Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Memnon; Mémoire; Memoiren

457

Memnon - Memoiren.

Erwählung des Metellus und dann des Marius zu Feldherren. Als er sich 100 von der gemäßigten Partei als Kandidat für das Konsulat aufstellen ließ, wurde er von einem Pöbelhaufen unter Führung des Saturninus mit Knütteln erschlagen.

Memnon, im griech. Mythus der Sohn der Eos und des Tithonos, König der Äthiopier, eilte nach der nachhomerischen Dichtung seinem Oheim, König Priamos von Troja, zu Hilfe, erlegte den Antilochos, ward aber von Achilleus getötet und erhielt von Zeus auf das Flehen seiner Mutter, die den Leichnam klagend in die ferne Heimat trug, die Unsterblichkeit. Während beide kämpften, hatte Zeus ihre Seelen gewogen (daher Psychostasie), und die des M. war gesunken. Der Mythus ist von den Tragikern wie von der bildenden Kunst mehrfach behandelt worden. In späterer Zeit suchte man M. mehr und mehr als historische Person aufzufassen. Nach Diodor war er der Erbauer der Königsburg in Susa (Memnonia) und wurde von dem assyrischen König Teutamos seinem Vasallen Priamos mit einer Schar Äthiopier und Susianer zu Hilfe geschickt; nach Pausanias unterjochte er alle Völker zwischen Susa und Troja. Doch führen auch die Dichtung und der Volksglaube fort, den Mythus von M. auszuschmücken. Der Tau des frühen Morgens, dichtete man, sei die Thräne der Eos, womit sie jeden Morgen den Verlust des geliebten Sohns beweine, und seine trauernden Gefährten in Troas wurden in Vögel (Memnoniden) verwandelt, die jährlich zu seinem Grabhügel (der übrigens an verschiedenen Orten gezeigt wurde) kamen und sich, gleichsam Leichenspiele feiernd, unter Wehklagen zerfleischten. In Ägypten aber ward der Mythus von den Griechen mit einem kolossalen Steinbild bei Theben, das den König Amenophis darstellte, in Verbindung gebracht. Dieses Amenophion (dann Memnonion oder Memnonssäule genannt), das noch vorhanden ist, stellt eine sitzende Statue mit aneinander geschlossenen Beinen aus dunklem Gestein vor und hatte ursprünglich wohl an 22 m Höhe, war aber durch ein Erdbeben, wahrscheinlich 27 v. Chr., zertrümmert worden, so daß der Oberteil des Kolosses herabstürzte. Seitdem fand die merkwürdige Erscheinung statt, daß das Steinbild, von den Strahlen der aufgehenden Sonne getroffen, einen Ton, ähnlich dem Klang einer zerspringenden Saite, von sich gab, was die Sage von dem "Tönen der Memnonssäule" veranlaßte, wodurch M. beim Aufgang der Sonne den Gruß seiner Mutter Eos erwidere. Das merkwürdige Phänomen, dessen Strabon zuerst gedenkt, ohne jedoch den Koloß Memnonion zu nennen (so daß also die Übertragung des Memnonsmythus wohl erst in der nächstfolgenden Zeit stattfand), hatte seinen Grund wahrscheinlich in einem Durchzug der Luft durch die Poren und Risse des durch Erdbeben zerklüfteten Steins (eines sehr harten und spröden Kieselkonglomerats), der besonders beim Wechsel der Temperatur zur Zeit des Sonnenaufgangs stattfand. Vgl. Letronne, La statue de M. (Par. 1833); Lepsius, Briefe aus Ägypten (Berl. 1852).

Mémoire (franz., spr. -mŏahr), eigentlich Gedächtnis, dann, was zur Erinnerung an eine Sache dienen soll: Schrift, Aufsatz, verabfaßt und publiziert, um die Diskussion eines Gegenstandes anzuregen; daher besonders eine Staatsschrift über eine staats- oder völkerrechtliche Angelegenheit (Denkschrift).

Memoiren (franz., spr. -mŏahren, "Denkwürdigkeiten"), Darstellungen historischer Thatsachen, welche der Verfasser selbst erlebt und schriftlich aufgezeichnet hat. Sie unterscheiden sich von den gleichzeitigen Chroniken dadurch, daß der Erzählende sich in den Mittelpunkt des von ihm Erzählten stellt oder doch vorzugsweise das berichtet, woran er selbst, handelnd oder leidend, Anteil genommen hat. Die M. bieten dem Geschichtsforscher ergiebige Quellen dar, die jedoch mit Behutsamkeit und besonnener Kritik gebraucht werden müssen. Das klassische Altertum hat nur zwei Schriftsteller aufzuweisen, welche in dieser Gattung Musterhaftes hinterlassen haben: Xenophon und Cäsar. Im Mittelalter gehören zu den M. die Aufzeichnungen des Marco Polo und, um auch aus Deutschland ein Beispiel anzuführen, die M. des Eberhard Windecke über König Siegmund. Unter den modernen Litteraturen sind die englische und französische am reichsten an M., und insbesondere ist Frankreich als das eigentliche Vaterland der Memoirenlitteratur zu betrachten. Die ersten Produkte dieses Genres finden sich im 13. Jahrh. Geoffroy de Villehardouins Geschichtswerk über das lateinische Kaisertum steht zwischen Chronik und M. noch in der Mitte; zu den eigentlichen historischen M. aber gehört Joinvilles "Histoire de saint Louis", und auch Froissarts die Jahre von 1322 bis 1400 behandelndes Geschichtswerk trägt zumeist einen memoirenhaften Charakter. Sehr bedeutend ist dann zur Zeit Ludwigs XI. und Karls VIII. Philippe de Comines, dessen M. zu den Meisterwerken im Gebiet praktisch-politischer Schriftstellerei gehören. Von großer Wichtigkeit sind auch die M. aus den spätern Jahrzehnten des 16. Jahrh., die den Leser unmittelbar in die religiösen und politischen Konflikte dieser Zeit einführen. Vor allen sind hier zu nennen: die M. von Blaise de Monduc (1521-72), Gaspard de Saulx-Tavannes (1530-73), Michel de Castelnau und Margarete von Valois, Heinrichs IV. erster Gemahlin, deren Denkwürdigkeiten ausschließlich das Hofleben zum Gegenstand haben, sowie die "Memoriae nostrae libri VI" von Guillaume Paradin und das ebenfalls in lateinischer Sprache geschriebene Geschichtswerk von de Thou (Thuanus, 1544-1607). Von protestantischem Standpunkt aus schrieben: Lanoue, Duplessis-Mornay (1572-1623) und Jean Mergey. Außerdem verdienen noch Villeroi (1567-1604), der Herzog von Nevers (1574-1610), der Herzog von Bouillon (1560-86) und der Prinz Ludwig von Condé (1559-66) Beachtung. Brantômes M. zeichnen sich durch eine ins Obscöne hinüberstreifende Frivolität aus, aber Sullys "Économies royales" geben ein schönes Bild von dem trefflichen Charakter ihres Verfassers. Für die Regierungszeit Ludwigs XIII. lieferten der Graf von Pontchartrain (1610-20), der Herzog von Orléans, der Herzog von Rohan (1610-29), Vauciennes, der Marquis von Beauveau, Estrées (1610-17), Bassompierre, Montrésor, Aubery und Richelieu reiche und wichtige Beiträge, und für das Zeitalter Ludwigs XIV. sind vornehmlich die M. Larochefoucaulds, des Kardinals Retz, des Grafen Jacques Saulx-Tavannes, Puységurs, Briennes, Mottevilles, Rabutins, Estrades', Grammonts, Dangeaus, Saint-Simons, de Lafares, Luxembourgs, Catinats, Noailles' u. a. zu nennen. Die Zeiten der Regentschaft und Ludwigs XV. behandeln die M. von Duclos, die des Abbé Montyon, des Herzogs von Choiseul und Chalotais'. Für die Periode der Revolution sind solche Massen von M. vorhanden, daß wir uns mit der Angabe der bedeutendsten Namen, der von Necker, Besenval, Ferrière, Alexandre Lameth, Lafayette, Montlosier, der Madame de Staël, Campan, Barbaroux, Billaud-Varennes, Dumouriez, der Madame Roland, Mira-^[folgende Seite]