Réunion (spr. - ünĭóng), vor der Französischen Revolution und 1814–48
Isle de Bourbon, 1809–14 Isle Bonaparte genannt, südlichste der bei Afrika im Indischen
Ocean gelegenen Maskarenen, unter 55° 36' östl. L. und 21° südl. Br., im SW. von Mauritius, 560 km östlich von Madagaskar, hat ein Areal von 1980 qkm und elliptische
Form mit 62 km Durchmesser. (S. die Nebenkarte zur Karte Madagaskar.)
Die Insel ist vulkanischen Ursprungs, wird von SO. nach NW. von einer Gebirgskette durchzogen und so in zwei an Formation und Produktion verschiedene Teile geteilt.
Im N. erheben sich auf dem 1500 m hohen Plateau der erloschene Vulkan Gros-Morne, der Pic de Chicots (2278 m) und der Grand-Bénard (2895 m). In der Mitte steigt
der Piton des Neiges zu 3069 m auf. Im SO. liegt der noch immer thätige Volcan oder Piton de la Fournaise (2625 m), welcher etwa den fünften Teil der Insel einnimmt. Er
hat durch Lavaströme die Umgebungen, 44 km weit bis zur Küste, in eine traurige Öde (Pays brûlé) verwandelt. Diesen Strich nebst
einigen Sand- und Steinwüsten an der Küste ausgenommen, ist der Boden überaus fruchtbar. Die Küsten sind von Klippen umgeben. R. hat 16 Flüsse, aber keinen
schiffbaren, und zwei warme Quellen. Das Klima ist im allgemeinen mild und gesund. Alle Produkte, die Arabien, der Asiatische Archipel und das südl. Europa erzeugen,
gedeihen auch hier.
Die Flora, am nächsten mit der von Mauritius (s. d.) verwandt, ist durch die Entfaltung größerer und höherer
Gebirge noch reicher. Ein Charakterbaum mit unverwüstlichem Holz ist Imbricaria petiolaris
DC. Ein Gürtel niederer Bambusen schließt bei 1300 m den Tropenwald ab, dann folgt Gras- und Buschland. Die Zahl der
Farnarten, in allen feuchten Bergregionen der oceanischen Inseln groß, beträgt hier 240.
Die Tierwelt ist nicht sehr reich. Es giebt außer Fledermäusen keine einheimischen Säugetiere sowie keine Schlangen, aber wohl
einige Arten Schildkröten und Eidechsen, auch eine Anzahl besonderer Landvögel kommen vor oder kamen früher vor, sind indessen vom Menschen ausgerottet, so der
Dodo (Didus apterornis Schlegel), ein blaues Wasserhuhn
(Porphyrio coerulescens Schlegel) von ansehnlicher Größe, eine nicht näher gekannte
riesenhafte Ralle, ein starartiger Vogel, der Tinouch (Fregilupus varius Boddaert)
genannt, und endlich ein Papagei, der Larteau (Palaeornis eques Rody). Von niedern
Tieren, die hauptsächlich den Charakter der Madagaskarfauna ausweisen, scheinen besonders Spinnen häufig zu sein.
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Die Bevölkerung beträgt (1892) 171731, darunter 23161 ind. Kuli, 5617 Madagassen, 9769 Afrikaner und 412 Chinesen. Das
wichtigste Erzeugnis ist Zucker, der namentlich seit 1818 in steigender Menge angebaut wird, ferner Kaffee, Kakao, Vanille, Gewürznelken, Tabak, Gummi, Oliven- und
Kokosöl, Farbe- und Tischlerhölzer, Mais, Maniok, Bataten u.s.w. 1891 betrug die Ausfuhr einheimischer Waren 15,8 Mill. Frs., die
Einfuhr 22,2 Mill. Frs. Zucker wurden (1892) 38402 t exportiert. Der Viehbestand ist nicht bedeutend. Eisenbahn (126 km) führt von
Pointe-des-Galets nach St. Benoit und nach St. Pierre. Hauptort, Sitz des Gouvernements und eines Bischofs, ist St. Denis auf der
Nordwestküste an der Rivière de St. Denis, mit 36000 E., meist franz. Kreolen, einem Gerichtshofe, Lyceum, theol. Seminar, Bibliothek, botan. Garten, Kaserne, Stadthaus,
Bank, Museum, Militärhospital, Theater, mehrern wissenschaftlichen Vereinen und einer allen Winden ausgesetzten Reede. Einen bessern Ankerplatz hat das 15 km
südlichere Saint Paul, die erste Niederlassung der Franzosen auf der Insel, mit (1885) 28691 E., Schwurgericht, geistlichem College
und Eisengießerei für die Marine. Saint Pierre hat (1885) 27359 E., liegt an der Südküste und an der Mündung der Rivière d'Abord,
besitzt künstliche Hafenbauten, denen sie ihren Wert verdankt. Salazie, ein aufblühender Ort im Innern, hat warme
Mineralquellen und gesundes Klima für die an tropischen Krankheiten Leidenden.
R. wurde nebst Mauritius 1505 von dem Portugiesen Mascarenhas entdeckt. Von Madagaskar aus ergriff Flaccourt 1649 Besitz von der Insel und nannte sie Bourbon.
Eine franz. Niederlassung, 1651 entstanden, überließ Ludwig XIV. 1664 an die Ostindische Compagnie. Sehr blühte R. auf unter Labourdonnaye, der 1735–46 Gouverneur
der Maskarenen war, und eine zweite Entwicklungsepoche begann, als der Intendant Poivre 1770 aus den Molukken Gewürze hierher verpflanzte. Am 8. Juli 1810 nötigte
der engl. Admiral Abercromby den Gouverneur von R. zur Kapitulation, und England gab die Insel erst 1815 wieder zurück. Bis 1848 bestand Sklaverei. – Vgl. Drasche, Die
Insel R. (Wien 1877); Keller, Natur- und Volksleben der Insel R. (Bas. 1888).
Rëunionskammern, die von Ludwig XIV. 1679–80 zu Metz, Breisach und Besançon errichteten besondern Gerichte,
die nicht nur untersuchten, welche Territorien vormals irgendwann und irgendwie mit seinen durch den Westfälischen und Nimweger Frieden neu erworbenen Ländern
in Verbindung gestanden hätten, sondern ihm auch diese Territorien förmlich zusprachen. Dies jurist. Verfahren, wofür man die Bezeichnung
réunion, d. h. Wiedervereinigung, gebrauchte, hatte, scheint es, ein Parlamentsrat (Oberstaatsanwalt) zu Metz, Roland de Ravaux,
ausgedacht. Ob die staatsmännische Verantwortung wesentlich auf Louvois (s. d.) oder auf Colbert de Croissy, den Bruder des Finanzministers, fällt,
ist strittig. Auf die Urteile der R. hin nahm man an sechshundert Herrschaften, Städte, Flecken, Dörfer u.s.w., namentlich Zweibrücken, Saarbrücken, Veldenz, Sponheim,
Germersbeim, Mömpelgard u.s.w. im Laufe des nächsten Jahres weg. Auch gegen die span. Niederlande wurde ein gleiches Raubsystem ins Werk gesetzt und namentlich
Luxemburg, Courtray, Chimay
Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 799.