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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Kreuzigung - Kreuznach.

Kreuzigung, das Aufhängen, bez. Annageln eines lebenden Menschen an einem hölzernen Kreuz, um ihn langsam und qualvoll verschmachten zu lassen. Diese Todesstrafe ist aus dem tiefern Orient bei Persern, Syrern, Phönikern, Karthagern, teilweise auch, durch Alexander d. Gr., bei den Griechen in Gebrauch gekommen, spielte aber, mit der Geißelung verbunden, eine besonders fürchterliche Rolle in den Händen der römischen Justiz, wo die K. als "Sklaventod" (servile supplicium) über Sklaven, Gladiatoren, Räuber, Aufrührer, später im Fall des Hochverrats auch wohl gegen römische Bürger verhängt wurde. Wenn das Gericht das Urteil mit den Worten: "Abi in crucem" gesprochen hatte, wurde der Verurteilte dem Scharfrichter oder den Soldaten zur Vollstreckung des Urteils übergeben. Als Einleitung folgte die Geißelung. Sodann wurde der Verbrecher, das Kreuz (über die Formen und Benennungen des Kreuzes s. Kreuz) auf seinen Schultern und die Schuldtafel um den Hals, wofern letztere nicht ein Herold vor ihm hertrug und sein Verbrechen ausrief, durch die belebtesten Plätze zur Richtstätte, gewöhnlich einem erhöhten, weithin sichtbaren Ort, geführt. Nur ausnahmsweise ward das Kreuz vor der Ankunft des zu Kreuzigenden auf dem Richtplatz aufgestellt. In diesem Fall war es möglich, die Balken so mächtig zu beschaffen, daß sie als stehendes Kreuz den Gegendruck von den Leitern, Nachrichtern und Hammerschlägen aushielten. Regelmäßig aber erfolgte sonst die Annagelung am liegenden Kreuz, das erst dann mit dem unglücklichen Opfer aufgerichtet wurde. Der Tod war ein langsamer und äußerst schmerzlicher; er wurde häufig abgekürzt durch Zerbrechen der Beine (crurifragium) oder durch einen Lanzenstich in die Armhöhle. Der von der Militärgewalt Verurteilte wurde bewacht und durfte nicht abgenommen werden. Bei Verurteilung durch das bürgerliche Gericht fiel die Bewachung weg, und der Leichnam mußte seit Augustus den darum bittenden Verwandten ausgeliefert werden. Erst Konstantin scheint den Anfang zur Abschaffung der Kreuzesstrafe gemacht zu haben.

In der bildenden Kunst ist die K. wegen des Kreuzestodes Christi ein häufiger Darstellungsgegenstand, aber niemals der Akt der Annagelung an das Kreuz, sondern der am Kreuz hängende Christus (meist im Augenblick des Todeskampfes) allein oder mit Umgebung. Über die Darstellung des gekreuzigten Christus allein s. Kruzifix. Unter den figurenreichen Darstellungen der K. Christi sind drei Gruppen zu unterscheiden. Die eine zeigt den historischen Vorgang, das Kreuz Christi inmitten der Kreuze der beiden Schacher, umgeben von den Anverwandten und Freunden des Heilands, den römischen Schergen und einer Volksmenge. Hierbei werden verschiedene Momente geschildert: die Ohnmacht der Maria, das Würfeln der Kriegsknechte um den Rock Christi, die Tränkung des Heilands mit dem Schwamm und die Öffnung der Seite durch die Lanze (unter dem Namen "coup de lance" berühmte Darstellung von Rubens im Antwerpener Museum). Diese einzelnen Vorgänge finden sich besonders in Kupferstichen, Holzschnitten, Glasgemälden, Altarbildern und plastischen Darstellungen des Mittelalters und der Renaissance, welche zu sogen. Passionen (s. d.) oder Stationen (s. d.) zusammengestellt sind. Die zweite Gruppe zeigt Christus am Kreuz, umgeben von den Anverwandten, in erster Linie von der Mutter Maria (rechts vom Heiland) und Johannes (links), den eigentlichen Zeugen, zu denen sich oft Maria Magdalena, den Kreuzesstamm umfassend, gesellt. Die dritte Gruppe bilden die allegorisch-symbolischen Darstellungen. Über dem Heiland erscheint Gott-Vater und die Taube des Heiligen Geistes, und Engel fangen in Kelchen das aus den Wunden Christi strömende Blut auf. Unten stehen oder knieen Heilige, bei Altarbildern oft auch die Stifter und ihre Familie. In dogmatischem Sinn schilderte Lukas Cranach die erlösende. Kraft des Kreuzestodes Christi auf Altarbildern (Stadtkirche zu Weimar). Über die von der bildenden Kunst vor und nach der K. Christi dargestellten Momente s. Kreuztragung, Kreuzaufrichtung und Kreuzabnahme.

Kreuzinseln, s. Bäreninseln.

Kreuzkopf (Querhaupt), ein Maschinenteil, der bei Dampfmaschinen, Pumpen und ähnlichen Maschinen am Ende der Kolbenstange befestigt ist und in deren Bewegungsrichtung geradlinig geführt wird (s. Geradführung), während er anderseits durch die Bleuelstange mit einem Balancier oder direkt mit einer Kurbel in gelenkiger Verbindung steht.

Kreuzkraut, Pflanzengattung, s. Senecio.

Kreuzkümmel, s. Cuminum.

Kreuzlähmung (akute K., Kreuzrhehe, schwarze Harnwinde, Windrhehe), eine wegen ihres meist tödlichen Verlaufs gefürchtete, eigentümliche Pferdekrankheit, die durch mastige Ernährung und mehrtägige Ruhe im Stall entsteht, daher nach den Festtagen oft beobachtet wird. Die Krankheit tritt plötzlich auf und verläuft mit auffallender Veränderung des Harns und lähmungsartigen Zuständen des Hinterteils. Sie wird als eine Blutkrankheit mit gleichzeitiger Veränderung der Nieren angesehen. Vorwaltend sind der akuten K. die bestgenährten Pferde unterworfen; namentlich tritt dieselbe auf, wenn die Pferde bei schwerer Fütterung mehrere Tage hindurch keine Arbeiten verrichten. Aderlaß, große Gaben von Abführmitteln, Schwefelsäure im Trinkwasser, wiederholte Versuche zum Emporrichten der Pferde und gute Pflege in einem geeigneten großen Raum haben sich gegen die K. noch am meisten bewährt.

Kreuzlingen, eine 1848 aufgehobene reiche Abtei regulierter Augustiner-Chorherren im schweizer. Kanton Thurgau, in hübscher Lage am Bodensee, wahrscheinlich 936 gestiftet, sonst ein Reichsstift mit Sitz und Stimme auf den deutschen Reichstagen und den schwäbischen Kreisversammlungen. Eine gleichnamige Abtei stand sonst näher bei Konstanz, ward aber im Dreißigjährigen Krieg durch die Schweden geplündert und verbrannt. Der gegenwärtige Bau, jetzt Sitz des thurgauischen Lehrerseminars, stammt von 1665. Sehenswert ist in der Kirche zu K. eine Leidensgeschichte mit fast 1000 Holzfiguren, von einem Tiroler Bildschnitzer verfertigt. Dem Kloster gegenüber liegt die Siechenhauskapelle mit zwei der ältesten Bildwerke der Schweiz, die Apostel Petrus und Paulus vorstellend. Der Ort K. (1880 mit 2978 Einw.) ist Station der Bahnlinie Romanshorn-Konstanz.

Kreuzlipaß, ein schweizer. Hochalpenpaß (2350 m) im Zug der Glarner Alpen, einer der zahlreichen Übergänge, deren Höhe durch ein (eisernes) Kreuz bezeichnet ist, verbindet, zwischen Krispalt und Piz Tgietschen eingesenkt, das urnerische Maderanerthal (847 m), in dem der Weg in das Etzlithal abzweigt, mit dem Val Strim und Sedrun (1398 m) im Bündner Oberland.

Kreuzmarsraa, s. Bagienraa.

Kreuznach, Kreisstadt und besuchter Badeort im preuß. Regierungsbezirk Koblenz, an der Nahe und an der Linie Bingerbrück-Neunkirchen der Preußischen