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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Kompaternität; Kompatibilität; Kompatieren; Kompatriot; Kömpel; Kompellieren; Kompendium; Kompensabel; Kompensation

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Kompaternität - Kompensation.

sind. Nach Stahls Untersuchungen steht diese Blattstellung mit dem Erdmagnetismus in gar keiner Beziehung, sie ist vielmehr nur ein besonderer Fall von Heliotropismus, wie er bei der großen Mehrzahl der Laubblätter beobachtet wird; die Blätter des wilden Lattichs unterscheiden sich von denen andrer Pflanzen nur durch ihre größere Empfindlichkeit gegenüber intensivem Licht. Wiesner hat gezeigt, daß die fixe Lichtlage der Blätter im allgemeinen nicht durch das direkte Sonnenlicht, sondern durch das zerstreute Licht bestimmt wird. Gerade in diesem Punkt macht der wilde Lattich eine Ausnahme. Pflanzen, die nur in den Morgenstunden von der Sonne beschienen werden, stellen ihre Blätter senkrecht auf die Strahlen der Morgensonne; dasselbe gilt in analoger Weise für Stöcke, die nur in den Nachmittagsstunden das Sonnenlicht genießen. Bei vollständig frei stehenden und den ganzen Tag über besonnten Pflanzen ist die Oberseite der einen Blätter nach Osten, die der andern nach Westen gekehrt. Diese Erscheinung ist an der Hand der bekannten Wachstumsgesetze leicht zu erklären. Das Licht der aufgehenden Sonne fällt bei einem Teil der in Entstehung begriffenen Blätter auf die Rückseite, bei einem andern unter mehr oder weniger spitzem Winkel auf die Vorderseite. Diese letztern Blätter werden die notwendigen Krümmungen, resp. Torsionen ausführen, bis sie mit ihrer Oberseite senkrecht zum Sonnenlicht stehen. Bald nimmt aber infolge der starken Beleuchtung und der gesteigerten Transpiration die Wachstumsintensität und mit ihr die Fähigkeit, heliotropische Bewegungen auszuführen, ab; die Blätter verharren in der eingenommenen Stellung. Gegen Abend, wo die Wachstumsbedingungen wieder günstiger werden, nehmen dann die schon in der Knospenlage nach Westen schauenden Blätter die Senkrechtstellung zum Lichte der untergehenden Sonne ein. Offenbar erwachsen der Pflanze durch diese Blattstellung gewisse Vorteile: geringerer Wasserverlust durch Transpiration und Milderung des zu intensiven Sonnenlichts. Damit stimmt überein, daß die Meridianstellung am schärfsten hervortritt bei Exemplaren, die an trocknen Standorten vegetieren. Bei diesen letztern sind auch die Borsten, welche die Mittelrippe auf der Blattunterseite bedecken, am stärksten entwickelt und bilden nebst den etwas schwächern Randborsten der Blätter ein allseitig abstehendes Borstensystem, durch welches die zartern Blattspreiten gegen Berührung gesichert sind. Silphium laciniatum (Komposite) ist in Nordamerika von Michigan und Wisconsin westlich bis zum Felsengebirge, südlich bis Texas und Alabama eine sehr verbreitete Präriepflanze, deren Eigenschaft, ihre Blattränder nach Norden und Süden zu kehren, den Jägern, welche die Prärien durchstreifen, schon lange bekannt gewesen zu sein scheint. General Alvord berichtete darüber 1842, doch wurden seine Angaben mehrfach bezweifelt, da es nicht gelang, sie an den in botanischen Gärten kultivierten Exemplaren zu verifizieren. In der That müssen die Silphien an freiem, sonnigem Standort kultiviert werden, wenn die Meridianstellung der Blätter deutlich hervortreten soll. Außer diesen beiden Pflanzen zeigen die Meridianstellung, wenn auch zum Teil viel weniger deutlich, noch drei Kompositen: Aplopappus rabiginosus, Lactuca saligna und Chondrilla juncea. Die Zahl der sogen. K. dürfte sich aber noch beträchtlich vermehren, sobald man, namentlich in trocknen Vegetationsgebieten, diesen Verhältnissen mehr Aufmerksamkeit schenken wird. Vgl. Stahl, Über sogenannte K. (2. Aufl., Jena 1883).

Kompaternität (lat.), Gevatterschaft.

Kompatibilität (neulat. Compatibilitas, franz. Compatibilité), Vereinbarkeit, Verträglichkeit, im Gegensatz zu Inkompatibilität, womit man den Zustand der Unverträglichkeit zweier Dinge miteinander bezeichnet. Namentlich wird es im öffentlichen Leben als Inkompatibilität hingestellt, wenn gewisse öffentliche Funktionen gleichzeitig von einer und derselben Person nicht ausgeübt werden können. So ist z. B. die Ausübung des Reichstagswahlrechts inkompatibel mit der Angehörigkeit zu dem stehenden Heer, während die K. eines Reichstagsmandats mit ebendieser Angehörigkeit nicht ausgeschlossen, ein Offizier also wählbar ist. Dagegen ist die Stellung des Bundesratsmitglieds mit derjenigen eines Reichstagsabgeordneten inkompatibel; in Frankreich kann der Avoué (Sachwalter, Parteivertreter) nicht gleichzeitig Avocat (Rechtsbeistand) sein etc. Im Kirchenrecht versteht man unter Inkompatibilität die Unzulässigkeit der gleichzeitigen Übertragung gewisser Kirchenämter, während bei andern Pfründen und kirchlichen Benefizien K. besteht.

Kompatieren (lat.), Mitgefühl haben; womit vereinbar sein, wozu passen; kompatibel, verträglich, vereinbar (s. Kompatibilität).

Kompatriot (franz.), Landsmann.

Kömpel, August, Violinspieler, geb. 15. Aug. 1831 zu Brückenau, erhielt den ersten Unterricht von seinem Vater, seine weitere Ausbildung auf der Musikschule in Würzburg, und vollendete sein Studium unter Spohrs und Ferdinand Davids Leitung. Mitte der 50er Jahre wurde er als erster Violinist an der Hofkapelle zu Kassel angestellt, kam später in gleicher Eigenschaft nach Hannover und folgte 1867, nachdem er inzwischen auf verschiedenen Konzertreisen, namentlich in Paris, großen Beifall geerntet, einem Ruf als Konzertmeister nach Weimar.

Kompellieren (lat.), antreiben, zwingen.

Kompendium (lat.), kurzer Inbegriff, Handbuch oder Leitfaden, auch ein Auszug des Hauptinhalts einer Wissenschaft; daher kompendiarisch oder kompendiös, kurzgefaßt, zusammengedrängt, nach Art eines Kompendiums.

Kompensabel (lat.), ersetzbar, ausgleichbar.

Kompensation (lat.), die wechselseitige Aufhebung und Ausgleichung der Wirkungen zweier einander gegenüberstehender Ursachen oder ursachlicher Thatsachen, z. B. in der Physik die Ausgleichung der Wirkung einer Kraft, welche ohne K. störend eingreifen würde. So verändern Temperaturschwankungen die Länge des Pendels, und man benutzt in sinnreicher Weise die ungleiche Ausdehnung verschiedener Metalle, um diese Schwankungen auszugleichen (s. Ausdehnung, S. 109). Ebenso wird bei Chronometern die Abhängigkeit der Unruhe von der Temperatur ausgeglichen. In der Medizin versteht man unter K. die Ausgleichung einer vorhandenen Störung durch eine andre. Anomalie, z. B. eines Herzfehlers durch allmählich sich ausbildende Herzhypertrophie. - Besonders gebräuchlich ist der Ausdruck K. (Aufrechnung, Wettschlagung) im Rechtswesen. Man spricht z. B. von K. gegenseitiger Injurien, indem das deutsche Strafgesetzbuch (§ 199, 233) den Richter ermächtigt, in Fällen, in welchen eine Beleidigung mit einer solchen, oder eine leichte Körperverletzung mit einer solchen, oder Beleidigungen mit leichten Körperverletzungen, oder umgekehrt letztere mit Beleidigungen erwidert wurden, Freisprechung eintreten zu lassen. Ebenso spricht man von K. der Prozeßkosten in dem Sinn, daß die streitenden Teile in Ansehung des