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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Lötrohranalyse; Lötschenthal; Lotsen

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Lötrohranalyse - Lotsen

bläst, um eine Lötrohr- oder Stichflamme zu erzeugen, deren Temperatur höher als die der in der Atmosphäre brennenden Flamme ist, und die daher zum Schmelzen kleiner Mengen von Metallen, wie Kupfer, Silber, Gold u. s. w., also auch zum Löten (s. d.) derselben, sowie in der analytischen Chemie zur Durchführung chem. Prozesse in kleinem Maßstabe bei starker Hitze Verwendung findet. In nachstehender Fig. 1 ist ein L. abgebildet. Das Rohr a b dient zum Einblasen der Luft mit dem Mund oder einem Gebläse, der kurze Cylinder c d, der Wassersack, zur Aufnahme und Zurückhaltung mitgerissener Feuchtigkeit. Die eingeblasene Luft entweicht durch das Ansatzrohr f g, das am besten in einer Platinspitze h mit sehr enger Öffnung endigt. Bläst man den Luftstrom durch das L. von der Seite her in eine Flamme, so wird letztere abgelenkt und zur Stichflamme (Fig. 2) zugespitzt. Der Teil derselben, der unmittelbar vor dem innern dunkeln Kerne bei a liegt, enthält noch unverbrannte Gase, durch deren Kohlenstoff- und Wasserstoffgehalt den dort erhitzten Metalloxyden der Sauerstoff entzogen wird. Hier ist die Reduktionszone oder Reduktionsflamme. Dieselbe dehnt sich noch ein Stück gegen die sichtbare Spitze bei b hin aus. Vor letzterer sind alle Flammengase verbrannt und die Verbrennungsprodukte (Kohlensäure und Wasser) nicht nur mit dem Stickstoff eingeblasener, sondern auch noch mit Sauerstoff von den Seiten her mitgenommener Luft gemengt. Hält man daher an die Stelle b einen bei hoher Temperatur oxydierbaren Körper, so vereinigt er sich mit Sauerstoff. Diese Gegend der Lötrohrflamme wird daher Oxydationszone oder Oxydationsflamme genannt. (S. auch Lötrohranalvse.)

^[Fig. 1]

^[Fig. 2]

Lötrohranalyse, Lötrohrprobe, eine Gruppe von Untersuchungen, die in der Lötrohrflamme (s. Lötrohr) zur Erkennung gewisser Elementarstoffe vorgenommen werden. Die Vorgänge dabei sind entweder rein physikalische (leichtere oder schwerere Schmelzbarkeit und Verflüchtigung) oder chemische. Letztere laufen auf Reduktionsprozesse in der innern oder Reduktionsflamme und auf Oxydationsprozesse in der Spitze, der Oxydationsflamme, hinaus. Als Unterlage für die zu erhitzende Substanz wendet man meist, namentlich bei Reduktionsvorgängen, ein Stück Holzkohle, oder auch ein Platinblech, oder einen zu einem Öhr umgebogenen dünnen Platindraht an und erhitzt den zu untersuchenden Körper entweder für sich oder unter Zusatz gewisser anderer chem. Körper, der sog. Lötrohrreagentien. Letztere sind zum Zusammenschmelzen auf der Kohle namentlich Soda, zum Erhitzen im Platindrahtöhr Phosphorsalz (s. Natrium-Ammoniumphosphat) oder Borax (s. d.).

Man prüft nun, ob der zu untersuchende Körper für sich oder mit Soda gemuckt in der Reduktionsflamme zu einem Metall reduziert wird oder nicht, ob letzteres zu Kügelchen schmelzbar ist (z. B. Antimon, Blei, Zinn, Kupfer, Silber, Gold) oder nicht (Eisen, Mangan, Kobalt, Nickel u. s. w.) und ob es nach dem Erkalten spröde oder dehnbar ist. Manche Metalle verdampfen bei der hohen Temperatur der Lötrohrflamme vollständig oder teilweise, wobei die unedlen, sobald ihre Dämpfe aus der Reduktionsflamme heraustreten, wieder verbrennen. Dabei macht sich entweder ein eigentümlicher Geruch geltend (Arsen), oder die entstandenen Metalloxyde setzen sich mit ihrer oft charakteristischen Färbung auf kalten Stellen des Kohlenstückes als Beschlag (s. d.) ab. Hat man Schwefelverbindungen (Sulfide, Sulfite und Sulfate) mit Soda in der Reduktionsflamme erhitzt, so entsteht Schwefelnatrium, das leicht erkannt werden kann.

In dem Platindrahtöhr zu einer Perle schmelzendes Phosphorsalz oder Borax (Phosphorsalzperle, Boraxperle) hat die Eigenschaft, Metalloxyde zu lösen und dadurch oft gefärbt zu werden, zuweilen verschieden, je nachdem man in der Reduktionsflamme oder Oxydationsflamme erhitzt hat. So wird die Perle durch Kupferoxydsalzbildung in der Oxydationsflamme durchsichtig grün, in der Reduktionsflamme durch abgeschiedenes metallisches Kupfer undurchsichtig rot u. s. w. - Vgl. Birnbaum, Lötrohrbuch (Braunschw. 1872); Hirschwald, Lötrohr-Tabellen (Lpz. 1875: 2. Aufl. u. d. T. Anleitung zur systematischen L., ebd. 1891); Kerl, Leitfaden bei qualitativen und quantitativen Lötrohr-Untersuchungen (2. Aufl., Clausthal 1877); Plattner, Die Probierkunst mit dem Lötrohre (5. Aufl., neu bearb. von Th. Richter, Lpz. 1877-78); Landauer, Lötrohranalyse l2. Aufl., Berl. 1881).

Lötschenthal, das Thal des Rhônezuflusses Lonza im schweiz. Kanton Wallis. Die Oberstufe vom Lötschengletscher, 12 km lang, bis Ferden (1389 m) ein prächtiges Hochthal, liegt zwischen dem Hauptkamm der Berner Alpen und der Bietschhornkette (3953 m), hat (1888) 953 deutsche E.; die untere Stufe, eine wilde Schlucht, fast ohne Ansiedelungen, öffnet sich bei dem Dorfe Steg gegen das Hauptthal des Wallis; der Thalweg endet bei der Station Gampel (840 m) an der Simplonbahn. Nur Gletscherpässe (Lötschenpaß 2695 m) führen in die Nachbarthäler.

Lotsen, Seeleute, die in engen gefährlichen Gewässern an der Küste, in Strömen und in Häfen das Ein- und Auslaufen der Schiffe leiten. Die L. sind entweder Beamte oder Gewerbtreidende und müssen im Besitz eines Befähigungszeugnisses (Reichsgewerbeordnung §§. 31 u. 34) sein, das sie nach Ablegung einer Prüfung in allgemein nautischen und in besondern Kenntnissen der Fahrwasser ihres Bezirks erhalten. Das Lotsenwesen steht in Preußen unter dem Handelsministerium, mit Ausnahme der Jadelotsen, die dem Marinestationskommando der Nordsee unterstellt sind. Die Organisation der Lotsenstationen ist noch keine einheitliche; teilweise sind es Aktiengesellschaften, die L. unterhalten, teilweise haben Hafenstädte und Staaten L. als Beamte angestellt. An der Spitze einer oder mehrerer Lotsenstationen steht ein Lotsencommandeur, ein inaktiver Seeoffizier oder Schiffsführer der Handelsmarine, der den Dienstbetrieb der L. zu beaufsichtigen hat und auch die Aufsicht über die Seezeichen des Fahrwassers seines Bezirks führt; auf kleinern Stationen versieht ein