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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Kultusministerium; Kulugli; Kum; Kûm; Kuma; Kumanelinzen; Kumānen

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Kultusministerium - Kumanen.

Wesen ist also symbolisierendes Handeln, Veranschaulichung des Übersinnlichen, Versinnbildlichung des religiösen Verhältnisses, in welchem die Gemeinde von Gott Offenbarungen und Segnungen empfängt und ihm wieder ihre Gaben darbringt. Jene Seite ist im christlichen K. vertreten durch Wort und Sakrament, diese durch Gebet und Opfer. Wiederum machen Sakrament und Opfer den Kern des katholischen, Wort und Gebet den Kern des protestantischen K. aus. Denn dort kommt es darauf an, den über die Sünde zürnenden Gott zu versöhnen und übernatürliche Kräfte in die Gemeinde herabzuleiten. Daher entfaltete schon der altkirchliche K. sich immer glanzvoller; als die christliche Religion zur römischen Staatsreligion erhoben wurde, gingen aus den Tempeln der Weihrauch und andre heidnische Sitten in die Kirche über. Im Lauf des Mittelalters nahm der K. geradezu alle Künste, nicht bloß Poesie und Musik, sondern auch Skulptur, Architektur und Malerei, in Dienst. Eine Reaktion dagegen leitete die Reformation ein, indem sie den K. seines Charakters als eines Gottesdienstes (s. d.) im Grundsatz entkleidete, die Predigt (s. d.) zu seinem Mittelpunkt erhob und alles, was Zeremonie (s. d.) heißt, für eine freie Sache der Kirche erklärte. Überhaupt ist der K. nach reformatorischen Prinzipien niemals Selbstzweck, wird vielmehr nur als Unterrichts- und Erziehungsmittel verwertet, hat aber um seiner pädagogischen Bedeutung willen relativen Wert, sofern er nach Luther zur Erweckung und Erhaltung des Glaubens durch das Wort, nach Zwingli zur Anregung des religiös-sittlichen Lebens dient. S. Liturgie und Priester. Vgl. Ehrenfeuchter, Theorie des christlichen K. (Gotha 1840); Kliefoth, Theorie des K. der evangelischen Kirche (Parchim 1844); Alt, Der christliche K. (Berl. 1851-60, 2 Tle.); Harnack, Theorie und Geschichte des K. (Erlang. 1878); Köstlin, Geschichte des christlichen Gottesdienstes (Freib. i. B. 1886).

Kultusministerium (neulat.), die zur Beaufsichtigung, Leitung und Förderung der geistigen Kulturmittel in einem Land bestellte oberste Staatsbehörde. Hierzu gehört nicht allein das Kirchenwesen, sondern überhaupt jede Einrichtung für Erziehung und Unterricht, von den Volksschulen bis hinauf zu den Universitäten. In den Kleinstaaten werden diese Interessen durch eine Abteilung des Staatsministeriums (Departement für den Kultus, Abteilung für Kirchen- und Schulsachen) wahrgenommen, während in den größern Staaten ein besonderer Kultusminister fungiert. Derselbe führt in Preußen den offiziellen Titel "Minister der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal-Angelegenheiten". Das preußische K. zerfällt in drei Abteilungen und zwar Abteilung 1 für die geistlichen Angelegenheiten, Abteilung 2a für das höhere Unterrichtswesen, Abteilung 2b für das Volksschulwesen und Abteilung 3 für die Medizinalangelegenheiten. In Österreich besteht ein Ministerium für Kultus und Unterricht, in Bayern ein Staatsministerium des Innern für Kirchen- und Schulangelegenheiten, in Sachsen das Ministerium des Kultus und öffentlichen Unterrichts, in Württemberg fungiert ein Staatsminister des Kirchen- und Schulwesens etc.

Kulugli (Kul-oglu, "Söhne der Diener"), in der Berberei, besonders in Algerien, die von eingewanderten Türken und eingebornen Frauen erzeugten Kinder, welche zwar nicht gleiche Rechte mit dem herrschenden Stamm der eigentlichen Türken, aber doch gewisse Vorrechte vor den unterdrückten Völkerschaften der Mauren, Araber und Berber hatten. Unter den Franzosen hat sich die rechtliche Stellung der K. wesentlich gebessert, da sie sich der französischen Herrschaft am ergebensten zeigten und dafür mit Ämtern belohnt wurden. Auch der Kleinhandel ist meist in ihren Händen.

Kum (slaw.), Vetter, Gevatter; bei den Serben s. v. w. Trauungszeuge, Bundespate.

Kûm (türk.), in geographischen Namen häufig vorkommend, bedeutet ursprünglich Sand, dann Wüste, z. B. Kara-K., Kisil-K. u. a.

Kum, Stadt in der pers. Provinz Irak Adschmi, südlich von Teheran, liegt 1058 m ü. M. an der von Schiraz über Ispahan nach Teheran führenden Handelsstraße und ist berühmt durch die Zahl von Gräbern mohammedanischer Heiligen, unter denen sich namentlich das jährlich von vielen tausend Wallfahrern besuchte angebliche Grab der Fatime auszeichnet. K. wurde zu Anfang des 18. Jahrh. durch die Afghanen zerstört und zählt jetzt 20,000 Einw.

Kuma, s. v. w. Kragenbär, s. Bär, S. 351.

Kuma, 1) Fluß in Kaukasien, entspringt am Nordabhang des Kaukasus, fließt in nordöstlicher Richtung durch das Gouvernement Stawropol, löst sich später in eine Reihe von Seen auf und verliert sich in sandige Steppen nahe dem Kaspischen Meer, welches der Fluß nur bei dem Hochwasser des Frühjahrs erreicht. Die Wahrnehmung, daß zeitweise aus dem Manytsch Wasser in die K. fließt, gab zu dem Projekt Anlaß, mittels dieser Flüsse einen Kanal zwischen dem Schwarzen und dem Kaspischen Meer herzustellen. - 2) Fluß in Finnland, s. Kumoelf.

Kumanelinzen, Volksstamm, s. Teleuten.

Kumānen (Komanen), ein asiatisches Steppenvolk türkischen Stammes, bei den Byzantinern Uzen, bei den Ungarn Kuni, bei den slawischen Völkern Polowci ("Bewohner der Flächen") genannt, brach im 11. Jahrh. aus der Kumanischen Steppe am Kuma (s. d.) in Europa ein; es waren häßliche, kahl geschorne Reiterscharen, mit Pfeil und Bogen bewehrt und leichte Kähne zum Überschreiten der Ströme mit sich führend. Sie beunruhigten die Grenzen des griechischen Kaiserreichs, in dessen Dienst einzelne Scharen traten, und drangen 1070 zum erstenmal in Ungarn ein, wurden jedoch von König Salomon zurückgeschlagen. Bei einem zweiten Einfall 1089 brachte ihnen Wladislaw an der Temes eine große Niederlage bei und siedelte den Teil der Gefangenen, der sich für Annahme des Christentums entschied, im jetzigen Jazygien an. Ein zweiter Sieg Wladislaws über die in ihren Wohnsitzen an der untern Donau zurückgebliebenen K. sicherte Ungarn längere Zeit vor ihren Angriffen. In der ersten Hälfte des 13. Jahrh. erlag ihre Hauptmacht den Mongolen, gegen welche sie auch in der Schlacht bei Kalka (1224), mit den Russen verbündet, vergebens ankämpften. Ein Haufe von 10,000 K. rettete sich auf das byzantinische Gebiet. Ein Teil derselben nahm 1227 das Christentum an. Ihr Oberkönig, Chan Kuthan, schlug die Mongolen zweimal zurück, wurde aber von Batuchan 1235 besiegt und mußte mit 40,000 kumanischen Familien nach Ungarn fliehen, wo König Bela ihnen das Land zwischen Theiß und Donau anwies. Aber sie blieben ihren rohen Gebräuchen und der nomadischen Lebensweise sowie dem Götzendienst getreu und widersetzten sich den Versuchen Belas, sie zum Christentum zu bekehren und an feste Wohnsitze zu gewöhnen. König Wladislaw IV., der den Beinamen "der Kumane" erhielt, begünstigte sogar ihr zuchtloses Treiben, lebte unter ihnen, gestattete die heidnischen Opfer und stellte die K. den Magyaren gleich.