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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Senfkohl; Senfl; Senföl; Senfpapier; Senfpflaster; Senfspiritus; Senft; Senfteig; Senftenberg; Sengilei; Sengmaschinen

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Senfkohl - Sengmaschinen.

aber, zerrieben und mit Wasser angerührt, einen sehr scharf schmeckenden und riechenden Brei, indem sich durch Einwirkung des Myrosins auf das im schwarzen S. enthaltene Myronsäuresalz Senföl (Schwefelcyanallyl, saures schwefelsaures Kali und Zucker) bildet. Der Same enthält auch 18-24 Proz. mildes fettes Öl, welches daraus durch Pressen gewonnen und als Speise- und Brennöl benutzt wird. Außerdem dienen die Samen zu Senfpflastern, Fußbädern, zur Darstellung von ätherischem Senföl, als Zusatz zum Speisesenf. Man kultiviert schwarzen S. besonders im Elsaß, in Böhmen, Holland, England, Italien, Griechenland, Kalifornien etc. S. juncea L. (Brassica juncea Hook, fil. et Thoms.), in Südrußland, in den Steppen nordöstlich vom Kaspischen Meer, wird im großen bei Sarepta im russischen Gouvernement Saratow, auch in Indien, Zentralafrika und andern warmen Ländern kultiviert. Die Samen gleichen denen des schwarzen Senfs auch in chemischer Beziehung, werden besonders in Rußland auf Speiseöl und Senfpulver verarbeitet und gelangen auch in großer Menge in den europäischen Handel, wo das Mehl (Sareptasenf) mit zu Speisesenf und arzneilich benutzt wird. - Levantinischer S., s. Cleome.

Senfkohl, s. Eruca.

Senfl (Senffl), Ludwig, Komponist, geboren in den 90er Jahren des 15. Jahrh., nach einigen zu Basel, nach andern (richtiger) zu Zürich, war Schüler Heinrich Isaaks, des größten deutschen Tonsetzers seiner Zeit, wirkte bis 1519 als Mitglied der Sängerkapelle des Kaisers Maximilian I. zu Wien und später in der des Herzogs von Bayern bis zu seinem Tod. Er starb um 1555. S. war nicht allein der größte deutsche Kontrapunktist seiner Zeit, sondern auch einer der ersten, in deren Kompositionen neben der technischen Arbeit der geistige Inhalt der Musik zu voller Geltung gelangt. Auch förderte er die Tonkunst nach rhythmischer Seite durch seine Kompositionen antiker Versmaße, namentlich Horazischer Oden. Nicht minder bedeutend sind seine Motetten, von denen Luther mit Begeisterung spricht, und seine zahlreichen, in den Sammlungen von Ott und G. Forster zu Nürnberg erschienenen mehrstimmigen Volkslieder.

Senföl, ätherisches Öl, welches sich nicht fertig gebildet im schwarzen Senf findet, sondern erst beim Anrühren der zerstoßenen Samen mit Wasser durch Einwirkung eines in den Samen enthaltenen fermentartig wirkenden Proteinkörpers, des Myrosins, auf die Myronsäure, welche in den Samen an Kali gebunden vorkommt, entsteht. Die Zersetzungsprodukte sind S., Zucker und saures schwefelsaures Kali. Durch Destillation kann man das gebildete S. abscheiden (Ausbeute 0,5-1,1 Proz.). Es ist farblos oder gelblich, vom spez. Gew. 1,009-1,03, riecht und schmeckt durchdringend scharf, reizt die Augen aus größerer Entfernung zu Thränen, löst sich schwer in Wasser, leicht in Alkohol und Äther, siedet bei 150°, besteht im wesentlichen aus Allylsulfocyanür (Schwefelcyanallyl), hebt die Gerinnbarkeit des Eiweißes beim Kochen, auch die der Milch und die alkoholische Gärung auf, erzeugt auf der Haut selbst noch bei sehr starker Verdünnung mit Spiritus heftiges Brennen und Blasen und wirkt von allen ätherischen Ölen am giftigsten. Man stellt es jetzt auch aus Glycerin künstlich dar und erhält ein Produkt, welches dem natürlichen S. vollkommen gleichsteht. Eine Lösung von 1 Teil S. in 50 Teilen Spiritus bildet den Senfspiritus (Spiritus Sinapis); s. Senfpflaster.

Senfpapier, s. Senfpflaster.

Senfpflaster (Senfteig, Sinapismus), gepulverter schwarzer Senf, mit warmem Wasser zu einem Teig zusammengerührt, wird, auf Leinwand messerrückendick gestrichen, als flüchtiges Reizmittel benutzt. Ein bequemes Surrogat ist mit Senfspiritus (Spiritus Sinapis, s. Senföl) befeuchtetes Löschpapier oder das Senfpapier, ein mit entöltem Senfpulver bedecktes Papier.

Senfspiritus, s. Senföl.

Senft, Ferdinand, Mineralog und Geolog, geb. 28. Febr. 1810 zu Möhra, studierte 1829-34 in Jena und Göttingen Theologie, widmete sich dabei aber eifrig der Naturwissenschaft. 1834 wurde er Kandidat der Theologie, zugleich aber Lehrer der Naturwissenschaften an der Forstlehranstalt und später (1843-74) auch am Realgymnasium zu Eisenach. S. wandte seine Studien hauptsächlich den Verwitterungserscheinungen, Umwandlungen und Associationen der Mineralkörper zu; speziell untersuchte er die Zersetzungen, welche die Mineralien und Felsarten durch die Humus- und Torfsubstanzen erleiden, und gelangte zu sehr bemerkenswerten Resultaten. Er schrieb: "Lehrbuch der Gebirgs- und Bodenkunde, zunächst für Forst- und Landwirte" (Jena 1847, 2 Bde.); "Lehrbuch der forstlichen Naturkunde" (das. 1856-57, 3 Bde., Zoologie, Botanik, Geognosie etc.); "Klassifikation u. Beschreibung der Felsarten" (Preisschrift, Bresl. 1857); "Humus-, Marsch-, Torf- und Limonitbildungen" (Preisschrift, Leipz. 1862); "Der Steinschutt und Erdboden" (Berl. 1867, in 2. Aufl. als "Lehrbuch der Gesteins- und Bodenkunde" 1877); "Die kristallinischen Felsgemengteile" (das. 1868); "Lehrbuch der Mineralien- und Felsartenkunde" (Jena 1869); "Synopsis der Mineralogie und Geognosie" (als Fortsetzung zu Leunis' "Synopsis", Hannover 1875-77, 2 Bde.); "Fels und Erdboden" (Münch. 1876); "Die Thonsubstanzen" (Berl. 1879); "Der Erdboden nach Entstehung, Eigenschaften und Verhalten zur Pflanzenwelt" (Hannov. 1888).

Senfteig, s. v. w. Senfpflaster.

Senftenberg, 1) (tschech. Žamberk) Stadt im östlichen Böhmen, an der Wilden Adler und der Bahnlinie Königgrätz-Mittelwalde, hat eine Bezirkshauptmannschaft, ein Bezirksgericht, ein Schloß mit Park, Tuch- und Papierfabrik, Bierbrauerei und (1880) 3664 Einw. -

2) Stadt im preuß. Regierungsbezirk Frankfurt, Kreis Kalau, an der Schwarzen Elster, Knotenpunkt der Linien Lübbenau-Kamenz und Großenhain-Kottbus der Preußischen Staatsbahn, 104 m ü. M., hat 2 Kirchen, ein Schloß, ein Amtsgericht, Hohlglas-, Brikett- und Ziegelfabrikation, Braunkohlengruben und (1885) 3198 meist evang. Einwohner.

Sengilei (Ssengilei), Kreisstadt im russ. Gouvernement Simbirsk, am Einfluß der Sengilenka in die Wolga, von Kreidebergen (den sogen. Sengileischen Ohren) umgeben, hat eine griech. Kathedrale, einen Hafen, 13 Wassermühlen, Handel mit Getreide, Talglichten, Leder und (1885) 5172 Einw.

Sengmaschinen, Vorrichtungen zur Entfernung des feinen Flaums auf den Oberflächen der Gewebe durch Abbrennen der Fäserchen. Man benutzt einen 270 mm breiten, 1,2-1,8 m langen Kupferstab, der einen Cylinderabschnitt zum Querschnitt hat und mit den Kanten auf den Rändern eines Feuerraums liegt, durch den derselbe in Rotglut erhalten wird (Stabsengerei), oder eine blau brennende Gasflamme, die aus einem Schlitz eines Rohrs austritt (Gassengerei). Das zu sengende Zeug wird von einer Walze auf eine andre gewickelt und dabei mit einer Geschwindigkeit von etwa 1 m in der Sekunde über den Stab oder durch die Flamme geführt.