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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Privat - Privy Council.

seum. Es ist Sitz des Präfekten, eines Assisenhofs und eines reformierten Konsistoriums.

Privāt (lat.), was dem öffentlichen Leben entgegengesetzt ist und nur auf jemand persönlich Bezug hat oder in dessen Haus vorgeht; auch: im Eigentum des Einzelnen befindlich (z. B. Privatbahn gegenüber der Staatsbahn), den Einzelnen betreffend (z. B. Privatkredit, Privatwirtschaft, als die von Einzelnen in ihrem Sonderinteresse geführte Wirtschaft im Gegensatz zur öffentlichen oder Gemeinwirtschaft, der Staatswirtschaft, der Wirtschaft von Gemeinden etc.; dagegen Privatpapiergeld, das nicht vom Staat ausgegebene Papiergeld, z. B. das frühere Papiergeld privilegierter Eisenbahngesellschaften).

Privāta (lat.), s. Privatier.

Privatakten (lat.), s. v. w. Manualakten.

Privatautonomie, s. Autonomie, S. 173.

Privatdozént (lat.), auf Universitäten ein Lehrer, der innerhalb seiner Fakultät Kollegien lesen darf, ohne als öffentlicher Lehrer wirklich angestellt und besoldet zu sein. Das Recht, als P. aufzutreten, erwirbt ein Gelehrter durch besondern Befähigungsnachweis, den er unter Beobachtung vorgeschriebener Formen bei der zuständigen Fakultät zu führen hat (Habilitation, s. d.). Als Privatdozent pflegen zumeist junge Gelehrte aufzutreten, die sich für die akademische Laufbahn entschieden haben. Oft bekleiden dieselben zugleich ein akademisches Hilfsamt als Assistenten an wissenschaftlichen Anstalten, Sammlungen, Bibliotheken, als Repetenten in theologischen Stiftern, Prosektoren in Anatomien etc. Seltener ist es, daß selbständige Beamte, wie Geistliche, Richter, Ärzte, Lehrer, einer Universitätsstadt sich nebenher als Privatdozenten habilitieren. Solche Privatdozenten, die sich in ihrer akademischen Thätigkeit bewährt haben, ohne doch in eine ordentliche Professorstelle aufrücken zu können, erhalten oft Titel und Rang der außerordentlichen Professoren (s. Professor) und als solche Gehalt oder Remuneration vom Staat.

Privatfürstenrecht, das besondere Familien- und Erbrecht der landesherrlichen und ehemals reichsständischen (hochadligen) Geschlechter in Deutschland, zumeist auf den Hausgesetzen (s. d.) derselben beruhend. Die Vorschriften über die Thronfolge in den regierenden Häusern sind in den Verfassungsurkunden enthalten; sie sind nicht Gegenstand des Privatfürstenrechts. Vgl. Heffter, Sonderrechte der souveränen Häuser Deutschlands (Berl. 1871); Schulze, Hausgesetze der regierenden deutschen Fürstenhäuser (Jena 1862-81, 3 Bde.).

Privatgerichtsbarkeit, s. Patrimonialgerichtsbarkeit.

Privatier (spr. -watjeh, unfranz. für homme privé; lat. Privatus), Privatmann; oft s. v. w. Partikulier, Rentier; weibl. Form Privatière (lat. Privata).

Privātim (lat.), besonders, insgeheim; privatissime, ganz geheim.

Privation (lat.), Beraubung, Entziehung; privativ, beraubend, ausschließend; Alpha privativum, s. "A".

Privatisieren (neulat.), als Privatmann, d. h. amt- oder stellenlos, leben.

Privatissĭmum (sc. collegium, lat.), auf Universitäten ein Kollegium, welches ein Professor nur für wenige Zuhörer und zumeist in seiner Privatwohnung liest (vgl. Kollegium).

Privatklage (Privatanklage), im Strafprozeß der Antrag, welcher von dem durch ein Vergehen Verletzten auf Untersuchung und Bestrafung gegen den Schuldigen bei Gericht gestellt wird. Der Regel nach liegt nämlich die Verfolgung einer jeden strafbaren Handlung mittels öffentlicher Klage der Staatsanwaltschaft ob (s. Klage, S. 803); nur bei Beleidigungen u. Körperverletzungen, soweit hier eine Bestrafung auf Antrag eintritt, kann nach der deutschen Strafprozeßordnung der Verletzte oder der an seiner Stelle zum Strafantrag Berechtigt (s. Antragsverbrechen) im Weg der P. (als Privatkläger) die Einleitung des strafrechtlichen Verfahrens, in welchem ihm alsdann dieselben Rechtsmittel wie der Staatsanwaltschaft bei der öffentlichen Klage zustehen, herbeiführen. Nur wenn es im öffentlichen Interesse liegt, wird nach dem Ermessen der Staatsanwaltschaft auch bei derartigen Beleidigungen und Körperverletzungen die öffentliche Klage angestrengt, welcher sich jedoch der Verletzte als Nebenkläger anschließen darf. Ebenso ist demjenigen, welcher die Zuerkennung einer Buße beanspruchen kann, die Erhebung der Nebenklage neben der öffentlichen Klage des Staatsanwalts gestattet. Dagegen ist das Institut der sogen. subsidiären P., d. h. der Befugnis des Verletzten, als Privatkläger vor Gericht aufzutreten, wenn die Staatsanwaltschaft die Erhebung der öffentlichen Klage ablehnt, obwohl von dem deutschen Juristentag empfohlen und ursprünglich auch in den Entwurf der deutschen Strafprozeßordnung mit aufgenommen, nicht zum Gesetz erhoben, und damit ist das sogen. Anklagemonopol der Staatsanwaltschaft im wesentlichen aufrecht erhalten worden. Vgl. Deutsche Strafprozeßordnung, § 414-446.

Privatperson, Person, welche kein öffentliches Amt bekleidet.

Privatrecht (Jus privatum), im objektiven Sinn der Inbegriff derjenigen erzwingbaren Satzungen, welche sich auf solche Lebensverhältnisse beziehen, in denen der Mensch als Einzelner seinen Mitmenschen als Einzelnen gegenübersteht; im Gegensatz zum öffentlichen Recht (Jus publicum), welches die Verhältnisse zwischen den Einzelnen und dem Staat und seinen Gliederungen regelt. Im subjektiven Sinn ist ein P. diejenige Befugnis des Einzelnen, welche unter staatlichem Schutz steht und erzwingbar ist, von der jedoch der Berechtigt nach seinem Belieben Gebrauch machen kann oder nicht (s. Recht). Diejenigen Rechtsnormen, welche bei der Beurteilung von Rechtsverhältnissen maßgebend sind, die in einem andern Staats- oder Rechtsgebiet entstanden als in demjenigen, wo sie zum Gegenstand einer rechtlichen Entscheidung werden, bezeichnet man als internationales P. oder als die Rechtsgrundsätze über die Kollision der Statuten (s. Kollision).

Privet (spr. -weh, mittellat. Privatum, franz. Privé), geheimes Gemach; Abtritt (s. d.).

Privilegĭum (lat.), Gesetz oder Anordnung, wodurch einer einzelnen Person oder einer einzelnen Klasse von Staatsbürgern gewisse Vor- oder Sonderrechte (Privilegien) eingeräumt werden; daher privilegierte Stände, mit solchen Vorrechten ausgestattete Stände. In der Neuzeit hat man das Privilegienwesen als unvereinbar mit der vom Rechtsstaat geforderten gleichen Berechtigung aller Staatsbürger möglichst beseitigt. P. de non appellando und P. de non evocando, s. Jus etc.

Privitz (ung. Privigye), Stadt im ungar. Komitat Neutra, mit Piaristenkloster, (1881) 2858 slaw. Einwohnern, Bezirksgericht und Untergymnasium. In der Nähe (3 km) das Schwefelbad Bajmócz (40° C.) mit altem Schloß.

Privy Council (engl., spr. priwwi kaunssil), s. Council und Großbritannien, S. 778.