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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Leoninische Stadt - Leopard.

andre allen Schaden allein haben soll (von der Äsopischen Fabel hergenommen, wo der Löwe, mit andern Tieren auf der Jagd, die Beute allein behielt). Ein solcher Vertrag kann nur allenfalls als Schenkung aufrecht erhalten werden.

Leoninische Stadt (Città Leonina), der Teil der Stadt Rom, welcher das vatikanische Gebiet, den alten Ager Vaticanus, zwischen dem Tiber und der Vatikanhöhe, umfaßt. Sie hat ihren Namen von Papst Leo IV. (847-855), welcher diesen Teil Roms gegen die Einfälle der Sarazenen mit einer 12 m hohen Mauer aus Tuff und Ziegeln umgeben ließ. Diese Mauer ging vom Grabmal des Hadrian in der Linie des heutigen verdeckten Ganges, der vom Vatikan in die Engelsburg führt, auf den vatikanischen Hügel und zog an diesem, von einem noch erhaltenen Eckturm aus, in südwestlicher Richtung am Hügel hin und darauf sich östlich wendend bis zum Tiber. Sie hatte somit die Form eines Hufeisens, war etwa 3 km lang und von drei Thoren (Porta Castelli, Porta Sancti Peregrini und Porta Saxonum) durchbrochen. Die L. S. diente den Päpsten während des Jahrtausends ihres Bestehens wiederholt als Zufluchtsstätte vor den italienischen Waffen und vor den deutschen Heeren der Kaiser. Nach Rienzis Sturz wurde sie durch die aufständische Bevölkerung zerstört; Papst Martin V. fand 1420 nur noch Trümmer vor. Aber schon nach 100 Jahren war die L. S. durch Bramante, Raffael und Michelangelo so geschmückt, daß sie Florenz an künstlerischer Pracht überflügelte. Der zugehörige Borgo aber, der bürgerliche Anbau, ist ein ärmliches Viertel, das zur Großartigkeit und Pracht des Vatikans einen schlagenden Kontrast bildet. Die alte Mauer ist übrigens durch Anwachsen des Vatikans wie des Borgo mehrfach durchbrochen und zerstört worden, auch seit Anlage der Bastione der Engelsburg überflüssig. Die L. S. bildet jetzt als Rione di Borgo eine der 14 Regionen des modernen Rom. S. "Plan von Rom".

Leoninische Verse, die nach einem Dichter des Mittelalters, Namens Leo (um 1150), benannten Hexameter und Pentameter, in denen Mitte und Schluß sich reimen (vgl. Hexameter). Vereinzelt kommen sie indessen schon bei lateinischen Dichtern vor, z. B. "Quot caelum stellas, tot habet tua Roma puellas" (Ovid, Arsamat. I, 59).

Leonische Ware (Lyonische Ware), aus seinem Metalldraht oder Lahn (geglättetem Draht) hergestellte Tressen, Borten, Stickereien, Schnüre, Fransen, Quasten etc. sowie auch die hierzu verwendeten Drähte, Platten, Flittern, Bouillons und Gespinste. Die Ware hat ihren Namen von der spanischen Stadt Leon, wo sie nachweislich zuerst dargestellt wurde, und seit der Einführung durch Fournier 1570 ist Nürnberg der Hauptsitz dieser Industrie. Man verarbeitet echten Gold- und Silberdraht, leonischen Draht, der nur auf der Oberfläche mit Gold und Silber überzogen ist, im Innern aber aus Silber, resp. Kupfer besteht (und häufig kurzweg, je nach dem Material der Oberfläche Gold- oder Silberdraht genannt wird), zementierten Draht (unechten Golddraht) aus Kupfer, welches durch Zinkdämpfe oberflächlich in Messing verwandelt wurde, auch versilberten Eisen- und vergoldeten oder versilberten Nickeldraht. Die Industrie ist in neuerer Zeit durch Benutzung der Galvanoplastik und namentlich auch durch Einführung von Maschinen sehr wesentlich gefördert worden. Von letztern sind am wichtigsten der Drahtziehtisch, die Überspinnmaschine, auf welcher Wolle oder Seide mit dem Draht besponnen wird, und die Vergoldmaschine, eine Abspulmaschine mit veränderlicher Geschwindigkeit, auf welcher fertige Silberdrähte oder Gespinste galvanisch vergoldet werden, indem man dieselben mit einer in sehr weiten Grenzen zu verändernden Geschwindigkeit durch Goldbäder leitet. Auch die Lametta und das Krausgespinst (Frisé) ist ein Erzeugnis dieser Industrie.

Leonisten, s. Waldenser.

Leonowens (spr. lionoh-ens), Anna Henriette, Erzieherin des regierenden Königs von Siam, geb. 5. Nov. 1834 zu Carnarvon in Wales als Tochter des englischen Offiziers Th. M. Crawford, der im Kriege gegen die Sikh das Leben verlor, heiratete in Indien einen Offizier, wurde früh Witwe und übernahm die Stelle einer ersten Gouvernante in der Familie des 1868 verstorbenen Königs von Siam. 1863 siedelte sie nach Bangkok über, besorgte auch des Königs umfassende englische Korrespondenz und bewirkte die Milderung zahlreicher grausamer Urteile. Ihrem Einfluß wird es auch zugeschrieben, daß der junge König, ihr Zögling, die eigentliche Sklaverei in seinen Landen abschaffte und überhaupt europäische Anschauungen zur Geltung brachte. L. legte ihre Stelle 1867 nieder und lebt jetzt in New York. Ihre Erlebnisse schilderte sie in: "The English governess at the court of Siam" (Lond. 1870), "Romance of a Siamese harem-life" (1872) und "Life and travel in India before the days of railroads" (1885).

Leonrod, Leopold, Freiherr von, bayr. Justizminister, geb. 13. Dez. 1829 zu Ansbach aus einer fränkischen Reichsritterfamilie, studierte in Würzburg, Heidelberg und München die Rechte, ward 1862 Staatsanwalt in Traunstein, 1872 in München, 1879 Direktor und 1885 Präsident des Landgerichts München I und im April 1887 Justizminister. Einer seiner Brüder ist Bischof von Eichstätt.

Leontiasis (griech.), s. Elefantiasis.

Leóntini, altgriech. Stadt auf Sizilien, unweit der Ostküste, auf zwei Hügeln am Lissus, in der Nähe des heutigen Lentini, von Naxos aus 730 v. Chr. durch Chalkidier gegründet, wurde zuerst 498 von Gela, dann von Syrakus unterworfen und von den Römern im zweiten Punischen Krieg erobert. Der Campus Leontinus, eine weite Ebene im N. der Stadt, gehörte zu den gesegnetsten Strichen der ganzen Insel und heißt jetzt Piano di Catania.

Leontion, Name einer durch Schönheit und Geist ausgezeichneten Hetäre in Athen. Sie war Schülerin und Freundin des Epikur und auch als Schriftstellerin bekannt; namentlich soll sie eine scharfsinnige Schrift zur Verteidigung der Lehre Epikurs gegen Theophrast verfaßt haben.

Leontios, oström. Kaiser, Feldherr unter Justinian II., stürzte 695 denselben und schickte ihn nach Cherson in die Verbannung, wurde aber selbst schon 698 durch einen Aufstand des Heers, welches Tiberius gegen ihn zum Kaiser ausrief, gestürzt, verstümmelt und in ein Kloster geschickt und 705 nach der Rückkehr Justinians II. hingerichtet.

Leontodon, Pflanzengattung, s. Taraxacum.

Leontopodium alpinum, Edelweiß, s. Gnaphalium.

Leontopolis ("Löwenstadt"), alte Stadt Ägyptens, im Delta bei Busiris. Hier baute 180 v. Chr. der geflüchtete Hohepriester Onias IV. einen Tempel, ähnlich dem zu Jerusalem, den Vespasian etwa 225 Jahre später schließen ließ. Reste bei El Mengale.

Leopard, s. Pantherkatze. - In der Heraldik erscheint der L. so, wie ihn die Naturlehre des Mittelalters kennt, nämlich als Bastard vom Löwen und