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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Magdeburger Börde - Magdeburg-Halberstädter Eisenbahn

die Citadelle hat noch fortifikatorische Bedeutung. Vor die Umwallung sind kleinere Werke (Redouten) um mehrere 1000 m vorgeschoben, die aber, damals mehr provisorisch aufgeführt, nicht ergänzt sind und den Charakter moderner Forts nicht besitzen. Als Sperrpunkt mehrerer Eisenbahnübergänge über die Elbe und als großer Depotplatz ist M. auch heute noch bedeutend.

Geschichte der Stadt und des Erzbistums. Schon 805 wird M. als Handelsort genannt. Otto Ⅰ. legte hier 937 ein Benediktinerkloster zu Ehren des heil. Mauritius an und verwandelte dasselbe 968 in ein Erzbistum, dem die Bischöfe von Meißen, Merseburg, Naumburg (Zeitz), Brandenburg und Havelberg untergeordnet wurden. Die Bistümer Lebus und Posen kamen Ende des 12. Jahrh. zum Erzstift Gnesen, wogegen Anfang des 13. Jahrh. das Bistum Cammin dem Erzstift M. unterstellt wurde. Die Erzbischöfe, die sich den Titel eines Primas von Germanien beilegten, führten im Mittelalter wiederholte Kriege gegen die Slawen, in deren Gebiet sie Eroberungen machten (Erzbischof Wichmann), sowie gegen Kaiser Heinrich Ⅳ., die Markgrafen von Brandenburg und die Bürger von M. selbst. Nachdem 1325 der von der Stadt gefangen gesetzte, streitsüchtige Erzbischof Burchard Ⅲ. erschlagen worden war, wurden die Bürger von M., um vom Banne loszukommen, gezwungen, den Erzbischöfen den Huldigungseid zu leisten. – Das Gebiet des Erzbistums bestand aus einem von Halberstadt, Braunschweig, der Alt- und Mittelmark, Kursachsen und Anhalt umgrenzten Hauptteile und dem von diesem durch das Anhaltische getrennten Saalkreise und umfaßte etwa 5400 qkm. Seit 1513 wurden die Erzbischöfe, oder, wie sie nach dem Erzbischof Sigismund (gest. 1566) hießen, die Administratoren aus dem brandenb. Fürstenhause gewählt, und nur der letzte stammte aus dem Hause Kursachsen (August). Der schon frühzeitig errichtete Schöffenstuhl stand im Mittelalter in großem Ansehen, und das Magdeburger Recht, eine Mischung von altsächs. Gewohnheits- und magdeburgischem Lokalrecht, fand weite Verbreitung. 1524 fiel die Stadt der Reformation zu, wurde aber, als sie die Annahme des Interims verweigerte, in die Acht erklärt und infolgedessen vom 16. Sept. 1550 bis 9. Nov. 1551 vom Kurfürsten Moritz von Sachsen belagert, nach der Übergabe jedoch schonend behandelt.

Im Dreißigjährigen Kriege schlossen die Kaiserlichen unter Wallenstein 1629 M. 28 Wochen lang vergeblich ein, und 1631 belagerte es Tilly aufs neue. Die Bürger leisteten mit Hilfe einer schwachen schwed. Besatzung unter Falkenberg eine Zeit lang Widerstand, knüpften aber endlich Unterhandlungen an. Im Vertrauen auf den bevorstehenden Vertrag verließen sie zum Teil ihre Posten, und die Stadt wurde 10. Mai (20. Mai neuen Stils) 1631 erstürmt, geplündert und verbrannt, wobei nur der Dom, das Kloster Unser Lieben Frauen mit Kirche und etwa 130 meistens kleine Häuser verschont blieben und etwa 30000 E. umkamen. Otto von Guericke (s. d.), der Erfinder der Luftpumpe, war damals Ratmann und Ratsbauherr. Über den Urheber der Zerstörung von M. sind verschiedene Ansichten geltend gemacht worden (vgl. namentlich O. Klopp, Tilly im Dreißigjährigen Kriege, neue Aufl., 2 Bde., Paderb. 1894‒95; G. Droysen, Studien über die Belagerung und Eroberung M.s in den «Forschungen zur deutschen Geschichte», Bd. 3, Gött. 1863; Wittich, M., Gustav Adolf und Tilly, Bd. 1, Berl. 1874; Volkholz, Die Zerstörung M.s im Lichte der neuesten Forschung, Magdeb. 1892, und M. Dittmar, Die Zerstörung M.s im J. 1631, in den «Magdeburgischen Geschichtsblättern», 29. Jahrg., ebd. 1894). Von den Kaiserlichen 1632 wieder verlassen, wurde M. von den Schweden besetzt, 1636 den Kaiserlichen und Sachsen übergeben, worauf 1638 der durch den Prager Frieden bestimmte neue Administrator, Herzog August von Sachsen, das Erzstift in Besitz nahm. Gegen den Schluß des Krieges hatte die Stadt noch eine fünfte Belagerung zu bestehen. Nach der Bestimmung des Westfälischen Friedens (1648) kam das Erzstift M. als weltliches Herzogtum an Brandenburg. Die Stadt suchte für sich mit Hilfe der Schweden die Reichsfreiheit zu gewinnen, wurde aber vom Großen Kurfürsten 1666 im sog. Kloster Bergischen Vertrage gezwungen, sich zu unterwerfen. Nach dem Tode des letzten Administrators, August (1680), ging das Erzstift erst wirklich in brandenb. Besitz über. 1806 gehörte M. unter die Zahl der preuß. Festungen, die dem Feind ohne Widerstand übergeben wurden. Mit einer starken Besatzung versehen, hielt sich M. 1813 und 1814 gegen das Tauenziensche Korps, bis sie 24. Mai 1814 infolge des ersten Pariser Friedens an Preußen zurückgegeben wurde. Die früher selbständigen Städte Sudenburg (1867), Neustadt (1886) und Buckau (1887) sind mit M. vereinigt. ^[Spaltenwechsel]

Vgl. F. W. Hoffmann, Chronik der Stadt M. (3 Bde., Magdeb. 1843‒50; neu bearbeitet von Hertel und Hülße, 2 Bde., ebd. 1885‒86); Brandt, Der Dom zu M. (ebd. 1863); Chroniken von M. (Bd. 1, hg. von Janicke, Bd. 7 der «Chroniken der deutschen Städte vom 14. bis ins 16. Jahrh.», Lpz. 1869); Dittmar, Beiträge zur Geschichte der Stadt M. in den ersten Jahren nach ihrer Zerstörung, 1. Tl. (Halle 1885); Uhlirz, Geschichte des Erzbistums M. unter den Kaisern aus sächs. Hause (Magdeb. 1887); Wolter, Geschichte der Stadt M. (2. Aufl., ebd. 1890); Kawerau, M. Ein deutsches Städtebild (3. Aufl., ebd. 1891); Sitzepfandt, Magdeburg (Zür. 1891); Tollin, Geschichte der franz. Kolonie von M. (Bd. 1‒3, Halle; dann Magdeb. 1892); Wittich, Dietrich von Falkenberg, Oberst und Hofmarschall Gustav Adolfs. Ein Beitrag zur Geschichte des Dreißigjährigen Krieges (ebd. 1892); Hertel, Urkundenbuch der Stadt M. (Bd. 1. u. 2, Halle 1892‒94); Geschichtsblätter für M. (erscheinen seit 1866).

Magdeburger Börde, ein durch seine Fruchtbarkeit bekannter Landstrich in der preuß. Provinz Sachsen, auf dem linken Ufer der Elbe zwischen Magdeburg und der Bode gelegen, ist reich an Braunkohlen, Steinsalz und Lehmlagern.

Magdeburger Centurien, s. Centurien.

Magdeburger Feuerversicherung, s. Feuerversicherung (Bd. 6, S. 752).

Magdeburger Halbkugeln, zwei hohle Halbkugeln, welche, luftleer gepumpt, durch den äußern Luftdruck aneinanderhaften. An ihnen zeigte Otto von Guericke (s. d.) die Wirkung seiner Luftpumpe.

Magdeburger Konservesalz, s. Konservierungsmittel.

Magdeburg-Halberstädter Eisenbahn, 1880 verstaatlichtes Privatunternehmen, dessen 1842 genehmigte Stammbahn von Magdeburg über Oschersleben nach Halberstadt (58,52 km) 15. Juli 1843 eröffnet und später bis Thale fortgesetzt wurde. 1863 wurde von der Magdeburg-Wittenberge- ^[folgende Seite]