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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Palmoskopie; Palmospásmus; Palmsekt; Palmsonntag; Palmus; Palmwachs; Palmwein; Palmyra

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Palmoskopie - Palmyra.

welche gleichfalls sehr ölreich sind, werden jetzt in Europa (Holland, Hamburg) in ausgedehntem Maß auf Fett und Futterkuchen verarbeitet. P. ist butterartig, orangegelb, riecht veilchenartig, schmeckt mild, wird an der Luft farblos, riecht und schmeckt dann aber ranzig. Frisches P. schmilzt bei 24-27°, ranzig gewordenes, welches viel freie fette Säuren enthält, bei 30-35°, selbst 42°. Es besteht vorwiegend aus Palmitin und Olein, löst sich wenig in kaltem, leicht in heißem Alkohol und in Äther und wird durch ätzende Alkalien leicht verseift. Beim Erhitzen auf 210-220° oder durch Behandeln mit chromsaurem Kali und Schwefelsäure wird es gebleicht. Man benutzt es hauptsächlich zur Darstellung von Kerzen und Seife, zu Maschinenschmiere und zu Weißbädern in der Türkischrotfärberei. Auch die Samen der Ölpalme und andrer Palmen liefern Fette, namentlich Cocos nucifera (s. Kokosöl), Elaeis melanococca in Süd- und Mittelamerika, Oenocarpus-Arten in Südamerika, Acrocomia sclerocarpa daselbst und in Westindien, Attalea Cohune in Honduras und Panama etc.

Palmoskopie (griech.), die Beobachtung des Pulses mittels des Stethoskops.

Palmospásmus (griech.), Schüttelkrampf, stärkere krampfhafte Zuckungen, die aus ruck- und stoßweise ausgeführten Zusammenziehungen der Muskeln hervorgehen.

Palmsekt, herber Wein, aus Trockenbeeren bereitet (vino secco), von der Insel Palma.

Palmsonntag (Palmtag, blauer Ostertag, lat. Dominica palmarum), der letzte Fastensonntag oder Sonntag vor Ostern, an welchem die griechische und römische Kirche die Gewohnheit hat, Palmen (Palmzweige) zu weihen, um damit die Kirchen zu schmücken, und die Prozession zur Erinnerung an Joh. 11, 13 abzuhalten. In der lateinischen Kirche ward die Feier des Palmsonntags erst einige Jahrhunderte, nachdem sie schon in der griechischen bestanden hatte, eingeführt, und da der P. für ein Freudenfest galt, ward er von der Karwoche (Woche vor Ostern) abgeändert und diese als Trauerzeit (hebdomas poenosa oder nigra) erst mit der Feria secunda, dem Montag, begonnen. Die sogen. Palmeselprozession erhielt sich bis zum Jahr 1700 in Moskau, an manchen Orten Deutschlands bis zu Anfang des 19. Jahrh. und verdankte ihre Bezeichnung einem Esel von Holz, der unter Gesängen feierlich in den Straßen herumgefahren wurde, während das Volk mit geweihten Palmzweigen in den Händen folgte. Die feierliche Weihe der Palmzweige (Palmenweihe) nimmt in Rom der Papst selbst vor, der sie an alle Kirchen der Stadt verteilt. Wo echte Palmwedel nicht zu haben sind, hat man vielfach Surrogate angewandt, die dann im Volksmund ebenfalls Palmen heißen.

Palmus (lat.), die Breite der zusammengelegten Finger mit Ausschluß des Daumens, die für den vierten Teil der Länge des Fußes gilt; daher P. = ¼ röm. Fuß (0,0739 m). Erst später finden wir den P. major, = ¾ Fuß, woraus der Palmo (s. d.) der heutigen Römer entstanden ist.

Palmwachs, s. Wachs, vegetabilisches.

Palmwein, gegorner Palmensaft, in den Tropenländern sehr beliebtes alkoholisches Getränk, welches aus verschiedenen Palmen bereitet wird. Zur Darstellung desselben aus Arenga saccharifera wird der männliche Blütenkolben bei dem ersten Erscheinen der Frucht drei Tage hintereinander mit einem Stöckchen gepeitscht und dann etwas über seiner Basis abgeschnitten. Der ausfließende zuckerreiche Saft (Toddy) schmeckt wie frischer Most und geht bald in weinige Gärung über. Die Chinesen, welche auf den indischen Inseln leben, bereiten aus diesem P. durch Destillation Arrak. Auch die Blütenkolben von Cocos nucifera liefern Toddy, welcher sehr angenehm schmeckt, schnell in Gärung übergeht und in diesem Zustand von den Singhalesen am liebsten getrunken wird. Durch Destillation gewinnt man aus 100 Gallons 25 Gallons Arrak. Cocos butyracea liefert einen Wein, welchen Seemann dem Champagner vollkommen gleichstellt. Der Stamm wird gefällt und da, wo Blätter und Blüten hervorbrechen, ausgehöhlt. In dem gebildeten Loch sammelt sich der P. 18-20 Tage lang, und zwar sind die letzten Portionen am alkoholreichsten, obwohl weniger süß. Phoenix sylvestris liefert bei einem ähnlichen Verfahren ebenfalls P. Dasselbe gilt von Elaeis guineensis, Attalea Cohune und Mauritia vinifera. Mauritia flexuosa liefert den süßen, berauschenden P. der Guarani, und Raphia vinifera gibt eine Art Wein, welche Bourdon heißt. Auf Ceylon ist die Gewinnung von Toddy aus Borassus flabelliformis sehr entwickelt. Das Anzapfen geschieht bei dieser Palme auf gleiche Weise wie bei Cocos, doch liefert sie mehr Saft. Auch Caryota urens liefert, namentlich in der heißen Jahreszeit, eine außerordentliche Menge Toddy.

Palmyra (Tadmor, "Palmenstadt"), der Sage nach von Salomo gegründete Hauptstadt der syrischen Landschaft Palmyrene, berühmt durch die großartigen Ruinen ihrer prächtigen, aus spätrömischer Zeit stammenden Bauwerke und durch den Versuch der dortigen Königsfamilie zur Zeit des Kaisers Aurelian, die römische Herrschaft im Orient zu stürzen. Schon der Kaiser Gallienus mußte um 264 n. Chr. den vornehmen Palmyrener Feldherrn Septimius Odänathus als eine Art Mitregenten anerkennen; nach dessen Ermordung (um 267) herrschte seine Witwe Zenobia (s. d.), welche den Titel einer römischen Kaiserin führte, im Namen des offiziell von Rom anerkannten Regenten, ihres jungen Sohnes Vaballathus, welcher den Titel "Imperator" hatte. Zenobia eroberte einen großen Teil des Orients und Ägyptens, immer noch notgedrungen von den römischen Kaisern anerkannt, bis es unter Aurelian um 270 n. Chr. zum offenen Bruch kam. Vaballathus nahm den Kaisertitel an, doch verlor er bereits 271 Ägypten; bald darauf wurde auch P. erobert und Zenobia gefangen genommen. Noch einmal erregten Parteigänger der Kaiserin in Ägypten und P. Aufstände gegen Aurelian, welche aber bald unterdrückt wurden. Zenobia wurde in Rom im Triumph aufgeführt, aber mit Milde behandelt; das Schicksal ihres Sohnes ist ungewiß. P. verlor allmählich seine Bedeutung und spielte im Mittelalter nur eine untergeordnete Rolle. Erst seit dem Ende des 17. Jahrh. wurden europäische Reisende auf die großartigen Trümmer Palmyras aufmerksam, welche hauptsächlich aus einem Komplex prächtiger Tempel bestehen, sämtlich aus der Blütezeit Palmyras, dem 3. Jahrh., stammend. Diese Ruinen von P. liegen auf einem etwas erhöhten Grund (etwa 400 m hoch) in einer weiten Ebene, ungefähr 220 km südwestlich von Deir am Euphrat, und dehnen sich von SO. gegen NW. in einer ununterbrochenen Linie fast 6 km weit aus. An dem östlichen Ende steht der großartigste und prachtvollste Bau, der berühmte Sonnentempel. Ein Quadrat von 235 m Seitenlänge ist von einer etwa 15-16 m hohen, aus schön behauenen Steinen aufgeführten und mit korinthischen Halbsäulen dekorierten Mauer umschlossen, von welcher aber nur die