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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Reichsämter - Reichsbank (Deutsche)

verantwortliche Stellvertreter des Reichskanzlers (Auswärtiges Amt, Reichsmarineamt, Reichspostamt, Reichsschatzamt, Reichsjustizamt, Reichsamt für die Verwaltung der Reichseisenbahnen). Auf Grund dieser Entwicklung wurde schließlich der Rest des ursprünglichen Reichskanzleramtes in ein R. d. I. umgestaltet, das, verwaltungsrechtlich den übrigen obersten Reichsämtern gleichstehend, in zwei Abteilungen, einer allgemeinen und einer Gewerbeabteilung, seine Angelegenheiten bearbeitet. Ressortbehörden sind: Centraldirektion der Monumenta Germaniae historica, Reichskommissar für das Auswanderungswesen, Reichsschulkommission, technische Kommission für Seeschiffahrt, Kommission für Arbeiterstatistik, Reichsprüfungsinspektoren, Schiffsvermessungsamt, Oberseeamt und Seeämter, Bundesamt für Heimatswesen, Disciplinarbehörden, Statistisches Amt, Reichsnormalaichungskommission, Gesundheitsamt, Patentamt, Reichsversicherungsamt, physik.-technische Reichsanstalt, Kanalkommission und Bauämter für den Nordostseekanal, Reichstagsbaukommission und -Verwaltung.

Reichsämter, s. Erzämter, Reichsbeamte und Reichsbehörden. In einem engern Sinne versteht man unter R. die Centralstellen des Deutschen Reichs, an deren Spitze Staatssekretäre stehen (s. Reichsamt des Innern). – R. war früher auch soviel wie Erblandeshofämter (s. d.).

Reichsamt für die Verwaltung der Reichseisenbahnen, s. Eisenbahnbehörden (Bd. 5, S. 845 a).

Reichsangehörigkeit, s. Indigenat und Staatsangehörigkeit.

Reichsanleihen, Deutsche, die vom Deutschen Reich aufgenommenen verzinslichen Anleihen. Sie zerfallen in die 4-, 3½- und 3prozentige Reichsanleihe. Von 4prozentigen R. sind 450 Mill. M. successive (zuletzt 1885) in Schuldscheinstücken von A 5000, B 2000, C 1000, D 500 und E 200 M. teils vermittelst Konsortien, teils freihändig ausgegeben worden. Das Reich behielt sich das Recht vor, die Schuldverschreibungen zur Einlösung binnen einer gesetzlich festzustellenden Frist zu kündigen; Tilgung kann auch durch Ankauf ausschließlich nach Belieben des Reichs erfolgen. Kurs in Berlin Ende 1877‒94: 94,75, 95, 97,80, 100,20, 100,90, 101,30, 101,90, 103,70, 104,40, 106, 107,20, 108,25, 107,40, 105,30, 105,90, 100,80, 106,80, 106 Proz. Die 3½ prozentige Reichsanleihe wurde ebenfalls successive teils durch Konsortien, teils freihändig in den Verkehr gebracht. Die Stücke lauten aus die gleichen Nennwerte wie die 4prozentige Reichsanleihe, und auch die Bestimmungen über die Tilgung sind die gleichen. Gesamtbetrag derselben Ende 1893: 769 Mill. M. Nominalwert. Kurs Ende 1887‒94 in Berlin: 100,20, 103,40, 103,10, 98, 98,90, 99,80, 100,80, 104,60 Proz. Die 3prozentige Reichsanleihe wurde seit 1888 teils durch Konsortien begeben, teils direkt vom Reich zur Subskription aufgelegt. Ende 1893 waren von diesem Typus 790 Mill. M. im Umlauf. Die 3prozentige Reichsanleihe wird auch in Amsterdam, Brüssel und London gehandelt. Kurs in Berlin Ende 1891‒94: 85,25, 86,20, 86,10, 95,70 Proz. (S. auch Deutschland und Deutsches Reich, Bd. 5, S. 153 fg.)

Reichsanstalt, Physikalisch-Technische, s. Physikalisch-Technische Reichsanstalt.

Reichsanwalt. Das Amt der Staatsanwaltschaft bei dem Reichsgericht wird nach §. 143 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes vom 27. Jan. 1877 durch einen Oberreichsanwalt (s. d.) und durch einen oder mehrere (seit Errichtung eines Ⅳ. Strafsenats beim Reichsgericht vier) R. ausgeübt. Das Recht der Aufsicht und Leitung steht nach §. 148 1 hinsichtlich des Oberreichsanwalts und der R. dem Reichskanzler zu. Dieselben sind nichtrichterliche Beamte, müssen jedoch zum Richteramt befähigt sein (§. 149). Der Oberreichsanwalt und die R. werden auf Vorschlag des Bundesrats vom Kaiser ernannt. Dieselben können durch kaiserl. Verfügung jederzeit mit Gewährung des gesetzlichen Wartegeldes einstweilig in den Ruhestand versetzt werden (§. 150). Die R. beziehen mit den Mitgliedern des Reichsgerichts gleiches Gehalt (12000 M.). (S. Staatsanwaltschaft.)

Reichsanzeiger, s. Deutscher Reichsanzeiger und Königlich Preußischer Staatsanzeiger.

Reichsapfel, das aus einer mit einem Kreuz versehenen Kugel bestehende Reichskleinod, das Kaiser und Könige im Krönungsornat in der Linken zu führen pflegen, während die Rechte das Scepter hält. Schon auf einer Münze des Kaisers Augustus sind drei Kugeln dargestellt, mit ASI., AFR. und EVR. bezeichnet, also mit den damals bekannten drei Weltteilen. Auf spätern röm. Münzen kommt diese Kugel oft vor, teils mit einem Steuerruder oder Füllhorn, unter den Füßen des Adlers, später, mit der Siegesgöttin (Nike) geziert, in der Hand der Kaiser. Die Siegesgöttin wurde durch das christl. Kreuz verdrängt; mit diesem ging die Kugel auf die römisch-deutschen Kaiser über. Der R. wurde bei feierlichen Gelegenheiten dem Herrscher von einem eigenen Beamten, dem Truchseß (s. Erzämter), vorangetragen. (S. Tafel: Insignien, Fig. 2.)

Reichsarchive, Archive, die die von dem ehemaligen Deutschen Reiche ausgegangenen oder sonst auf dasselbe bezüglichen Urkunden und Akten enthalten. Die reichshofrätliche Registratur in Wien wurde 1851, das früher in Mainz, dann in Frankfurt verwahrte erzkanzlerische Archiv 1854 mit dem Geheimen Haus-, Hof- und Staatsarchiv in Wien vereinigt; das Archiv des Reichskammergerichts in Wetzlar ist unter die betreffenden Staaten verteilt. Dazu kommt noch das Reichstags-Direktorialarchiv zu Regensburg. Das bayr. Staatsarchiv führt auch die Bezeichnung Reichsarchiv. Die Ordnung und Aufbewahrung der auf das neue Deutsche Reich bezüglichen archivalischen Urkunden geschieht unter Leitung von Beamten des preuß. Staatsarchivs.

Reichsarmee, die Armee des ehemaligen Deutschen Reichs (s. Deutsches Heerwesen, Bd. 5, S. 62 fg.). In die Deutsche Reichsverfassung vom 16. April 1871 ist die Bezeichnung R. nicht aufgenommen.

Reichsbank, Deutsche, auf Grund des Bankgesetzes vom 14. März 1875 errichtetes Bankinstitut, das gemäß §. 1 des Statuts vom 21. Mai 1875 am 1. Jan. 1876 im ganzen Deutschen Reiche in Wirksamkeit getreten ist. Die R. ist aus der vormaligen Preußischen Bank hervorgegangen, deren Organisation sie im wesentlichen beibehalten hat. Diese durch Edikt vom 17. Juni 1765 errichtete Königl. Giro-und Lehnbank in Berlin war ursprünglich eine reine Staatsbank und wurde erst durch Bankordnung vom 5. Okt. 1846 als Preußische Bank mit Privatkapital (neben dem Einschusse des Staates) unter Staatsverwaltung reorganisiert, deren Aktienkapital ursprünglich 10 Mill., zuletzt 20 Mill. Thlr. in 20000 Anteilen zu 1000 Thlrn. betrug. Bei Auflösung der Preußischen Bank wurden diese Anteile einfach gegen Reichsbankanteile umge- ^[folgende Seite]