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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Palladius; Pallánza; Pallas; Pallasch; Palleske; Palliata fabula; Palliativ; Palliser

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Palladius - Palliser.

ein Weihgeschenk der Elektra. Da Troja nicht erobert werden konnte, solange es im Besitz des Palladiums war, raubten Odysseus und Diomedes das Bild und gaben es dem Demophon in Verwahrung, der es nach Athen brachte. Aber auch Argos rühmte sich, das P. zu besitzen. Nach andrer Sage gab es zwei Palladien in Troja, welche Chryse dem Dardanos als Mitgift gebracht hatte; das eine raubte Odysseus, während das andre Äneas als Unterpfand für einen neuen Staat nach Italien mitnahm, wodurch Rom ebenfalls in Besitz eines Palladiums kam. Es wurde hier im Tempel der Vesta bewahrt und vor allen profanen Blicken aufs strengste gehütet. Allgemeiner heißt P. jede heilig gehaltene Sache, die etwas schützt, und auf deren Erhaltung viel ankommt (z. B. das Gesetz P. der Freiheit). Vgl. Paucker, Doppelpalladienraub (Mitau 1850).

Palladius, Rutilius Taurus Ämilianus, röm. Schriftsteller in der Mitte des 4. Jahrh. n. Chr., aus Sardinien oder Neapel gebürtig, schrieb ein zwar schwülstiges, aber stofflich wichtiges Werk: "De re rustica", in 14 Büchern, welches sich im wesentlichen an Columella anlehnt und noch im Mittelalter vielfach benutzt wurde. Den Hauptinhalt bildet die Aufzählung der ländlichen Geschäfte, nach den Monaten geordnet; das letzte Buch, von der Baumzucht, ist in elegischen Versen abgefaßt. Herausgegeben ward es von Schneider in den "Scriptores rei rusticae", Bd. 3 (Leipz. 1795).

Pallánza, Kreishauptstadt in der ital. Provinz Novara, auf einer Landzunge am westlichen Ufer des Lago Maggiore, gegenüber den Borromeischen Inseln, in herrlicher Lage, mit mildem Klima und südlicher Vegetation, daher viel von Fremden besucht, hat eine schöne Kuppelkirche, Madonna di Campagna, aus dem 16. Jahrh., mit Fresken, ein Theater, stattliche Villen, darunter die hoch gelegene Villa San Remigio mit prachtvoller Aussicht, einen schönen botanischen Garten (Rovelli), ein Gymnasium mit Konvikt, eine Notariatsschule, einen Hafen, römische Altertümer (vom alten Pallantia), Handel, Industrie in Baumwoll- und Seidenwaren und (1881) 3254 Einw.

Pallas (P. Athene), griech. Göttin, s. Athene.

Pallas, Günstling des Kaisers Claudius, Freigelassener von dessen Mutter Antonia, verwaltete das Finanzwesen, beredete Claudius, die Agrippina zu heiraten und Nero zu adoptieren, der ihn 59 n. Chr. umbringen ließ.

Pallas, Peter Simon, Reisender und Naturforscher, geb. 1741 zu Berlin, studierte Medizin und Naturwissenschaften, hielt sich dann längere Zeit in Holland und England auf und ward 1768 von Katharina II. als Akademiker und Kollegienassessor nach Petersburg berufen und an die Spitze der großen, zur Beobachtung des Durchgangs der Venus durch die Sonne und zur Erforschung des östlichen Rußland ausgerüsteten Expedition gestellt. P. trat diese Reise 1768 an, blieb den Winter über in Simbirsk an der Wolga, folgte im nächsten Frühjahr dem Lauf des Jaik bis zu seiner Mündung in das Kaspische Meer und verweilte längere Zeit am Gurjew. 1770 untersucht er die beiden Abhänge des Uralgebirges, 1771 die Gruben von Koliwan, drang darauf bis Krassnojarsk am Jenissei vor und erforschte 1772 die Daurischen Gebirge bis an die chinesische Grenze, 1773 die kaukasischen Gegenden. Die Resultate dieser Reise waren großartige Sammlungen, welche jetzt den Kern des akademischen Museums zu Petersburg bilden, und Werke über die naturhistorischen und geographischen Verhältnisse der bereisten Gegenden ("Reisen durch verschiedene Provinzen des russischen Reichs" [Petersb. 1771-76, 3 Bde.]; "Sammlung historischer Nachrichten über die mongolischen Völkerschaften" [das. 1776-1802, 2 Bde.]; "Neue nordische Beiträge zur physikalischen und geographischen Erd- und Völkerbeschreibung, Naturgeschichte und Ökonomie" [das. 1781-93, 6 Bde.]). 1777 ward P. Mitglied des Ausschusses zur Topographierung des russischen Reichs und 1787 Historiograph des Admiralitätskollegiums. Von der Kaiserin mit zwei Dörfern in der Krim und einem Haus zu Simferopol beschenkt, lebte P. hier seit 1796 schriftstellerisch beschäftigt, kehrte darauf 1810 nach Berlin zurück und starb 8. Sept. 1811. Er schrieb: "Elenchus zoophytorum" (Haag 1766; deutsch von Wilkens, Nürnb. 1784); "Miscellanea zoologica" (Haag 1766); "Spicilegia zoologica" (Berl. 1767-1804, 2 Bde.); "Flora rossica" (das. 1784-88, 2 Bde. mit 100 Kupfern); "Zoographia Rossiae asiaticae" (Petersb. 1811, 3 Bde.); "Icones insectorum praecipue Rossiae Sibiriaeque peculiarium" (Erlang. 1781-83, 2 Abt.); "Linguarum totius orbis vocabularia" (2. Aufl., Petersb. 1790-91, 4 Bde.); "Tableau physique et topographique de la Tauride" (das. 1795); "Bemerkungen auf einer Reise durch die südlichen Statthalterschaften des russischen Reichs in den Jahren 1793-94" (Leipz. 1803, 2 Bde., mit Atlas); "Species Astragalorum" (das. 1800-1804, 14 Hefte).

Pallasch (slaw.), langer, gerader oder doch nur an der Spitze wenig gekrümmter Degen zu Stoß und Hieb, mit Korbgefäß in Stahlscheide; Waffe der Kürassiere, 1,33 kg, mit Scheide 2,25 kg schwer.

Palleske, Emil, Schriftsteller und dramatischer Vorleser, geb. 5. Jan. 1823 zu Tempelburg in Pommern, studierte in Berlin und Bonn, ward dann Schauspieler und wirkte von 1845 bis 1851 als Charakterdarsteller am Hoftheater zu Oldenburg. Später lebte er in Arnstadt und Weimar und ließ sich schließlich in Thal bei Eisenach nieder, von wo aus er seine Reisen unternahm, um als Vorleser dramatischer, namentlich Shakespearescher, Stücke, später auch Fritz Reuterscher Dichtungen, aufzutreten. Er starb 28. Okt. 1880 in Thal. Litterarisch hat P. durch mehrere dramatische Arbeiten: "König Monmouth" (Berl. 1853), "Achilles" (Götting. 1855), "Oliver Cromwell" (Berl. 1857), und insbesondere durch das Buch "Schillers Leben und Werke" (das. 1858-59, 2 Bde.; 12. Aufl., Stuttg. 1886) sich wohlverdienten Ruhm erworben. Außerdem gab er "Charlotte von Kalb. Gedenkblätter" (Stuttg. 1879) und "Die Kunst des Vortrags" (2. Aufl., das. 1884) heraus.

Palliata fabula (lat.), s. Komödie, S. 992.

Palliativ (v. lat. pallium, Hülle, Mantel, Palliativmittel), Heilmittel, durch welches eine Krankheit nur in ihren Äußerungen und Erscheinungen gemildert wird (daher auch symptomatisches Mittel), so daß die Krankheit zwar gebessert erscheint, während sie doch ihrer Hauptsache nach fortbesteht und nur ihre Folgen weniger fühlbar gemacht werden. Wenn jemand durch ein Bruchband den übeln Folgen des Bruches vorbeugt, so ist das eine Palliativkur, während die wirkliche Beseitigung des Bruches das radikale Verfahren sein würde.

Palliser, William, Kavallerieoffizier und Industrieller, geb. 18. Juni 1830 zu Dublin, hat sich durch mehrfache Erfindungen in der Artillerie, namentlich im Panzerwesen, einen Namen gemacht. Seine durch Schalenguß aus weißem Roheisen 1860 hergestellten Panzerhartgußgeschosse haben in der englischen Artillerie Anwendung gefunden.