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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Pfr. - Pfropfen.

die ganze Erde, große Eisengießereien, Maschinenfabriken und Brückenbau, einen Kupferhammer, Gerberei, Werkzeugfabriken, Fabrikation von Chemikalien, Papier, Bierbrauerei etc. Der Handel, unterstützt durch eine Handelskammer und eine Reichsbanknebenstelle, ist außer in Bijouteriewaren noch bedeutend in Vieh, Landesprodukten und Holz. P. hat ein Gymnasium, eine Real-, eine Kunstgewerbe-, eine Frauenarbeits- und eine Haushaltungsschule, ein Kranken- und ein Waisenhaus, eine Irrenheil- und -Pfleganstalt, ein Museum etc. Die städtischen Behörden zählen 20 Magistratsmitglieder u. 96 Stadtverordnete; sonst ist P. Sitz eines Bezirksamtes, eines Amtsgerichts, zweier Bezirksforsteien und einer Probieranstalt für Edelmetalle. - P. ist der Geburtsort Johann Reuchlins. Die Stadt ist alt und war ursprünglich eine römische Niederlassung. Im 13. Jahrh. kam sie zu Baden und war seit 1300 Residenz der Markgrafen, bis sich Karl II. 1565 in Durlach ansiedelte. Die Überlieferung von dem Heldentod der 400 Pforzheimer in der Schlacht bei Wimpfen (s. d.) 6. Mai 1622 ist neuerdings als unglaubwürdig erwiesen worden. Vgl. Coste, Die 400 Pforzheimer (1879); Brombacher, Der Tod der 400 Pforzheimer (Pforzh. 1886). 1624 erfolgte die Einnahme der Stadt durch die Soldaten der Liga und 1689 ihre Verbrennung durch die Franzosen. Vgl. Pflüger, Geschichte der Stadt P. (Pforzh. 1861); Rühl, Führer durch die Bijouteriefabriken in P. (4. Aufl., das. 1888); Näher, Die Stadt P. (das. 1884).

^[Abb.: Wappen von Pforzheim.]

Pfr., bei botan. Namen Abkürzung für L. G. K. Pfeiffer (s. d. 3).

Pfraumberg, Stadt in der böhm. Bezirkshauptmannschaft Tachau, mit alter Kirche, Ruinen eines Bergschlosses (837 m ü. M.), einem Bezirksgericht, Holzstiftefabrikation, Holzhandel u. (1880) 1095 Einw.

Pfreimd, Stadt im bayr. Regierungsbezirk Oberpfalz, Bezirksamt Nabburg, am Fluß P., unweit dessen Mündung in die Nab, und an der Linie München-Regensburg-Oberkotzau der Bayrischen Staatsbahn, 374 m ü. M., hat ein Schloß, ein Franziskanerkloster mit der Gruft der Landgrafen von Leuchtenberg, eine Oberförsterei, Spiegelschleiferei, Tuchweberei und (1885) 2100 kath. Einwohner.

Pfretzschner, Adolf, Freiherr von, bayr. Minister, geb. 15. Aug. 1820 zu Würzburg, studierte die Rechte in München, wurde 1847 Regierungsassessor zu Ansbach, 1849 im Finanzministerium, 1856 Ministerialrat, 1865 Minister des Handels und der öffentlichen Arbeiten, 1866 der Finanzen, 1. Okt. 1872 Ministerpräsident und Minister des königlichen Hauses und der Finanzen. Von gemäßigt liberaler Gesinnung und angenehmen Formen, den Verhältnissen sich mehr unterordnend und anschmiegend als sie beherrschend, war er das geeignete Haupt der Regierung Bayerns unter dem König Ludwig II. und bei der Lahmlegung der parlamentarischen Körperschaften durch die sogen. patriotische ultramontane Partei, indem er den Ausbruch eines offenen Konflikts nach allen Seiten hin vermied, aber auch einer gründlichen Lösung der Schwierigkeiten aus dem Wege ging. Im März 1880 erhielt er unter Erhebung in den Freiherrenstand die erbetene Entlassung.

Pfriemen, Pflanze, s. Spartium.

Pfriemengras, s. Stipa.

Pfriemenschnäbler (Subulirostres), nach Cuvier u. a. Familie aus der Ordnung der Sperlingsvögel, mit feinem, pfriemenförmigem, ziemlich rundem Schnabel. Hierher gehören die Gattungen: Bachstelze, Pieper, Pirol, Drossel, Steinschmätzer, Zaunkönig, Goldhähnchen u. a.

Pfriemenschwanz, s. Madenwurm.

Pfrille (Phoxinus Gthr.), Fischgattung aus der Ordnung der Edelfische und der Familie der Karpfen (Cyprinoidei), kräftig gebaute, rundleibige, stumpfschnauzige, kleinmäulige und kleinschuppige Fische mit kurzer Rücken- und Afterflosse, deren erstere hinter den Bauchflossen beginnt, und doppelreihigen, auf der einen Seite zu zwei und fünf, auf der andern zu drei und vier stehenden Schlundzähnen. Die Elritze (Rümpchen, Maipiere, Piere, Pfelle, P. laevis Ag., s. Tafel "Fische I"), 9-12 cm lang, in der Färbung ungemein variierend, auf dem Rücken meist ölgrün oder dunkelgrau, dunkel gefleckt, an den Seiten grüngelb, metallisch glänzend, mit goldglänzendem Längsstreifen, an den Maulwinkeln karminrot, an der Kehle schwarz, an der Brust scharlachrot, an den Flossen blaßgelb, an Rücken-, After- und Schwanzflosse dunkel pigmentiert, findet sich weitverbreitet, meist in starken Schwärmen, in klaren Flüssen und Bächen Mitteleuropas, wandert aus einem Fluß in den andern, überspringt oft bedeutende Hindernisse, nährt sich von Pflanzenstoffen, Würmern, Insekten und laicht von Mai bis Juli an seichten, sandigen Stellen. Die Jungen schlüpfen nach sechs Tagen aus, wachsen aber sehr langsam und werden erst im dritten oder vierten Jahr fortpflanzungsfähig. Das Fleisch der P. ist bitter, aber wohlschmeckend; man benutzt sie auch als Köder und als Futterfisch in Teichen.

Pfrimm, linker Nebenfluß des Rheins, entspringt in der Rheinpfalz am Donnersberg, fließt östlich nach Rheinhessen und mündet bei Worms.

Pfropfen, das Einsetzen des Edelreises in den Spalt oder unter die Rinde der Unterlage, so daß die Kambiumschichten beider Teile sich berühren. Das Edelreis wird hierzu unten keilförmig und auf drei Augen Länge zugeschnitten; zweckmäßig ist es, wenn dasselbe durch geeignete Vorkehrungen (Abschneiden im Januar und Aufbewahren im Erdboden, geschützt gegen Temperaturwechsel) ruhend erhalten wurde, während der Saft der Unterlage bereits in Bewegung sein darf. Die beste Zeit ist März und April, für das P. mit grünem Holz auch wohl Juni, August und September, für das P. in die Rinde der Mai. Da der Ausschnitt an der Unterlage in der Baumschule mit dem Messer nur schwer auszuführen ist, so wendet man ein Instrument, den Geißfuß (s. Figur), an, welches diese Arbeit erleichtert. Die Geißfußveredelung ist eine von denjenigen Methoden, welche die Unterlage nicht zu stark verwunden und, mit

^[Abb.: Geißfuß.]

^[Abb.: Pfropfen mit dem Geißfuß.]