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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Strelno - Streuung

errichtet wurde und zugleich die stehende Infanterie des Reichs ausmachte, so daß sie zuweilen 40-50000 Mann stark war. In Moskau bewohnten die S. einen eigenen Stadtteil, jenseit der Moskwa, welcher Strjelskaja Slododa, d. h. Strelitzenvorstadt, hieß. Die S. erhielten das Recht des freien Handels, wodurch die Regierung an den Kosten für den Unterhalt ersparte; dadurch litt aber die Kriegstüchtigkeit und Mannszucht. Nach Nikons Reform schlossen sich die S. dem Raskol an. Von der Großfürstin Sophia aufgereizt, empörten sie sich auch gegen Peter d. Gr. Dieser löste sie 1698 auf, ließ Tausende in Moskau hinrichten, während er die übrigen nach Astrachan verbannte.

Strelno. 1) Kreis im preuß. Reg.-Bez. Bromberg, hat 614,52 qkm und (1895) 32722 E., 2 Städte, 63 Landgemeinden und 70 Gutsbezirke. - 2) Kreisstadt im Kreis S., 15 km von der russ. Grenze, an der Nebenlinie Mogilno-S. (16,3 km) der Preuß. Staatsbahnen, Sitz des Landratsamtes und eines Amtsgerichts (Landgericht Bromberg), hat (1895) 4378 E., darunter 1027 Evangelische und 276 Israeliten, Postamt zweiter Klasse, Telegraph, kath. und evang. Kirche, Synagoge; Ackerbau.

Stremayr, Karl von, österr. Staatsmann, geb. 30. Okt. 1823 in Graz, studierte die Rechte daselbst und trat bei der Finanzverwaltung in den Staatsdienst. Aus dem steir. Mürzthal wurde er in die Frankfurter Nationalversammlung gewählt, wo er Mitglied der Großdeutschen Partei war. Später war S. als Staatsanwalt in Graz und gleichzeitig als Docent an der Universität thätig. 1861 wurde er als Abgeordneter der Stadt in den Landtag gewählt und 1868 von Giskra als Ministerialrat in das Ministerium des Innern berufen. 1870-79 war S. Unterrichtsminister. In seine letzte Amtsperiode fällt die konfessionelle Reformgesetzgebung, die er ohne «Kulturkampf» durchsetzte. Nach Auerspergs Rücktritt 15. Febr. bis 12. Aug. 1879 Ministerpräsident, blieb er dann noch bis 27. Juni 1880 als Justizminister im Kabinett Taaffe. Dann schied er unter Ernennung zum zweiten Präsidenten des Obersten Gerichtshofs aus dem polit. Leben aus, dem er erst 1889 durch seine Berufung zum Mitglied des Herrenhauses wieder zugeführt wurde. Im Nov. 1891 wurde er erster Präsident des Obersten Gerichtshofs.

Stremma, Feldmaß im Königreich Griechenland. Das 1836 gesetzlich vorgeschriebene neue oder königliche S. hat 10 a. Das noch vorkommende alte S. von Morea ist = 12,7 a.

Strena (lat.), Neujahrsgeschenk; davon das franz. Wort Étrennes (s. d.). - S. als kirchliche Abgabe, s. Kalende.

Streng, Aug., Mineralog, geb. 4. Febr. 1830 zu Frankfurt a. M., studierte auf dem Polytechnikum in Karlsruhe, dann in Marburg und ging hierauf als Assistent Bunsens nach Breslau und 1852 nach Heidelberg, wo er sich 1853 für Chemie habilitierte. Bald darauf wurde er Lehrer der Chemie an der Bergschule (spätern Bergakademie) in Clausthal und 1862 Professor daselbst, 1867 ord. Professor an der Universität Gießen, wo er bis 1895 thätig war und 7. Jan. 1897 starb. Nach anfänglichen Untersuchungen über analytisch-chem. Gegenstände wurden von ihm die wichtigsten krystallinischen Gesteine des Harzes mineralogisch und chemisch bearbeitet, ebenso die Diorite des Kyffhäusers. Dann folgten mikroskopische Forschungen über die Gesteine von Minnesota, über Felsarten von der Nahe sowie die Porphyrite von Ilfeld. Ferner untersuchte er mit Erfolg teils mineralogisch, teils chemisch die Feldspate, viele Glieder der Zeolithgruppe, den Prehnit, Rittingerit, Proustit, Silberkies, Magnetkies, eine Reihe von Phosphaten u. s. w. Auch verdankt man ihm mehrere wichtige mikrochem. Reaktionsmittel von großer Schärfe. ^[Spaltenwechsel]

Strenger Arrest, s. Arrest.

Strenglot, s. Löten.

Strenzel, Pflanze, s. Aegopodium.

Strepitōso (ital.), lärmend, rauschend.

Strepsicĕros, Antilopenart, s. Sassi und Kudu.

Strepsiptēren (Strepsiptĕra), s. Fächerflügler.

Streptococcus pyogenes, s. Kindbettfieber.

Streptokokken, Bakterien (s. d., Bd. 2 und Bd. 17), die dadurch ausgezeichnet sind, daß sich die einzelnen Zellen ketten- oder perlschnurartig aneinander reihen und so Fäden von oft beträchtlicher Länge bilden, besonders in flüssigen Nährsubstraten.

Stresow, Dorf auf Rügen, s. Großstresow.

Stretford, Stadt in der engl. Grafschaft Lancashire, im SW. von Manchester, an der Bahn nach Altrincham in Chester, hat (1891) 21751 E. und Baumwollindustrie.

Stretto (ital., «gedrängt»), Bezeichnung für solche Schlußabschnitte längerer Musikstücke, welche im beschleunigten Tempo vorgetragen werden. Selten wird das Wort für die Engführungen in der Fuge gebraucht. Als Substantivum: die Enge, die Meerenge (z. B. S. di Messina).

Stretto, Ort auf der Insel Morter (s. d.) in Dalmatien.

Streublau, die gröbste Sorte Smalte (s. d.).

Streugeschoß, Hagelgeschoß, s. Hagel und Flugbahn.

Streuklosett, s. Desinfektion.

Streukügelchen, Kügelchen von Zucker, deren sich die Homöopathen zur Verabreichung ihrer Arzneien bedienen.

Streuminen, s. Seeminen.

Streupulver, s. Lycopodium.

Streusalat, s. Gartensalat.

Streuung, die Erscheinung, daß die Geschosse, die aus derselben Waffe bei gleicher Lage des Laufs (Rohres) und bei gleichen Ladeverhältnissen abgefeuert werden, nicht sämtlich eine und dieselbe Bahn, sondern verschiedene Bahnen beschreiben. Die Gesamtheit dieser Bahnen nennt man Geschoßgarbe oder Streuungskegel. Sie bildet einen hornförmig gebogenen Kegel, dessen Spitze in der Lauf- (Rohr-) Mündung liegt.

Die S. entsteht durch die Ungleichheiten in der Beschaffenheit der Waffe und ihrer Munition und durch den Wechsel der Witterungseinflüsse während des Schießens. Vermehrt wird die S. in der Praxis durch die Zielfehler des Schützen. Die S. wird ausgedrückt durch die Größe des Trefferbildes in senkrechter oder wagerechter Ebene; im erstern Falle spricht man von Höhen-, im letztern von Längenstreuung und in beiden Fällen von Breitenstreuung. Höhenstreuung ist der Höhenunterschied des höchsten und tiefsten Treffpunktes, Längenstreuung derjenige der größten und geringsten Schußweite, Breitenstreuung der seitliche Abstand des am weitesten rechts und links sitzenden Schusses. Die S. ist der Ausdruck für die Trefffähigkeit oder Treffgenauigkeit (Präcision) einer Waffe und wird als mittlere S. in sog. Trefffähigkeitstabellen zusammengestellt. (S. Treffwahrscheinlichkeit.) Je geschlossener die Geschoßgarben und je kleiner die senkrechten Trefflöcher, um so größer ist die Treffgenauigkeit (s. d.). (S. auch Flugbahn.)