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                    Providenz – Provinzialfinanzen
                
	
	Provins (spr. -wäng). 1) Südöstlichstes Arrondissement im franz. 
	Depart. Seine-et-Marne, hat auf 1215,08 qkm (1891) 51990 E., 5 Kantone und 101 Gemeinden. – 
	
	
	2) Hauptstadt des Arrondissements P. und früher von Niederbrie, an der Voulzie, an der Zweiglinie Longueville-P. (7 km) 
	der Ostbahn, besteht aus der untern, weniger alten und der am steilen Hügel 200 m emporsteigenden obern Stadt, ist von Mauern umgeben, hat (1891) 
	7030, als Gemeinde 8340 E., in Garnison das 7. Dragonerregiment, einen Gerichtshof erster Instanz, ein Handelsgericht, eine Ackerbaukammer; eine 
	eisenhaltige Mineralquelle, Baum- und berühmte Rosenzucht und Handel mit Getreide, Wolle, Kalk, lackiertem Leder u.a. Die Unterstadt enthält die Kirche 
	Ste. Croix aus dem 13., 15. u. 16. Jahrh., die got. Kirche St. Ayoul (12. bis 16. Jahrh.), den Turm Notre-Dame du Val, die Unterpräfektur in einem alten 
	Benediktinerkloster, das Hôtel-Dieu, teilweise aus dem 13. Jahrh., eine Wallpromenade mit dem Denkmal der 1870/71 Gefallenen, das Hôpital Général in 
	einem Kloster aus dem 13. Jahrh. und einen öffentlichen Garten mit der die Bibliothek und das Museum enthaltenden Villa Garnier. In der enggebauten 
	Oberstadt sind die alte Kirche St. Quiriace mit moderner Kuppel, daneben der Donjon des 12. Jahrh., das College im ehemaligen Palais der Grafen von 
	Champagne u.a. – P. (lat. Pruvinum) war im Mittelalter unter den Grafen von Champagne sehr wichtig, kam 1433 an die 
	Krone und verfiel in den Religionskriegen.
	
 
	Provinz (lat. provincia), ursprünglich nach röm. Staatsrecht der einem Magistrat zugeteilte 
	Amtsbereich, namentlich auch das Kommando in einem bestimmten Kriege. Dann wird der Begriff übertragen auf ein Rom unterworfenes, von Rom aus, 
	gewöhnlich durch den erobernden Feldherrn und eine Senatskommission, geordnetes (forma provinciae) und 
	verwaltetes Land. Die erste P. in diesem Sinne war, seit 241 v.Chr., Sicilien. Für die Verwaltung der P. wurden anfänglich eigene Prätoren erwählt, später traten 
	für sie Proprätoren und Prokonsuln (s.d.) ein. Der Grund und Boden der P. wurde, soweit er nicht Eigentum der privilegierten Städte war, 
	für steuerpflichtiges Staatseigentum (ager publicus) erklärt. Er unterschied sich dadurch bestimmt von dem durchaus 
	steuerfreien Boden des Herrenlandes Italien. Innerhalb der P. bestanden Steuerbezirke und Gerichtssprengel (conventus). 
	Die Einzelverwaltung beruhte auf städtischem System. Vertreter aus der ganzen P. versammelten sich in einzelnen P. schon unter der Republik in einem 
	Provinziallandtage (communia, grch. koiná) 
	zur gemeinsamen Beratung über Provinzialangelegenheiten. systematisch durchgeführt und mit dem Kaiserkult verbunden wurde aber diese Institution erst in 
	der Kaiserzeit. Die Oberbehörde für Rechenschaftsablage der Statthalter, Beschwerden der Provinzialen u.s.w. war der Senat.
	
	Die Monarchie verbesserte das Los der von den republikanischen Beamten arg ausgesogenen P. und begann schon seit Augustus die Sonderstellung Italiens 
	mehr und mehr zu nivellieren, bis diese unter Diocletian und Konstantin ganz aufhörte. Durchgängig schuf schon Augustus eine straffere gleichmäßigere 
	Organisation. Alle P. sind der Oberaufsicht des Princeps untergeben. Außerdem wurden 27 v.Chr. die sämtlichen vorhandenen P.  ↔  in speciell 
	kaiserliche und senatorische der Doppelherrschaft des Principats (s. Princeps) entsprechend geteilt. 
	Unter Verwaltung des Senats standen die befriedeten Innenprovinzen; der kaiserl. Verwaltung waren dagegen die des Schutzes bedürftigen, mit ständigen 
	Garnisonen versehenen Außenprovinzen und militärisch wichtigen Innenprovinzen unterstellt. In der Folgezeit haben sich mancherlei Veränderungen in der 
	Verteilung vollzogen; die neu eroberten P. wurden sämtlich kaiserlich. Für die senatorischen P. blieb im ganzen der alte Verwaltungsapparat. Alle Statthalter 
	hießen Prokonsuln, obwohl es eigentlich nur zwei konsularische P. (Asia und Afrika) gab, waren aber Civilbeamte. Bei den kaiserl. Statthaltern, den vom Kaiser 
	ernannten legati Augusti pro praetore, überwiegt der militär. Charakter. Außerdem sandte der Kaiser in bestimmte P., die 
	die unmittelbarste kaiserl. Aufsicht forderten (Hausprovinzen, wie Judäa, die Alpenprovinzen), seine Hausbeamten 
	(procuratores). Auch sie trugen Offizierscharakter. In der spätern Kaiserzeit wirkt wachsend die Tendenz, die P. zu 
	verkleinern. Sie gelangt zum Abschluß mit der letzten großen Reform der Verwaltung der römischen P. unter Diocletian und Konstantin, nach der es, statt der 
	45 P. unter Trajan, deren 110 gab. Die Trennung der senatorischen und kaiserlichen P. hört auf, alle Statthalter werden Civilbeamte. Das Reich zerfällt (mit 
	Ausnahme von Rom und Konstantinopel) in vier große Generalstatthalterschaften, die den vier praefecti praetorio 
	unterstehen. Die eigentlichen Provinzialstatthalter heißen praesides und 
	correctores, für wichtige größere Gebiete auch vicarii und 
	comites.
	
	
	In neuerer Zeit bezeichnet man als P. die verschiedenen Teile eines Staatsganzen, namentlich wenn, wie im Königreich Preußen, bei dieser Einteilung die 
	Eigenart der Länder und der Bevölkerung, sowie ihr früherer geschichtlicher Zustand Berücksichtigung gefunden hat. In Frankreich behauptete sich, trotz aller 
	von Richelieu und mehr noch von Ludwig XIV. gegen die Provinzialfreiheiten geführten Streiche, ein ähnliches System selbst während des 18. Jahrh., bis die 
	Revolution und das erste Kaiserreich den centralistischen Gedanken rücksichtslos durchführten.
	
 
	Provinziāl (lat.), in der kath. Kirche der Vorgesetzte der zu demselben Orden gehörenden Klöster in einem 
	größern Bezirke (Provinz). Er steht unter dem Ordensgeneral und führt bei dem Provinzialkapitel den Vorsitz. 
	(S. Orden, geistliche.)
 
	Provinzialfinanzen und Provinzialsteuern. Die Ausgaben der Provinzen betreffen die provinzialen 
	Anstalten für Kunst und Wissenschaft (Archive, Museen u.s.w.), für Wohlthätigkeitszwecke (Armenversorgung, Blinden- und Irrenhäuser u.s.w.), Wegebau, 
	Landesverbesserung u.s.w. Für die Deckung dieser Ausgaben kommen außer den Gebühren, den Erträgen von Vermögens- und Grundbesitz und gewissen 
	Aufwandsteuern vorzugsweise Zuschläge zu direkten Staatssteuern in Betracht. In Holland z.B. werden Zuschläge zur 
	Grund- und Personalsteuer, in Frankreich Zuschläge zur Grund-, Personal- und Mobiliar-, Thür- und Fenster- und Patentsteuer erhoben, deren Höchstbetrag im 
	jährlichen Staatshaushaltsetat festgestellt
Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 482.