provision ein Retentionsrecht an den Waren oder an deren Erlös, welches nach dem deutschen Handelsgesetzbuch die Natur eines Pfandrechts hat. Dagegen ist der Kommissionär verpflichtet, den Auftrag mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns auszuführen, den Kommittenten von der Ausführung rechtzeitig zu benachrichtigen, Rechenschaft abzulegen und abzugewähren, was der Kommittent zu erhalten hat. Er hat für gehörige Aufbewahrung des Kommissionsguts zu sorgen und ist dem Kommittenten für allen Schaden, welcher diesem durch seine Nachlässigkeit erwachsen sollte, verantwortlich.

Die Streitfrage, ob der Kommittent bei der Einkaufskommission sofort Besitz und Eigentum an den vom Kommissionär für Rechnung des erstern eingekauften Waren erhalte, oder ob dieselben nicht vielmehr Eigentum des Kommissionärs werden, ist im Handelsgesetzbuch nicht entschieden. Die herrschende Ansicht und die Praxis der Gerichte, insbesondere des frühern Reichsoberhandelsgerichts, nehmen das letztere an. Hiernach erwirbt der Kommissionär die Waren zunächst für sich; der Kommittent hat, bevor sie ihm von jenem überwiesen worden sind, nur einen persönlichen Anspruch an den Kommissionär auf Lieferung der Ware gegen Zahlung der Provision und Erstattung der Auslagen. Dies gilt nach der Entscheidung des vormaligen Reichsoberhandelsgerichts namentlich für den kommissionsweisen Ankauf von Wertpapieren und ist gerade hier bei den Schwankungen des Kurswertes von großer Bedeutung. Die französische Doktrin nimmt dagegen an, daß das Kommissionsgut sofort Eigentum des Kommittenten werde, so daß dieser es im Konkurs des Kommissionärs als sein Eigentum in Anspruch nehmen (vindizieren) kann. In England wird das Gegenteil angenommen. Eine besondere Anwendung findet das K. im Buchhandel bei dem sogen. Sortimentsgeschäft, welches aber mit dem buchhändlerischen K. und mit dem sogen. Kommissionsverlag nicht zu verwechseln ist (s. Buchhandel, S. 574). Vgl. Allgemeines deutsches Handelsgesetzbuch, Art. 360-378, 69, 272, 290, 306, 411; Code de com-^[folgende Seite]