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Lafettenwinkel – Lafontaine
Lafettenwinkel, der Winkel, den die Verbindungslinie zwischen Schildzapfenmittelpunkt und Auflagepunkt des
Lafettenschwanzes mit der Horizontalen bildet. Er beträgt bei den meisten Feldlafetten etwa 30° und ist von großer Bedeutung für die
Rücklaufsverhältnisse des Geschützes.
Laffitte (spr.-fitt), Jacques, franz. Staatsmann, geb. 24. Okt.
1767 zu Bayonne, trat als Commis in die Dienste des Bankiers Perrégaux in Paris, der ihn schließlich zum Geschäftsnachfolger machte.
Napoleon ernannte ihn 1809 zum Chef der Bank von Frankreich, 1813 zum Mitglied des Handelsgerichts und Präsidenten der
Handelskammer. Im April 1814 erhob ihn die Provisorische Regierung zum Gouverneur der Bank. Während der Hundert Tags trat L. in die
Deputiertenkammer; nach der zweiten Restauration wurde er wiedergewählt. Er gehörte zur Opposition und wurde bei den Wahlen von
1817 von allen 20 Sektionen in Paris zugleich gewählt. Der Hof, über L. erbittert, nahm ihm 1819 das Gouvernement der Bank, setzte ihn
aber 1822 wieder zum Chef ein. L. unterstützte 1824 das Ministerium Villèle in der Herabsetzung der Renten und verlor dadurch seine
Popularität. In den «Réflexions sur la réduction de la rente et sur l'état du crédit» (Par. 1824) suchte
er die Maßregel für Staat und Volk als notwendig darzustellen. Trotzdem blieb er in der Opposition und forderte 1827, als das Ministerium
Villèle den höchsten Grad von Unpopularität erreicht hatte, die Anklage der Minister. Bei Beginn der Julirevolution wurde sein Haus der
Mittelpunkt aller einflußreichen Männer, die sich der Bewegung anschlossen, und seine Privatkasse gab die Mittel her, um die Revolution
zu fördern. Am 30. Juli wurde der Herzog von Orléans auf L.s Vorschlag zum Generallieutenant des Reichs erklärt. Als Präsident der
Kammer, die 3. Aug. 1830 zusammentrat, verlas L. 7. Aug. die Akte, welche die konstitutionelle Monarchie Ludwig Philipps begründete.
Inmitten der Gefahren, die der jungen Dynastie drohten, trat er ins Ministerium und geriet hier sogleich mit den Doktrinärs in Konflikt. Am
3. Nov. 1830 übertrug ihm der König die Bildung eines neuen Kabinetts, doch schon 13. März 1831 legte L. die Verwaltung nieder. Von
Gläubigern gedrängt, vom Hofe verlassen, sah er sich genötigt, seine Besitztümer zu veräußern, um 50 Mill. Frs. Schulden zu decken.
Noch 1831 trat er wieder als Deputierter von Paris in die Kammer und schloß sich jetzt der Opposition an. Aus den Trümmern seines
Vermögens bildete er 1837 die Diskontokasse, die auf die Vereinigung der kleinen Kapitalisten zur Konkurrenz mit den großen berechnet
war und rasch aufblühte. 1843 wählte ihn die Kammer zum Präsidenten. L. starb 26. Mai 1844. Die
Souvenirs de Jacques L., racontés par lui-même (3 Bde., Par. 1844) rühren nicht von ihm selbst her.
Laflèchehuhn (spr. -flähsch-; s. Tafel:
Geflügel, Fig. 23), größte franz. Hühnerrasse; die
Rückenhöhe des stehenden Hahns beträgt 0,40 m, selbst mehr, die Kopfhöhe bei aufgerichteter Stellung
0,65 m; die Henne ist nur wenig kleiner; ersterer wiegt 3 ½ – 4 ½ kg, letztere 3–4 kg. Das schwarze,
grün und blau schillernde Gefieder liegt knapp am Leibe an. Der dunkelgraue, an der Spitze gelbliche Schnabel hat als
charakteristisches Merkmal der Rasse nach oben stark ausgebogene Nasenlöcher. Der Kamm besteht aus zwei kurzen starken, fast
cylindrischen, parallel stehenden, zuweilen auch nach den Seiten auseinander gehenden Hörnern, zwischen denen eine niedrige Wulst
sich bis zu den Nasenlöchern erstreckt und über diesen eine erbsengroße, runde Erhöhung bildet; das rote Gesicht wird von sehr
großen milchweißen Ohrlappen begrenzt; die Kehllappen sind sehr lang. Hinter dem Kamm wächst ein kurzer, dünner Federbüschel.
Die Läufe sind dunkelschieferfarbig, stark und ziemlich lang. Dieses durch seine eigentümliche Kammbildung, kräftige Bauart und stolze
Haltung beachtenswerte Huhn zeichnet sich andererseits aus durch sehr reichlichen Ansatz zarten weißen Fleisches und leichte
Mästbarkeit; die Henne legt fleißig 62 g schwere Eier, brütet aber nicht; die Aufzucht geht leicht von statten.
La Folie (spr. -lih), Vorstadt von Epernay (s. d.).
Lafont (spr. -fóng), Charles Philippe, Violinspieler, geb. 1. Dez. 1781 zu Paris,
wurde 1808 in Petersburg erster Soloviolinist des Kaisers Alexander, 1815 erster Violinist in der Kammermusik Ludwigs XVIII. Er starb
14. Aug. 1839 auf einer Kunstreise infolge des Umschlagens des Postwagens zwischen Bagnères de Bigorre und Tarbes. L.s Spiel war
einnehmend durch Sauberkeit und Grazie; von seinen Kompositionen (Konzerten, Phantasien, Variationen, Rondos u. s. w.) fand eine
Reihe von Romanzen für Violine weite Verbreitung.
Lafontaine (spr. -fongtähn), Aug. Heinr. Jul., deutscher Romandichter, geb. 5. Okt.
1758 zu Braunschweig, studierte in Helmstedt Theologie, wurde 1786 Hauslehrer in Halle, ging als Feldprediger 1792 mit dem preuß.
Heere nach der Champagne und kehrte nach dem Frieden nach Halle zurück, wo er seit 1800 privatisierte und 20. April 1831 starb. L. ist
der Hauptvertreter des empfindsamen Familienromans. Eine lebhafte, obwohl nicht reiche Phantasie, verständig entworfene Pläne, leicht
gezeichnete und meist anziehende Charaktere machten ihn zu einem Lieblingsschriftsteller seiner Zeitgenossen. Seine spätern Romane,
in denen die stete Wiederkehr gewisser Lieblingscharaktere und Situationen die Kritik, insbesondere der romantischen Schule, gegen ihn
wachriefen, entfremdeten ihm allmählich auch die Lesewelt. L. hat über 200 Bände geschrieben. Zu seinen besten Romanen gehören
«Der Sonderling» (1793), «Clara du Plessis und Clairant» (1794), «Leben und Thaten des Freiherrn Quinctius Heymeran von Flaming»
(1802), «Die Familienpapiere» (1807), «Arkadien» (1808), »Amelie Horst» (1810), «Die Gefahren der großen Welt» (1811), «Die
Moralsysteme» (1812). – Vgl. Gruber, L.s Leben und Wirken (Halle 1833).
Lafontaine (spr. -fongtähn), Jean de, franz.
Fabeldichter, geb. 8. Juli 1621 zu Château-Thierry in der Champagne, trat nach dürftiger Vorbildung, zum Geistlichen bestimmt, bei den
Oratoriern in Reims ein; da er aber keinen Geschmack an der
Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 887.