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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Schieferpapier - Schiefner.

schiefer, welcher zur Bereitung von S. benutzt wird, ist meist heller als Braunkohle, läßt sich schon in der Lichtflamme entzünden, brennt mit heller, rußender Flamme, ist thonig oder mergelig und oft sehr dünnschieferig (Papierkohle). Ein vorzüglicher Schiefer findet sich in der Georgsgrube bei Dierdorf (Neuwied) in 50-100 cm mächtiger Schicht unter einem Braunkohlenlager. Blätterschiefer findet sich überhaupt in Menge im Siebengebirge am Rhein, so namentlich bei Linz, Rott, Ödingen, Bonn etc., ferner in Westfalen zu Werthen bei Bielefeld, in Hessen, bei Salzbergen in Hannover, bei Markersdorf, bei Böhmisch-Kamnitz, bei Bruchsal, in Frankreich bei Vouvant in der Vendée und bei Autun, endlich auf der Hebrideninsel Mull. Das S. von Reutlingen wird aus einem dunkelfarbigen Schieferthon mit dünnen Schichten von Mergel oder Kalkstein, in welchem Millionen von Posidonia Bronnii liegen (Posidonienschiefer), gewonnen. Das S. dient zur Beleuchtung und kommt häufig auch unter dem Namen Photogen in den Handel. Vgl. Mineralöle.

Schieferpapier, festes Papier, welches auf beiden Seiten zuerst mit Ölfarbe, nach dem Trocknen und Schleifen mit Leinölfirnis und Kienruß, nach abermaligem Trocknen und Schleifen mit Leinölfirnis, Terpentinöl, Kienruß und Bimssteinpulver angestrichen ist und als Ersatz der Schiefertafeln dient.

Schieferschwarz, s. Thonschiefer.

Schieferspat, s. Kalkspat.

Schieferstifte, s. Griffelschiefer.

Schiefertafeln, Schreibtafeln, durch Spalten und Schleifen aus Thonschiefer in Thüringen, Hessen-Nassau, bei Koblenz und im Harz oder durch Auftragen einer besondern Masse auf Metall- oder Holzplatten, Papier, Leinwand etc. und nachheriges Abschleifen hergestellt. Eine solche Masse besteht entweder aus fein gemahlenem Schiefer oder aus Bimssteinpulver mit Kienruß, mit Leinölfirnis zusammengerieben und mit Terpentinöl verdünnt.

Schieferthon, schieferiger Thon, oft mit Glimmerblättchen und Quarzsand, erdig im Querbruch, weich, mild, meist von grauen, einerseits ins Weiße, anderseits ins Schwärzliche übergehenden Farben, aber auch gelblich, rötlich. Nach der mikroskopischen Untersuchung enthalten die Schieferthone, namentlich die der ältern Formationen, neben klastischem Material häufig auch kristallinisch ausgeschiedene Bestandteile: Mikrolithe (Hornblende), Kaliglimmer, Quarz, Eisenglimmer, Turmalin. In genetischer Hinsicht stehen die Schieferthone zwischen den Thonen und den Thonschiefer und stellen durch den Druck überlagernder Schichten und die Ausscheidung kristallinischer Bestandteile veränderte Thone dar. Die Schieferthone führen häufig Eisenkies, nicht selten thonige Sphärosideritknollen, auch Septarien von Mergelkalk. In den Kohlengebirgen der verschiedenen Formationen (daher Kohlenschiefer) bis in die tertiären vorzüglich häufig, enthalten dieselben oft zahlreiche Pflanzenabdrücke, daher Kräuterschiefer. Von Kohlenwasserstoffen oder Zersetzungsprodukten der organischen Reste durchdrungen und an verkohlten Resten reich, bilden sie Brandschiefer. Bunt gefärbte Varietäten werden als Schieferletten bezeichnet.

Schieferung, eine Gesteinsstruktur, welche durch parallele Anordnung der Gemengteile entsteht und eine leichte Spaltbarkeit nach einer Richtung hervorbringt. Bei geschichteten Gesteinen läuft sie gewöhnlich den Schichtungsflächen parallel. Die transversale oder falsche S. durchschneidet die Schichtung unter einem größern oder kleinern Winkel und kann die Schichtung oder die dieser parallel laufende echte S. so vollkommen verdecken, daß die Richtung derselben nur noch durch etwa vorhandene Wechsellagerung (s. Schichtung) der Gesteine erkannt werden kann. Die Entstehung einer solchen falschen S., welche sich besonders bei Thonschiefer vorfindet und oft große Schichtensysteme in vollkommener Stetigkeit durchzieht, wird auf seitlichen Druck, wobei Druckflächen und Richtung der transversalen S. parallel liegen, zurückgeführt. Tritt wahre und falsche S. gleichzeitig auf, so führt dies zu stängeliger Spaltbarkeit des Gesteins (wie beim Griffelschiefer.)

Schieferweiß, s. Bleiweiß; auch s. v. w. Talk.

Schieferzähne (kantiges Gebiß), die scharfen, rauhen Ränder oder zackigen, scharfen Spitzen, welche an den Backenzähnen bei Pferden infolge unregelmäßiger Abreibung der Zähne stehen bleiben und Verletzungen der Backenschleimhaut und der Zunge herbeiführen können; sie erschweren dann den Tieren das Kauen. Die Beseitigung der S. wird am besten mittels des Zahnmeißels oder Zahnhobels bewirkt.

Schiefes Gesicht, s. Gesichtslähmung.

Schiefe Türme, s. Turm.

Schiefhals (Caput obstipum, Torticollis), fehlerhafte Stellung des Kopfes, bei welcher an der kranken Seite die Gegend des Ohrs dem Schlüsselbein genähert ist, während das Gesicht nach der gesunden Seite zugekehrt, das Kinn etwas nach oben gerichtet ist. Der S. beruht auf einer Verkürzung des Kopfnickers (s. Tafel "Muskeln des Menschen"), welcher von dem Warzenfortsatz hinter der Ohrmuschel zum Schlüsselbein und zum Brustbein schräg nach abwärts verläuft und bei seiner Zusammenziehung die beschriebene Haltung des Kopfes hervorbringt. Die Ursache für den S. kann in einer angebornen Verkürzung des Muskels oder in entzündlicher Narbenschrumpfung oder in krampfhafter Zusammenziehung bei Reizungszuständen des Nervs (Nervus accessorius Willisii) beruhen. Die Behandlung der angebornen oder nach Verletzung und Entzündung entstandenen abnormen Kopfhaltung muß dem Fall angepaßt von einem Chirurgen geleitet werden, da zuweilen die Durchschneidung der Sehne des Kopfnickers notwendig ist. Die auf Nervenkrampf beruhende Form s. unter Nickkrampf.

Schiefheit (Skoliosis), s. Pottsches Übel.

Schiefner, Franz Anton von, hervorragender Sprachforscher und Orientalist, geb. 18. (6.) Juli 1817 zu Reval, studierte 1836-40 auf der Universität zu Petersburg Rechtswissenschaft, dann, seiner Neigung folgend, zu Berlin und seit 1846 wieder in Petersburg Philologie, insbesondere orientalische Sprachen, wirkte längere Zeit als Professor der alten Sprachen an einem Gymnasium zu Petersburg, ward 1852 Mitglied der Akademie daselbst, 1863 auch Bibliothekar derselben und 1866 Wirklicher Staatsrat; starb 16. Nov. 1879 in Petersburg. Seine erste Spezialität bildete die Erforschung der tibetischen Sprache und Litteratur, die namentlich für die Geschichte des Buddhismus von der größten Bedeutung ist. Diesem Gebiet gehört vor allem seine Textausgabe und deutsche Übersetzung von Târanâthas "Geschichte des Buddhismus in Indien" (Petersb. 1868-69) an, ferner seine Übersetzung einer tibetischen Biographie des Buddha (das. 1849) und eine Menge kleinerer von der Petersburger Akademie veröffentlichter Abhandlungen, seine in Böhtlingks "Indischen Sprüchen" enthaltenen Mitteilungen über aus dem Indischen übersetzte tibetische Sprüche etc. Einen zwei-^[folgende Seite]