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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Magdeburg

hof. Der Kämmerei-Haushaltplan (1896/97) schließt ab in Einnahme und Ausgabe mit 7077400 M. Die direkten Steuern betragen etwa 53 Proz. der Einnahmen. Es bestehen eine städtische Sparkasse, mehrere Spar- und Vorschußvereine, 34 Orts-, 38 Betriebs- (Fabrik-) und 3 Innungskrankenkassen. M. hat ein Hebammeninstitut, Arbeitshaus, Siechenhaus, 2 städtische Krankenanstalten, mehrere Hospitäler u. s. w.

Behörden. M. ist Sitz des Oberpräsidiums, der Bezirksregierung, eines Polizeipräsidiums, zweier evang. Generalsuperintendenten, einer königl. Elbstrombauverwaltung, Landgerichts (Oberlandesgericht Naumburg a. S.) mit zwei Kammern für Handelssachen und 18 Amtsgerichten (Aken, Barby, Burg a. d. Ihle, Calbe a. d. S., Erxleben, Genthin, Gommern, Hötensleben, Loburg, M., Neuhaldensleben, Groß-Salze, Schönebeck, Seehausen, Staßfurt, Wanzleben, Wolmirstedt, Ziesar), einer Oberpostdirektion, einer königl. preuß. Eisenbahndirektion, eines Hauptsteuer-, Katasteramtes, einer Reichsbankhauptstelle, Kommandantur, der 3. Pionierinspektion, des Generalkommandos des 4. Armeekorps sowie der Kommandos der 7. Division, 13. und 14. Infanterie-, 7. Kavallerie-, 4. Feldartillerie- und 4. Gendarmeriebrigade, einer Fortifikation, eines Artillerie- und Traindepots und Bezirkskommandos.

Unterrichts- und Bildungswesen. Die Stadt hat ein königliches pädagog. Seminar, königl. Domgymnasium, 1675 gegründet, Pädagogium zum Kloster Unser Lieben Frauen, verbunden mit einem Kandidatenkonvikt, städtisches König-Wilhelms-Gymnasium, 1886 gegründet, Realgymnasium, 1819 gegründet, früher höhere Gewerbe- und Handelsschule, eine Oberrealschule mit Realgymnasium (Guericke-Schule), Realschule, ein Privat-Realprogymnasium, 3 öffentliche (Augustaschule, Luisenschule und die in Magdeburg-Neustadt) und 1 private höhere Mädchenschule, Lehrerinnenbildungsanstalt, sowie Kunstgewerbe- und Handwerker-, Baugewerk-, Maschinenbauschule für Werkmeister und 2 gewerbliche Fortbildungsschulen. Auch eine Wetterwarte befindet sich hier. Außer der Stadtbibliothek (30000 Bände, 250 Handschriften, Inkunabeln, Sammlung von Plänen und Ansichten von M., Münzkabinett, und die wertvolle, namentlich an Schriften aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges sehr reiche Sammlung «Magdeburgica») bestehen Bibliotheken der höhern Schulen, der Regierung, des Landgerichts und mehrerer Vereine. Das 1893 begründete städtische Museum hat eine reiche kunstgewerbliche und naturwissenschaftliche Abteilung sowie Gemäldegalerie (namentlich moderne Meister) und Kupferstichkabinett.

Das Stadttheater (1216 Zuschauerplätze), von Lucae erbaut, hat ein Solopersonal von 48 Personen; außerdem besteht das Wilhelmtheater und das Victoriatheater (Sommertheater). – Es erscheinen 7 Zeitungen, darunter die nationalliberale «Magdeburgische Zeitung» (s. d.) und die socialdemokratische «Volksstimme».

Industrie. Die Industrie erstreckt sich auf Schiffbauanstalten, Eisengießereien und Maschinenfabriken, letztere namentlich in Buckau (Friedr. Krupp, Grusonwerk, s.Gruson; Lokomobilenfabriken: R. Wolf und Garrett, Smith & Co.; Armaturenfabrik: Schaeffer & Budenberg), auf die Fabrikation von Zucker, Schokolade, Cichorien, Chemikalien, Woll- und Baumwollwaren, Handschuhen, Band, Leder, Tabak, Cigarren, Geldschränken, Harmonikas, Sprit, Seife und Bleiweiß; ferner bestehen Kunsttischlereien, Holzbildhauereien, Zuckerraffinerien, Brauereien. Bedeutend ist auch der Garten-, Obst- und Gemüsebau (Magdeburger Sauerkraut und Gurken). M. ist Sitz der Zucker-Berufsgenossenschaft, der Magdeburger Baugewerks-Berufsgenossenschaft und deren 1. Sektion, der Elbschiffahrts-Berufsgenossenschaft, der 2. Sektion der Nordwestlichen Eisen- und Stahl-, der 5. Sektionen der Töpferei- und der Berufsgenossenschaft der Gas- und Wasserwerke, der 7. Sektionen der Ziegelei-, der Norddeutschen Holz-, der Brennerei-, der Brauerei- und Mälzerei- und der 11. Sektion der Fuhrwerks-Berufsgenossenschaft.

Handel. Der Handel erstreckt sich vornehmlich auf Zucker, für den M. einer der Hauptplätze der Welt ist, auf Eisenartikel, Getreide, Cichorien und Cichorienfabrikate, Wein, Stein- und Braunkohlen, Baumwolle, Tabak, wollene, baumwollene Garne, Leinenwaren, Tuche, Kolonialwaren und Holz (aus poln. und russ. Wäldern). Der Handel wird gefördert durch Jahrmärkte, Pferdemärkte und eine Messe im September, die Ältesten der Kaufmannschaft (Handelskammer), eine Börse, zahlreiche Banken, von denen die Magdeburger Privatbank bis 1891 Notenbank war, und Versicherungsgesellschaften, durch eine Filiale der deutschen Elbschiffahrtsgesellschaft Kette in Dresden (1867 wurde in M. die Kettenschleppschiffahrt, die erste in Deutschland, gegründet).

Verkehrswesen. M. liegt an den Linien Berlin-M. (141,9 km), M.-Hannover (147 km), M.-Halle-Leipzig (119 km), M.-Güsten (43,6 km), M.-Zerbst-Leipzig (127,4 km), M.-Halberstadt-Thale (86,7 km), M.-Stendal (58,7 km), M.-Öbisfelde (64,2 km) und der Nebenlinie M.-Biederitz-Loburg (34,7 km) der Preuß. Staatsbahnen und hat 6 Bahnhöfe (Hauptbahnhof, M.-Neustadt, M.-Sudenburg, M.-Buckau und die Güterbahnhöfe Elbbahnhof und M.-Neustadt). Der gesamte Eisenbahngüterverkehr betrug (1892/93) 2270361 t (ausschließlich des Durchgangsverkehrs), darunter abgegangen 933062 t. Mehrere Pferdebahnen durchziehen die Stadt und verbinden die Altstadt mit den Vorstädten; von M.-Friedrichstadt führt eine Dampftrambahn nach dem Herrenkrug. M. hat 2 Postämter erster Klasse, darunter eins mit Zweigstelle, ein Telegraphenamt erster Klasse, 1 Bahnpostamt, 3 Stadtpostanstalten, 3 Postämter zweiter Klasse (Buckau, Neustadt, Sudenburg) und 4 Postämter dritter Klasse, sämtlich mit Telegraphenbetrieb, sowie ein Fernsprechamt. – Der Schiffsverkehr ist sehr bedeutend und wird durch den neuen von der Stadt für 8 Mill. M. angelegten Handelshafen mit Anschlußgleisen sowie durch die umfangreichen Eisenbahnanlagen an den Ufern der Elbe und den staatlichen Winterhafen an der Zollelbe gefördert. 1895 kamen an: zu Berg (zu Thal) 3505 (1045) Segelschiffe mit 638962 (354191) t, 46 (50) Güterdampfer mit 16227 (1436) t, außerdem 0 (7703) t Floßholz; es gingen ab zu Berg (zu Thal) 75 (1672) Segelschiffe mit 20433 (452767) t und 0 (72) Güterdampfer mit 0 (20858) t. Unbeladen kamen an (gingen ab) 237 (2247) Segelschiffe und 33 (56) Güterdampfer.

M., schon in der Reformationszeit als Festung bekannt, wurde zuletzt 1866 neu ausgebaut; es erhielt eine polygonale Umwallung mit vorspringenden Kavalieren und Flankierung aus Kaponnieren. Teile der alten bastionierten Befestigung wurden in die neue mit aufgenommen. Die innern Festungswerke sind jetzt als solche sämtlich aufgegeben, nur