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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Pierien - Pieschen.

oder von Pieros, dem Makedonier, der denselben in Thespiä eingeführt haben soll. -

2) Benennung der neun Tochter des Pieros, Königs von Emathia, die sich mit den Musen in einen Wettstreit im Gesang einließen, aber von diesen besiegt und in Vögel verwandelt wurden; nach dem Ort ihrer Geburt auch Emathiden genannt.

Piërĭen (Pieria), Küstenlandschaft im alten Makedonien, zwischen dem Peneios und Haliakmon, dem Ostabhang des Olympos und dem Thermäischen Meerbusen, der Mittelpunkt des thrakischen Musen- und Dionysosdienstes. Als Perdikkas I. das makedonische Reich um 700 v. Chr. in Emathia gründete, fiel ihm das benachbarte P. als erste Eroberung zu. In strategischer Hinsicht war die Landschaft als der Schlüssel zu Thessalien und Hellas von großer Bedeutung, da von ihr aus drei Pässe nach S. führten. Den Namen P. führten noch zwei andre Landschaften, eine in Makedonien, östlich der Strymonmündung (Neu-P.), wohin die thrakischen Pierier um 700 auswanderten, mit den Städten Phagres und Pergamos, und eine andre in Syrien, nördlich der Orontesmündung, mit der Hauptstadt Seleukia.

Piëris, Weißling.

Piērola, Nicolas, peruan. Diktator, geb. 1839, ward 1860 Advokat in Lima, widmete sich aber außerdem der Politik und gab konservativ-klerikale Zeitungen heraus. 1869 ernannte ihn der Präsident Balta zum Finanzminister. In dieser Stellung unternahm er die kühnsten, aber auch schwindelhaftesten Operationen, welche die Finanzen Perus unheilbar zerrütteten, und mußte noch vor der Ermordung seines Gönners Balta 1872, der Veruntreuung angeklagt, flüchten. 1876 machte er, unterstützt von der klerikalen Partei, im südlichen Peru einen erfolglosen Aufstandsversuch. Nach der Flucht Prados im Dezember 1879 bemächtigte er sich 22. Dez. durch einen Militäraufstand der Diktatur, verhalf den Klerikalen zur Herrschaft und setzte den Krieg gegen Chile unter pomphaften Phrasen fort. Nach der Besetzung Limas (17. Jan. 1881) flüchtete er in das Innere und suchte von Ayacucho aus den Kampf fortzusetzen. Jedoch wurde er 7. Okt. durch eine Militärrevolte vertrieben und ging nach Europa.

Pierre (franz., spr. pjähr), s. v. w. Peter, Petrus.

Pierre branlant (franz., spr. pjähr brang-lāng), s. Wagstein.

Pierrefonds (spr. pjährfóng), Dorf im franz. Departement Oise, Arrondissement Compiègne, am Rande des Waldes von Compiègne und an der Eisenbahn von Compiègne nach Villers-Cotterets, hat eine kalte Schwefelquelle (10° C.), eine Zuckerfabrik, eine bemerkenswerte Kirche und 1800 Einw. Bekannt ist P. namentlich durch sein 1390 von Ludwig von Orléans gegründetes, jetzt durch Viollet le Duc (vgl. dessen Beschreibung, 12. Aufl. 1887) meisterhaft restauriertes Schloß mit 8 Türmen, großem Gerichtssaal etc.

Pierrefonds, Gräfin von, s. Eugenie 1).

Pierre ollaire (fr., spr. pjähr ollähr), s. Topfstein.

Pierre Pertuis, La (spr. pjähr pertüih), ein Jurapaß (792 m), der das Val St.-Imier mit dem Birsthal, die Westschweiz mit Basel verbindet und darum von jeher ein wichtiger Übergangspunkt gewesen ist. In der Einsenkung, welche die Sonnenbergkette und den Montoz verknüpft, hat der Felsberg eine große Gewölbeöffnung, ursprünglich von der Natur gebildet und durch die Kunst nur erweitert, 9 m hoch und 7 m breit. Zur Römerzeit führte durch dieselbe die Straße in das Rauraker- und Sequanerland. Die heutige Straße hat ihre Bedeutung verloren, denn die Eisenbahn durchbohrt den Berg tiefer in einem 1,27 km langen Tunnel, der in einer Seehöhe von 770 m erbaut wurde (1871-74).

Pierret (spr. pjärräh), Paul, franz. Ägyptolog, geb. 1836 zu Rambouillet (Seine-et-Oise), besuchte das Lycée zu Versailles, übernahm dann eine Stelle in der Verwaltung und beschäftigte sich in seinen Mußestunden mit der Entzifferung von Hieroglyphen. Seine Leistungen auf diesem Gebiet waren bald so hervorragend, daß man ihm 1867 einen Posten am ägyptischen Museum im Louvre übertrug. Seit 1873 ist er Konservator der Sammlung. Seine Hauptschriften sind: "Études égyptologiques" (1873-78, 3 Bde.); "Dictionnaire d'archéologie égyptienne" (1875); "Vocabulaire hiéroglyphique" (1875); "Recueil d'inscriptions inédites du musée égyptien du Louvre" (1874-78, 2 Bde.); "Essai sur la mythologie égyptienne" (1879); "Le Panthéon égyptien" (1881); "Catalogue de la salle historique de la galerie égyptienne du Louvre" (1877); "Le décret trilingue de Canope" (1881); "Le livre des morts, traduction" (1882); "Explication des monuments de l'Égypte et de l'Éthiopie" (1885 ff.).

Pierrot (franz., spr. pjerro, "Peterchen"), komische Maske der italienischen Bühne, aus dem Harlekin und dem Polichinell zusammengeschmolzen, ein dummpfiffiger und tölpelhafter Bedienter, der immer Prügel bekommt. Sein Kostüm ist ganz weiß, sehr weit und mit ungeheuern Knöpfen besetzt.

Pierson, Henry Hugh (irrtümlich manchmal Pearson geschrieben), Komponist, geb. 12. April 1816 zu Oxford als Sohn eines Professors der Theologie, erhielt seinen ersten Musikunterricht in London von Attwood, einem Schüler Mozarts, bildete sich später, während er sich in Harrow und Cambridge für den wissenschaftlichen Beruf vorbereitete, weiter aus und widmete sich endlich in Paris, wohin er zum Studium der französischen Sprache gesandt war, auf Paers Anregung ganz der Musik. Nach längerm Studienaufenthalt in Deutschland und Italien übernahm er 1844 eine Professur der Musik an der Universität Edinburg, gab dieselbe jedoch schon im folgenden Jahr wieder auf, um ungeändert seinem Komponistenberuf leben zu können. 1846 siedelte er nach Hamburg über, woselbst seine ersten größern Werke: die Oper "Leila" und die Musik zur Wollheimschen Bearbeitung des zweiten Teils von Goethes "Faust", zur Aufführung gelangten. Auch sein mit großem Beifall in London und beim Musikfest in Norwich (1852) aufgeführtes Oratorium "Jerusalem" entstand um diese Zeit. Später lebte er zeitweilig auf einem Landgut bei Würzburg, siedelte 1863 nach Stuttgart und 1872 nach Leipzig über, wo er 28. Jan. 1873 starb. Von seinen weitern Kompositionen, die sich sämtlich durch Originalität, hohen künstlerischen Ernst und gediegene Arbeit auszeichnen, sind noch zu nennen: das Oratorium "Hesekias" (1869 in Norwich aufgeführt) und die Oper "Contarini" (1871 in Hamburg aufgeführt). P. hat auch eine englische Übersetzung von "Beethovens Studien" (Hamb. 1853) veröffentlicht. Seit 1844 war er mit der Dichterin Karoline Leonhardt, geb. 1814 zu Zittau, verheiratet, die sich zu Anfang der 40er Jahre besonders als Improvisatorin einen Namen gemacht hatte.

Pierutsch (wien.), s. Barutsche.

Pieschen, Dorf in der sächs. Kreishauptmannschaft Dresden, Amtshauptmannschaft Dresden-Neustadt, nördlich bei Dresden, an der Elbe, hat Malz-, Flußstahl- und Nähmaschinenfabrikation, Möbeltischlerei, Gärtnerei, Weinbau und (1885) 7951 Einw.