Sudân oder Belâd-es-Sudân, d. h. Land der Schwarzen oder Negerland,
schon seit dem Mittelalter der gemeinsame Name für die ungeheure Länderstrecke Centralafrikas, welche sich von der Wüste Sahara südwärts bis ungefähr
5° nördl. Br. hin ausbreitet. Durch die Araber Nordafrikas ist der Name S. gebräuchlich geworden, der heutzutage mit dem Begriff der mohammed.
Negerländer zusammenfällt, während die heidnischen im allgemeinen nicht als S. bezeichnet werden. (S. die Karten beim Artikel
Afrika und Ägypten, sowie
Guinea und
Sahara.)
Oberflächengestaltung. Neuere Geographen unterscheiden Hochsudan und Flachsudan; jedoch ist in hydrogr., ethnogr.
und polit. Beziehung eine geogr. Dreiteilung des S. in westlichen, mittlern und östlichen S. vorzuziehen. Der westliche umfaßt die Senegal- und Nigerländer, der
mittlere das Becken des Tsadsees und des Schari sowie des obern Binue, mithin die Reiche Bornu, Adamaua, Bagirmi und Wadai, und der östliche, der sog.
ägyptische, den nördl. Teil des obern Nilgebietes. Nach der neuern Einteilung umschließt der Hochsudan die
Gebirgslandschaften vom Binnenland der Guineaküste bis Darfur; der Flachsudan (auch
Nigritien genannt oder Belâd el-Tekrur, d. h. Land der zum Islam Bekehrten) den
ägyptischen S. bis Abessinien. Doch ist dieser sog. Flachsudan teils Ebene, teils wellenförmiges, zum Teil sogar von eigentlichen Bergzügen unterbrochenes
Hügelland von durchschnittlich 410–570 m Meereshöhe.
Klima, Flora und Fauna. Der westliche S. ist im allgemeinen ein äußerst
fruchtbares Gebiet, reichlich bewässert vom Niger und seinen Nebenflüssen und von den Zuflüssen des Tsadsee (Schari und Komadugu). Im
mittlern S. erhebt sich südlich vom Tsadsee die Wandalakette bis zu 650 m und südlich vom Binue das Gebirge von
Adamaua bis zu 3000 m. Die dazwischen liegenden Ebenen sind auf große Strecken versumpft; im Norden, bis zum Rand der Sahara, werden sie steppenartig.
Das Klima ist sehr heiß. In der sog. Winterzeit fällt jedoch das Thermometer nachts nicht selten unter den Gefrierpunkt. Diese Temperaturunterschiede,
verbunden mit anhaltenden Überschwemmungen und den Ausdünstungen der Sümpfe, verursachen Fieber, die selbst den Einheimischen verderblich sind. Im
östlichen S. herrscht der Steppencharakter vor; nur im Nilthal und im Bahr el-Ghasal-Gebiet steigert sich ↔ die
Vegetation bis zu tropischer Fülle. Die ursprünglichen Kulturpflanzen: Durra oder Mohrenhirse, Yamsarten, Reisbohne
(Lablab), Angolaerbsen (Cajanus und
Voandzeia) sind seit lange durch die ind. und amerik. Arten: Banane, Erdnuß und besonders den Mais verstärkt, wozu
noch viele Gurkengewächse, Zwiebeln, Pfeffer, Indigo u.s.w. sich gesellen. - Die Fauna des Landes ist reich. Es finden sich
mehrere Arten Affen, besonders Paviane, Löwen, Leoparden, Schakale, alle drei Arten Hyänen, wilde Schweine, Büffel, zahlreiche Antilopen, die Giraffe,
Elefanten, Nashörner, Flußpferde, im Tsadsee der Manati. Vögel sind im ganzen zahlreich, Strauße und Perlhühner finden sich viel, Papageien sind auffallend
selten. Die Reptilien sind in allen Gruppen vertreten; Krokodile kommen in großer Menge vor. Die süßen Gewässer, besonders der Tsad, sind reich an Fischen,
darunter der Flößelhecht (Polypterus). Landschnecken sind im ganzen selten, ebenso Schmetterlinge, massenhaft
hingegen finden sich Ameisen; Termiten werden stellenweise zur Landplage, ebenso Heuschrecken, Schmarotzerwürmer kommen bei den Bewohnern häufig
vor, besonders der Guineawurm. Zu den Haustieren gehören das Buckelrind, Schafe, Ziegen, Kamele, Esel und Pferde. Hühner und Tauben werden viel
gehalten. Obgleich der Honig sehr geschätzt wird, ist doch die Bienenzucht eine geringe, meist wird der Honig verschiedener wilder Bienenarten gesammelt.
An Mineralien ist die Ebene arm, viel reicher das Bergland. Am häufigsten kommen Eisen- und Kupfererze vor, seltener Gold, Blei, Zinn, Salpeter und Schwefel;
Salz muß aus den Oasen der Wüste eingeführt werden.
Bevölkerung und Erwerbszweige. Die Bevölkerung besteht teils aus alteinheimischen Negerstämmen, welche eine von
der der Bantu und Hamiten vollständig verschiedene Sprache sprechen, teils aus Fulbe oder Fellata. Sie sind entweder Mohammedaner, die nächst den hier
und da vorhandenen Araberkolonien den civilisiertern Teil der Bevölkerung bilden, oder rohe und wilde Heiden. Neben Ackerbau, Viehzucht und Fischerei
treiben die civilisierten Einwohner mancherlei Gewerbe. Am ausgebreitetsten ist die Verarbeitung der Baumwolle und die Indigofärberei durch die Weiber, auf
denen auch die Last der Feldarbeit ruht. Außerdem liefert der westliche S. eine Reihe sorgfältig bearbeiteter und stark begehrter Stoffe, die
Sudanstoffe, die in die Oasen der Wüste und selbst auf die Märkte von Marokko kommen. Von geringerer Ausdehnung
ist der Bergbau. Der S. hat nach allen Richtungen einen sehr ausgedehnten Ein- und Ausfuhrhandel, früher hauptsächlich nach Norden durch die Sahara nach
den Mittelmeerländern, gegenwärtig aber in zunehmender Steigerung den Binue und Niger abwärts nach dem Golf von Guinea. Zu den wichtigsten
Handelsplätzen gehören Segu Sikoro, Timbuktu, Sokoto, Katsena, Kano, Jakubu, Kuka, Jola, Abesche, Fascher und El-Obeid. Die Hauptausfuhrartikel sind
Baumwolle, Elfenbein, Korkidan oder Rhinoceroshörner, feine Wolle, Straußfedern, Zibeth, Sudangummi (Räucherwerk), Gummikopal,
Asa foetida, vorzügliche Senna, Guro- oder Kolanüsse, Tamarinden, Indigo, Häute, blaue und blaugestreifte
Baumwollzeuge, Seiden- und Halbseidenstoffe (Sudanstoffe), Matten, Leder, Lederarbeiten, und in gegen ehemals sehr geminderter Menge auch noch
Sklaven. Gold, das nicht in bedeutenden Quan-
Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 482.