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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Polarmeer; Polarnacht; Polarstern; Polarstrom; Polartag; Polaruhr; Polarzonen; Polder; Poldermühle

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Polarmeer - Poldermühle.

W. abgelenkt und ein Strom in den Telegraphendrähten hervorgerufen, der sich in der That auch als eine Störung kenntlich macht. 1878 hat Edlund in Stockholm die Erklärung der Polarlichter sowie die Erklärung aller elektrischen Erscheinungen im Luftkreis auf die von Faraday entdeckte sogen. unipolare Induktion und zwar in folgender (auf die Erde angewandter) Weise reduziert. Läßt man einen Magnet (Erde) mit einer gut leitenden Umhüllung (Erdkruste) rotieren, und verbindet man dabei einen dem Pol benachbarten Punkt dieser Umhüllung (also in der Polarzone) durch einen Leiter (Atmosphäre) mit einem andern Punkte der Umhüllung in der Nähe der Mitte zwischen beiden Polen (in der Äquatorialzone), so entsteht während der Rotation ein elektrischer Strom zwischen den beiden Zonen, dessen Richtung und Intensität von Richtung und Geschwindigkeit der Rotation abhängen. Da nun die Atmosphäre in ihren untern Schichten im allgemeinen ein schlechter, in ihren obern aber ein guter Leiter ist, welcher den elektrischen Kreislauf zwischen der Äquatorialzone und den beiden Polarzonen schließt, so ist nun der elektrische Stromverlauf auf der Erde folgender. In allen Zonen zwischen dem Äquator und den beiden Polarzonen findet ein Aufsteigen der positiven Elektrizität statt, welches am Äquator am stärksten ist, aber immer schwächer wird, je mehr man sich den Polen nähert, und in deren Nähe ganz aufhört. Die in die Höhe getriebenen Mengen von positiver Elektrizität sind noch einer Tangentialkraft unterworfen, welche am Äquator und an den Polen gleich Null ist und zwischen beiden ihren größten Wert erreicht. Auf der nördlichen Halbkugel ist die Tangentialkraft nach Norden, auf der südlichen Halbkugel nach Süden gerichtet, und deshalb wird die in die Höhe gestiegene positive Elektrizität in den obern Luftschichten nach den Polen zu abfließen. Die geringe Leitungsfähigkeit der Luft setzt der Ausgleichung dieser positiven Elektrizität mit der durch Influenz auf der Erdoberfläche hervorgerufenen negativen Elektrizität einen Widerstand entgegen, so daß die Ausgleichung nur dann erfolgen kann, wenn eine gewisse elektrische Spannung erreicht ist, und zwar entweder durch Entladungsschläge, d. h. Gewitter, oder durch kontinuierliche Ströme, d. h. Polarlichter. Das Erglühen der Luft durch die elektrischen Rückströmungen aus den höhern Luftschichten nach der Erdoberfläche erfolgt nach dieser Theorie (analog wie in den Geißlerschen Röhren) in der Regel nur in den höhern dünnern Luftschichten, während der Durchgang durch die untern Schichten im allgemeinen lichtlos stattzufinden scheint. 1885 hat Unterweger das P. durch die Bewegung des Sonnensystems im Weltraum zu erklären versucht, indem durch Kompressen des Weltäthers an der Stirnseite der Weltkörper und durch Verdünnung desselben an der Rückenseite Differenzen der elektrischen Spannung in den Atmosphären entstehen, welche die uns wahrnehmbaren elektrischen Erscheinungen, zu denen auch das P. gehört, hervorrufen. 1882 ist es Lemström aus Helsingfors gelungen, durch geeignete elektrische Armierung von Berggipfeln Lichtsäulen bis zu ansehnlicher Höhe über diesen Gipfeln hervorzurufen, welche sowohl ihrem äußern Anschein nach als auch in Bezug auf die charakteristischen Eigenschaften mit den Polarlichtern übereinstimmten. Diese Versuche wurden im nördlichen Finnland auf zwei Bergen von 800 und 1100 m Höhe ausgeführt und bestanden darin, daß die betreffenden Hochflächen mit einem Netz von Kupferdrähten, die mit nach oben gerichteten Spitzen versehen und gegen den Erdboden isoliert waren, überzogen wurden. Das Drahtnetz wurde durch einen gegen die Erde isolierten Draht am Fuß des Bergs mittels einer Zinkplatte mit einer tiefern, Wasser führenden Erdschicht verbunden. Sobald die Verbindung hergestellt war, wurden unaufhörlich elektrische Ströme von schwankender Intensität in der Drahtleitung beobachtet, der positive Strom war von der Atmosphäre nach der Erde zu gerichtet. Gleichzeitig erhob sich über den Spitzen des Drahtnetzes ein gelblichweißes Leuchten, welches die charakteristische Polarlichtlinie im Spektroskop zeigte, und über einer der beiden Bergspitzen wurde sogar ein Polarlichtstrahl von 120 m Länge beobachtet. Vgl. Capron, Aurorae, their characters and spectra (Lond. 1879); Fritz, Das P. (Leipz. 1881).

Polarmeer, s. Eismeer.

Polarnacht, in den kalten Zonen die Zeit, in welcher die Sonne länger als 24 Stunden gänzlich verschwindet und nicht über den Horizont steigt.

Polarstern, Bezeichnung für einen größern Fixstern, der dem Weltpol so nahe steht, daß er bei der täglichen Rotation des Himmelsgewölbes seinen Ort am Himmel nicht zu verändern scheint. Da die Weltpole am Himmel nicht unveränderlich sind, sondern infolge der Präzession (s. d.) in Zeit von ungefähr 26,000 Jahren um die Pole der Ekliptik Kreise von ungefähr 23½° Halbmesser beschreiben, so wird jeder in der Nähe eines dieser Kreise gelegene Stern einmal P. Gegenwärtig ist der Stern zweiter Größe α im Kleinen Bären oder Cynosura P. auf der nördlichen Halbkugel (Nordpolar- oder Nordstern). Sein Abstand vom Pol beträgt für den Anfang des Jahrs 1889: 1° 16' 48'', und er nähert sich dem Pol gegenwärtig um 19,8'' jährlich. Am nächsten wird er dem Pol um das Jahr 2100 sein, wo sein Abstand nur noch 28'' betragen wird; von da entfernt er sich wieder vom Pol und hört endlich auf, P. zu sein. Von 4100 an wird γ im Cepheus, nachher α im Cepheus, später Deneb im Schwan, um 14,000 n. Chr. aber Atair in der Leier P. sein. Auf der südlichen Halbkugel steht kein größerer Stern in der Nähe des Pols; der Stern dritter Größe β in der Kleinen Wasserschlange, der bisweilen als südlicher P. bezeichnet wird, verdient diesen Namen nicht, da er gegen 11° vom Pol absteht. Der P. ist für die Orientierung am Himmel von großer Wichtigkeit.

Polarstrom, eine von den Polen gegen den Äquator gerichtete Strömung, z. B. eine derartige Meeresströmung (vgl. Atlantischer Ozean) oder eine Luftströmung (s. Wind).

Polartag, der Gegensatz der Polarnacht (s. d.).

Polaruhr, s. Polarisationsapparate, S. 167.

Polarzonen (kalte Zonen), die innerhalb der Polarkreise (s. d.) gelegenen Zonen der Erde.

Polder (Kooge), in Holland und den flachen Küstenniederungen Deutschlands an der Nordsee Strecken des Marschlandes, welche ringsum mit Dämmen in Form unregelmäßiger Vierecke eingefaßt und so gegen die andringenden Meeresfluten geschützt sind. Vor der Eindeichung wird ein solches Stück Land Helder genannt. Ein P. umfaßt in der Regel eine Gemeinde, die aber mehr durch gemeinsame Gefahr als durch gemeinsamen Besitz verbunden ist. Die Wohnungen liegen zerstreut und sind, wie auch die Felder, von tiefen Wassergräben umgeben.

Poldermühle, holländ. Wasserhebungsmaschine, welche durch den Wind in Bewegung gesetzt wird, besteht aus einer Spindel, an welcher ein hölzerner Trichter oder ein umgekehrter Kegel befestigt ist. An