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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Schmergel; Schmerkraut; Schmerle; Schmerling; Schmerstein; Schmerwurzel; Schmerz

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Schmergel - Schmerz.

Schmergel, Pflanze, s. Chenopodium.

Schmerkraut, s. Pinguicula.

Schmerle (Cobitis L.), Gattung aus der Ordnung der Edelfische und der Familie der Karpfen (Cyprinoidei), Fische mit langgestrecktem Körper, kleinem, bis zur engen Kiemenspalte von einer zusammenhängenden, schuppenlosen Haut überzogenem Kopf, von wulstigen Lippen und Barteln umgebenem Mund, mit zahlreichen spitzigen Zähnen einreihig besetztem Schlundknochen, den Bauchflossen gegenüberstehender Rückenflosse, kurzer Afterflosse und kleinen Schuppen. Der Schlammbeißer (Schlammpitzger, Wetterfisch, Bisgurre, Moorgrundel, Cobitis fossilis L.), bis 30 cm lang, mit sehr gestrecktem, vorn walzenförmigem, hinten komprimiertem, schwärzlichem, gelb und braun gestreiftem, unterseits hellerm, schwarz getüpfeltem, sehr beweglichem und schlüpfrigem Körper, zehn Barteln am Mund und kleinen Flossen, von denen Rücken- und Schwanzflosse schwarzbraun gefleckt sind, findet sich weitverbreitet in Flüssen und Seen Europas mit schlammigem Grund, verbirgt sich winters im Schlamm und, wenn das Wasser austrocknet, auch sommers, da es ihm vermöge eigentümlicher Darmatmung möglich wird, lange außerhalb des Wassers zu leben. Vor Ausbruch eines Gewitters ist er sehr unruhig und wird deshalb als Wetterprophet in Gefangenschaft gehalten. Er nährt sich von allerlei Gewürm, Fischlaich und vermoderten Pflanzenteilen, laicht im April und Mai, pflanzt sich aber nicht sehr stark fort, obgleich die Zahl der Eier 140,000 beträgt. In der Gefangenschaft hält er sich sehr gut. Der Steinpitzger (Dorngrundel, C. taenia L.), 10 cm lang, orangegelb mit schwarzen Flecken und Linien, bewohnt Mitteleuropa von der Ost- und Nordsee bis Dalmatien, von Großbritannien bis Rußland, ist überall seltener als die S., laicht im April bis Juni; sein Fleisch ist wenig geschätzt. Die S. (C. barbatula L., s. Tafel "Fische I", Fig. I), bis 15 cm lang, mit wenig gestrecktem, walzenförmigem Körper und sechs Bartfäden, ist auf dem Rücken dunkelgrün, an den Seiten gelblich, unterseits hellgrau, auf Kopf, Rücken und an den Seiten braunschwarz gefleckt und gestreift, an Rücken-, Schwanz- und Brustflosse gefleckt. Sie findet sich weitverbreitet in Europa, besonders in Sachsen, Brandenburg, Hessen, in der Schweiz und Tirol, in seichten, schnell fließenden Bächen mit sandigem Grund, ruht am Tag unter Steinen verborgen und geht nachts ihrer Nahrung nach, welche aus Würmern, Insekten, Laich und Pflanzenstoffen besteht; sie laicht im März und April, und das Männchen hält bei den in einer Grube abgelegten Eiern Wache. Die Vermehrung ist unter Umständen sehr stark. Sie ist außer dem Wasser äußerst hinfällig. Ihr Fleisch ist sehr wohlschmeckend, wenn es sofort nach dem Tode des Tiers zubereitet wird, und man züchtet sie deshalb in kleinen Wasserlöchern mit beständigem Zu- und Abfluß.

Schmerling, Pilz, s. Boletus.

Schmerling, Anton, Ritter von, österreich. Staatsmann, geb. 23. Aug. 1805 zu Wien, studierte daselbst die Rechte, trat 1829 als Auskultant in den Staatsdienst, ward 1842 zum Rat und 1846 zum Appellationsrat ernannt. Da er sich schon bei den niederösterreichischen Ständen, denen er durch seine Geburt angehörte, durch freisinnige und geschickte Vertretung der Interessen des Bürger- und Bauernstandes ausgezeichnet hatte, ward er als Gegner des Metternichschen Systems, besonders durch seine Teilnahme an der Märzbewegung von 1848, sehr populär und deshalb von dem neuen Ministerium nach Frankfurt gesandt, um hier als Vertrauensmann den Beratungen über einen neuen Verfassungsentwurf für Deutschland beizuwohnen. Nach Colloredos Rücktritt übernahm er 19. Mai 1848 für die letzten Wochen der Bundesversammlung das Präsidium. In das deutsche Parlament gewählt, schloß er sich hier der Partei der konstitutionellen Monarchie an und wußte als Mitglied mehrerer Ausschüsse die Interessen Österreichs mit Umsicht und Gewandtheit wahrzunehmen. Am 15. Juli zum Reichsminister ernannt, verwaltete er anfangs das Innere und Äußere, behielt aber nachher nur das letztere bei. Da er jedoch seinen großdeutschen, österreichischen Standpunkt energisch vertrat und von der preußischen Hegemonie nichts wissen wollte, entzweite er sich mit den meisten seiner bisherigen Parteigenossen und legte 15. Dez. 1848 sein Ministerium nieder. Als österreichischer Bevollmächtigter bei der Zentralgewalt nach Frankfurt zurückgesandt, arbeitete er nun dem preußischen Erbkaisertum eifrig entgegen. Nachdem dennoch 27. März 1849 die preußische Partei die Oberhand behalten, schied er Ende April aus der Versammlung und ging wieder nach Wien, wo er 28. Juli 1849 als Justizminister ins Kabinett trat und der Schöpfer der Geschwornengerichte wurde. Mit der vom Ministerium Schwarzenberg verfolgten reaktionären Politik nicht einverstanden, nahm er Anfang 1851 seinen Abschied und ward bald darauf Senatspräsident des obersten Gerichtshofs und 1858 Präsident des Oberlandesgerichts in Wien. Am 13. Dez. 1860 zum Staatsminister ernannt, arbeitete er die Staatsgrundgesetze für die Reichs- und die Landesvertretungen vom 26. Febr. 1861 aus. War diese Verfassung schon unvollkommen, so that S. auch nichts Wesentliches, sie zu verwirklichen, und nahm besonders Ungarn gegenüber eine ganz unfruchtbare, rein abwartende Haltung ein, welche sich in seinem bekannten Ausspruch: "Wir können warten!" aussprach. Die kirchlichen Mißstände ließ er unberührt. Sein Eifer für das Großdeutschtum, welches Deutschland zum Vasallen Österreichs zu machen bestimmt war, veranlaßte ihn, zum Verderben Österreichs in preußenfeindlichem Sinn in die auswärtige Politik einzugreifen. Sein mit so großen Hoffnungen begrüßtes Ministerium endete daher mit allseitiger Enttäuschung und der Sistierungspolitik Belcredis. Auf sein Nachsuchen wurde er 27. Juli 1865 seines Ministerpostens enthoben und zum ersten Präsidenten des obersten Gerichtshofs ernannt. Von seiten der Böhmen zum Abgeordneten für den Reichsrat erwählt, ward er infolge kaiserlicher Ernennung vom 1. April 1867 lebenslängliches Mitglied des österreichischen Herrenhauses, dessen erster Vizepräsident er wiederholt war, und in welchem er seit 1879 Führer der Opposition gegen das Taaffesche System ist. Seinem politischen Liberalismus ist S. ebenso treu geblieben wie seiner gut österreichischen Gesinnung. - Sein jüngerer Bruder, Joseph, Ritter von S., geb. 1807, lange Zeit österreichischer Militärbevollmächtigter in Frankfurt a. M., dann im Kriegsministerium, 1868 Mitglied des Herrenhauses, 1878 als Feldzeugmeister verabschiedet, starb 6. Sept. 1884.

Schmerstein, s. Speckstein.

Schmerwurzel, s. Sedum.

Schmerz (Dolor), die abnorme Erregung oder abnorm vermehrte Thätigkeit der sensibeln Nerven, das wichtigste subjektive Symptom zahlloser Krankheitszustände. Der S. ist keineswegs eine spezifische Empfindung; denn teils wird er durch ganz heterogene, ja selbst durch entgegengesetzte Eindrücke erregt, teils hängt er von der Größe der gleichzeitig affizierten