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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Kompensationskurs - Kompitalische Spiele.

Kostenpunktes miteinander aufheben, so daß jeder Teil die auf seiner Seite erwachsenen Kosten trägt. Dies pflegt namentlich bei dem teilweisen Unterliegen und dem teilweisen Obsiegen einer Partei sowie bei Vergleichen zu geschehen, während sonst dem unterliegenden Teil die sämtlichen Prozeßkosten zur Last fallen. Nach der deutschen Zivilprozeßordnung (§ 93) gelten die Kosten bei einem Vergleich als kompensiert, wofern die Parteien ein andres nicht vereinbart haben. Im engern und eigentlichen Sinn aber versteht man unter K. die wechselseitige Aufhebung zweier einander gegenüberstehender Forderungen. Es hat z. B. A. von B. 100 Mk., B. von A. 60 Mk. zu fordern; hier kann B. mit seiner Gegenforderung kompensieren, so daß er dem A. nur 40 Mk. zu bezahlen braucht. Derartige Gegenforderungen sind, wenn es zum Prozeß kommt, einredeweise (Kompensationseinrede, Exceptio compensationis) geltend zu machen. Nach der deutschen Zivilprozeßordnung (§ 136) kann jedoch die Kompensationseinrede vom Gericht zur getrennten Verhandlung verwiesen werden, wenn die einredeweise geltend gemachte Forderung mit der eingeklagten nicht in rechtlichem Zusammenhang steht. Eine Forderung ist ferner nur dann kompensabel, wenn sie fällig und mit der eingeklagten Forderung kongruent ist, d. h. beide Forderungen müssen auf eine gleichartige Leistung, z. B. auf die Zahlung von Geldsummen, gerichtet sein. Die Forderungen müssen einander aber auch direkt gegenüberstehen, Schuldner und Gläubiger müssen dieselben Personen sein. Hieraus rechtfertigt sich die wichtige Bestimmung des deutschen Handelsgesetzbuchs (Art. 121), daß bei Handelsgesellschaften eine K. zwischen Forderungen der Gesellschaft und Privatforderungen des Gesellschaftsschuldners gegen einen einzelnen Gesellschafter während der Dauer der Gesellschaft gar nicht und nach deren Auflösung nur insoweit stattfindet, als die Gesellschaftsforderung dem betreffenden Gesellschafter bei der Auseinandersetzung überwiesen worden ist. Im Konkurs kann ein Einzelschuldner des Gemeinschuldners der Konkursmasse gegenüber nur unter bestimmten Voraussetzungen (deutsche Konkursordnung, § 46 ff.) mit einer Forderung an den Gemeinschuldner kompensieren (s. Konkurs). Eine Modifikation der Regel, daß Gläubiger und Schuldner identisch sein müssen, daß also der Schuldner der Hauptforderung Gläubiger in Ansehung der Kompensationsforderung und umgekehrt der Gläubiger der Hauptforderung Schuldner der Kompensationsforderung sein muß, findet insofern statt, als der Bürge mit Forderungen des Hauptschuldners und der Zessionar mit der ihm zedierten Forderung kompensieren kann; ebenso kann aber auch der Debitor cessus dem Zessionar gegenüber mit einer Forderung kompensieren, welche ihm gegen den Zedenten zusteht (s. Zession); auch kann bei einer Korrealverbindlichkeit (s. d.) der eine Korrealschuldner eine Gegenforderung eines andern Korrealschuldners in Aufrechnung bringen. Dadurch, daß man das Rechtsinstitut der K. mit dem der Delegation (s. d.) in Verbindung gebracht hat, ist die für das Geschäftsleben so wichtige Abrechnung oder Skontration entstanden. Hier treten nämlich mehrere Personen, in der Regel Kaufleute, zusammen, um untereinander ihre Forderungen und Schulden möglichst auszugleichen und aufzuheben. A. ist z. B. dem B. 1000 Mk. schuldig, B. dem C. 1000 und C. dem A. 1000 Mk.; A. weist nun seinen Schuldner C. an, diese 1000 Mk. an B., den Gläubiger des A., zu zahlen; da aber B. ebensoviel an C. schuldet, so kompensiert C. mit dieser seiner Gegenforderung, und so werden alle drei Forderungen getilgt; s. Abrechnung. Vgl. Brinz, Die Lehre von der K. (Leipz. 1849); Dernburg, Theorie der K. (2. Aufl., Heidelb. 1868); Eisele, Die K. nach römischem und gemeinem Recht (Berl. 1876); Schollmeyer, Die Kompensationseinrede (das. 1884).

Kompensationskurs, s. Börse, S. 237.

Kompensationsmaßstäbe, s. Meßinstrumente.

Kompensationspendel, s. Ausdehnung, S. 109.

Kompensieren (lat.), gegeneinander ausgleichen und aufheben, s. Kompensation.

Kompert, Leopold, Schriftsteller, geb. 15. Mai 1822 zu Münchengrätz in Böhmen, aus jüdischer Familie stammend, besuchte die Universität Prag, ging als Erzieher der Kinder des Grafen Andrássy nach Preßburg, nahm 1847 in Wien seine Universitätsstudien wieder auf, ward aber durch die Ereignisse des Jahrs 1848 ganz in die politisch-journalistische Thätigkeit gezogen und war bis 1852 Redakteur des "Österreichischen Lloyd". 1852 übernahm er in Pest abermals eine Stelle als Erzieher, kehrte aber 1857 nach Wien zurück, wo er sich ganz der schriftstellerischen Thätigkeit widmete und 23. Nov. 1886 starb. Komperts dichterische Produktion begann, abgesehen von mannigfachen Jugendversuchen, mit den "Geschichten aus dem Ghetto" (Leipz. 1848, 3. Aufl. 1886). Das Stoffgebiet, welches sich K. damit erschlossen hatte, nämlich das Leben der Juden in ihrer Abgeschlossenheit, verließ er auch in seinen spätern Werken: "Böhmische Juden" (Wien 1851), "Am Pflug" (das. 1855), "Neue Geschichten aus dem Ghetto" (das. 1860, 2 Bde.), "Novellen" (das. 1860), "Geschichten einer Gasse" (Berl. 1865, 2 Bde.), den Romanen: "Zwischen Ruinen" (das. 1875, 3 Bde.) und "Franzi und Heini" (das. 1880) und den "Verstreuten Geschichten" (das. 1883), nicht wieder. Der Beschränktheit dieses Stoffes wußte er aber eine Fülle wahrhaft poetischen Lebens, origineller Charakteristik und feinster Detaillierung abzugewinnen. Einzelne seiner Erzählungen, wie "Christian und Lea", gehören geradezu zu den tiefsten und eigentümlichsten Schöpfungen der modernen deutschen Poesie. Seine "Gesammelten Schriften" erschienen in 8 Bänden (Berl. 1882).

Kompetent (lat.), zuständig, befugt; als Substantiv s. v. w. Mitbewerber.

Kompetenz (lat.), Zuständigkeit, Befugnis; der gesetzliche Wirkungskreis einer öffentlichen Stelle, namentlich einer Behörde (s. Zuständigkeit); auch das jemand von Rechts wegen Zukommende, das ihm nicht entzogen werden darf; der Ertrag einer Stelle; daher Kompetenzbuch, das Aktenstück, in welchem die Bestandteile einer Pfarrbesoldung verzeichnet sind. Über die Rechtswohlthat der K. s. Beneficium competentiae.

Kompetenzkonflikt, die zwischen verschiedenen Behörden in einem gegebenen Fall bestehende Differenz über die Frage, vor welche Behörde die betreffende Sache gehöre. Behauptet in einem solchen Fall jede der verschiedenen Behörden ihre Zuständigkeit, so liegt ein positiver K. vor, während man von einem negativen K. spricht, wenn jede von den beteiligten Behörden sich für unzuständig erklärt (s. Zuständigkeit).

Kompilieren (lat.), aus andern Büchern zusammentragen, zusammenstoppeln; daher Kompilation, litterarisches Produkt, das wesentlich durch Zusammentragung aus andern Schriften, ohne produktive Beteiligung des Geistes daran, zu stande gekommen ist. Kompilator, Verfasser eines solchen.

Kompitalische Spiele (Compitalia), s. Compitum.