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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Lotsenfisch - Lotterie

Oberlotse diesen Dienst. Unter diesen stehen die L. und Lotsenaspiranten, meist tüchtige Steuerleute der Handelsmarine. Man unterscheidet Seelotsen, Binnen-, Revier- oder Flußlotsen und Hafenlotsen. Seelotsen kreuzen in größern Lotsenkuttern vor ihrer Station in See; so findet man die See- oder Außenlotsen der Elbe, Weser und Ems bereits im Kanal oder auf der Doggerbank, um die nach diesen Flußeinfahrten bestimmten Schiffe mit L. versehen zu können. Außer der Lotsenflagge führen diese Kutter in ihrem Großsegel die Bezeichnung "Elbe", "Weser" u. s. w. Erst wenn alle L. abgegeben sind, kehren diese Fahrzeuge auf ihre Station zurück, um die L. von neuem in See zu bringen. Die Binnenlotsen sind an den Einfahrten der Binnengewässer nach See zu stationiert, also z. B. die für die Elbe auf der Lotsengalliot, die gleichzeitig das zweite Feuerschiff der Elbmündung ist. In den meisten Flußmündungen und Flüssen in Deutschland sowie in England und andern Staaten besteht Lotsenzwang, d. h. jeder Schiffer ist verpflichtet, einen durch Lotsenschild beglaubigten L. für die Fahrt in oder aus dem Hafen oder bis außerhalb der Flußmündung zu nehmen. Ausgenommen auf Kriegsschiffen, trägt der Lotse während seiner Anwesenheit an Bord die Verantwortung für die Sicherheit des Schiffs, und somit muß auch der Schiffsführer seinen Anordnungen Folge leisten. Ist bei einem Seeunfall ein Lotse an Bord gewesen, so ist nach §. 4 des Gesetzes betreffend Untersuchung von Seeunfällen festzustellen, ob er sich eine Vernachlässigung hat zu schulden kommen lassen; für eine solche ist der Reeder nicht verantwortlich. Das Anrufen der L. von seiten der Schiffe geschieht nach den Signalen der deutschen Not- und Lotsensignalordnung, meist durch Heißen des Lotsensignals (der Lotsenflagge; s. Signale und Tafel: Flaggen des Deutschen Reichs [Bd. 5, S. 154], Fig. 8). Die Thätigkeit der L. wird mit dem Lotsengeld bezahlt. Häufig ist der Reeder zur Bezahlung von Lotsengeld auch dann verpflichtet, wenn das Schiff die Dienste eines L. gar nicht benutzt hat. Im letztern Falle haben die Lotsengelder die Natur öffentlicher Schiffahrtsabgaben. Nach Deutschem Handelsgesetzbuch Art. 757, Ziffer 3 und 5 gewähren die Forderungen auf Lotsengelder die Rechte eines Schiffsgläubigers (s. d.). Patentlotsen nennt man in Hamburg eine Art von Privatlotsen, die besondere Privilegien besitzen.

Lotsenfisch, s. Pilot.

Lotsenflagge, s. Flaggen (Bd. 6, S. 864 a) und Lotsen.

Lotsengalliot, Lotsengeld, Lotsensignal, Lotsenstationen, Lotsenzwang, s. Lotsen.

Lotter, Melchior, aus Aue im Erzgebirge, Buchdrucker in Leipzig, als solcher schon 1491 genannt. 1498 erwarb er das Leipziger Bürgerrecht, übernahm im folgenden Decennium das Geschäft seines Schwiegervaters Konrad Kachelofen und leistete besonders in liturgischen Werken Rühmliches. Seit 1518 druckte er für Luther. 1528 war er noch am Leben.

Sein Sohn, Melchior L. der Jüngere, war gleichfalls Buchdrucker und Verleger und ist besonders für die spätern Jahre schwer von seinem Vater zu unterscheiden. Sicher ist er es, der seit 1519 mit seinem Bruder Michael (gest. 1554) in Wittenberg zahlreiche Lutherschriften druckte und verlegte, vor allem Sept. und Dez. 1522 zwei Auflagen der Übersetzung des Neuen Testaments, 1523 eine dritte mit Zeichnungen von Hans Scheufelein; drei Teile des Alten ^[Spaltenwechsel] Testaments folgten in mehrern Auflagen. 1524 fiel er beim Kurfürsten Friedrich von Sachsen sowie bei Luther in Ungnade und kehrte 1525 nach Leipzig zurück, wo er weiter druckte und 1542 gestorben sein soll.

Lotterie (vom frz. lot, Los), ein Ausspielgeschäft, bei dem die Gewinne meist in Geld bestehen. Nur der Zufall bestimmt, auf welchen Einsatz ein Gewinn fallen und welcher eine Niete erhalten soll. Man unterscheidet die Zahlenlotterie oder das Lotto (s. d.), auch Genuesische L. genannt, und die Klassenlotterie, auch Holländische L. genannt. Unter L. schlechthin wird in der Regel die letztere verstanden. Bei L. werden gewöhnlich Lose ausgegeben, ohne daß dies für den Begriff der L. wesentlich ist. Bei den Loslotterien giebt es eine bestimmte Anzahl Lose, für welche eine Anzahl größerer oder kleinerer Gewinne durch den Plan, der den Vertrag zwischen Unternehmer und Spieler bildet, festgesetzt ist. Die Lose werden meist in halbe, Viertel-, Achtel- und Zehntellose geteilt. Es finden mehrere Ziehungen (Klassen) statt, und es wird nur ein Teil des Preises vor der ersten Ziehung, der Rest erst bei den folgenden gezahlt. Niemand ist gezwungen, ein Los durch alle Klassen zu spielen. Die meisten und größten Gewinne finden sich aber erst in der letzten Klasse, weshalb auch diejenigen, welche erst, nachdem mehrere Ziehungen stattgefunden haben, ein Los erwerben, dennoch den vollen Preis bezahlen müssen.

Die Veranstaltung öffentlicher L. ohne obrigkeitliche Erlaubnis ist in den meisten Staaten verboten (s. Ausspielgeschäft). Dagegen betreiben viele Staaten die öffentliche L. selbst. Den Gegensatz zu den öffentlichen L. bilden die in Privatkreisen (z. B. unter den Arbeitern einer Fabrik) veranstalteten.

Die Gesamtsumme der Einsätze ist bei den Staatslotterien gleich der Summe der Gewinne, und der Gewinn der Anstalt besteht hauptsächlich in den Abzügen von den Gewinnen, die sie für sich und die Losverkäufer (Lotterie-Einnehmer, Collecteure) macht und die bis zu 20 Proz. steigen, außerdem aber auch in den Gewinnen auf einen Teil derjenigen Lose, welche sie in den ersten Klassen selbst spielt, um sie in den spätern zu verkaufen oder als Freilose zu geben. In manchen L., z. B. auch der preußischen, empfangen nämlich diejenigen, deren Los in einer der ersten Klassen herauskommt, ein sog. Freilos, für welches sie die nächste Klasse nicht zu bezahlen brauchen. Die Gewinnabzüge für den Staat sind bisweilen auch nach der Höhe der Gewinne abgestuft; in Holland z. B. ist der Abzug für Gewinne unter 100 Fl. 10 Proz., für höhere Gewinne 15 Proz. (In Holland bezieht der Staat außerdem ein Aufgeld von 4 Fl. für jedes Los von den Collecteuren.) In Österreich, Ungarn und in Italien wird von den Lotteriegewinnen eine besondere Gewinnsteuer erhoben. Außerdem kommen für den Staat noch die Stempelabgaben von den Lotterielosen in Betracht.

Das Spielen in fremden L. ist vielfach verboten. Das preuß. Gesetz vom 29. Juli 1885 verbietet das Spielen, den Losverkauf, die Veröffentlichung der Gewinnresultate von außerpreußischen L. bei Geldstrafe bis 600 M. für den Spieler und bis 1500 M. für den Collecteur. Weitere preuß. Gesetze, welche den Handel mit Lotterielosen einschränkten, wurden 18. Aug. 1891, 19. April 1894 und 16. Mai 1894 erlassen. Die Ansicht, daß dem preuß. Fiskus das Recht zustehe, dem Spieler in einer außerpreußischen, nicht zugelassenen L. den auf das Los em-^[folgende Seite]