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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Turgot; Türheim; Turia; Turialba; Turin

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Turgot - Turin

gerufen. (S. auch Pflanzenbewegung, Spannungserscheinungen der Pflanzen und Zelle.)

In der Medizin bezeichnet man mit T. den natürlichen, straffen Zustand der Gewebe des lebenden Körpers.

Turgot (spr. türgoh), Anne Robert Jacques, Baron de l'Aulne, franz. Generalkontrolleur der Finanzen, geb. 10. Mai 1727 zu Paris, studierte Theologie, gab aber 1751 den geistlichen Beruf auf und wendete sich den Rechtsstudien zu. Schon 1752 wurde er Parlamentsrat, dann Requêtenmeister. In dieser Stellung gab er sich besonders nationalökonomischen Studien hin und trat dem Physiokratismus (s. d.) nahe. Im Aug. 1701 erhielt er das Amt des Intendanten von Limoges. Er betrieb als solcher die Entlastung, Hebung und Bildung des gemeinen Mannes, löste die Wegebaufronen aus Staatsmitteln ab, regulierte die willkürlich verteilten Abgaben, gründete Wohlfahrtsanstalten, ließ Wege und Kanäle bauen und belebte vor allem den Ackerbau. Seine Versuche, den Getreidehandel von den zahllosen Hindernissen zu befreien, scheiterten an dem Neide der Kollegen, der Widerspenstigkeit des Adels und selbst der Beschränktheit der Bauern. Nachdem Ludwig XVI. 1774 den Thron bestiegen hatte, erhielt T. im Juli das Marinedepartement und im August die Verwaltung der Finanzen. T. faßte eine durchgreifende Reform der gesamten, unhaltbar gewordenen franz. Verhältnisse (s. Frankreich, Geschichte) ins Auge. Er ging an die Befreiung des Getreideverkehrs (Sept. 1774) und bereitete die Aufhebung der Fronen vor; eine Steigerung des Brotpreises führte 1775 zu unverständigem Aufruhr (guerre des farines). T.s Toleranz erregte den Einspruch der kath. Geistlichkeit, sein Staatsgedanke den des Parlaments, seine Heeresreform durch Graf Saint-Germain den der hohen Kreise. Ende 1775 schritt er zur Beseitigung der hemmenden Lasten in Land (allgemeine Fronen) und Stadt (Zunftzwang) und faßte eine allgemeine Steuer- und Justizreform ins Auge. Das Parlament wurde März 1776 von dem König zur Eintragung der Edikte gezwungen. T.s Plan ging auf eine Ergänzung der königl. Allgewalt durch örtliche, auf den Grundbesitz begründete Versammlungen, die die Steuern verteilen, lokale Arbeiten besorgen und alle lokalen Bedürfnisse vertreten sollten; diese örtlichen "municipalités" sollten durch Abordnung allgemeinere (provinzielle) und eine große Gesamtversammlung (municipalité générale) bilden, der T. auch nur verwaltende, beratende und bittende Befugnis zugestand. Gegen T.s Reform erhob sich der hartnäckigste Widerstand der Privilegierten. Sie durchzuführen war der ängstliche, von seiner Gemahlin zu Ungunsten T.s beeinflußte Ludwig, trotz der freimütigen Mahnungen T.s, nicht der Mann. Dem allgemeinen Sturme wich erst T.s Gehilfe Malesherbes (s. d.), Mai 1770 T. selbst. Er lebte seitdem seinen Studien. In seinen letzten Jahren schrieb er die Abhandlung "Des vreis principes de l'imposition". Er starb 20. März 1781. Seine "Œvres complètes" (Reden, Aufsätze, Denkschriften, Verfügungen, Akten) gab Dupont de Nemours (9 Bde., Par. 1808-11), seine Korrespondenz mit Condorcet gab Henry (ebd. 1882) heraus. Eine neue Ausgabe seiner Werke von Daire (2 Bde., Par. 1843) ist durch noch ungedruckte Schriften vermehrt. - Vgl. Dupont, Mémoires sur la vie et les ouvrages de T. (2 Bde., Philad. 1782); Tissot, T., sa vie, son administration ect. (Par. 1862); Foncin, Essai sur la ministère de T. (ebd. 1877); Jobez, Turgot (ebd. 1877); Neymarck, T. et ses doctrines (2 Bde., ebd. 1885); Say, Turgot (ebd. 1888; 2. Aufl. 1892); Gomel, Les causes financières de la revolution française; les ministères T. et Necker, Bd. 1 (ebd. 1892): Feilbogen, Smith und T. (Wien 1892).

Türheim, Ulrich von, mittelhochdeutscher Dichter, in Augsburg von 1236 bis 1246 nachgewiesen, setzte mit Vorliebe unvollendete Werke älterer Dichter fort: den "Clies" von Konrad Fleck (vgl. Zeitschrift für deutsches Altertum, Bd. 32), den "Tristan" Gottfrieds von Straßburg (hg. von Maßmann hinter Gottfrieds Epos, Lpz. 1843) und vor allem den "Willehalm" Wolframs von Eschenbach (zwischen 1242 und 1250) in dem mehr als 30 000 Verse langen, unsäglich breiten, aber sprichwörterreichen "Starken Rennewart" (Inhaltsangabe von Kohl in der "Zeitschrift für deutsche Philologie", Bd. 18).

Turia, Fluß in Spanien, s. Guadalaviar.

Turialba, Vulkan in der centralamerik. Republik Costa-Rica, nordöstlich von Cartago, 3358 m hoch und mit drei Kratern versehen, von denen der nordöstliche der älteste ist. Der mittlere zeigt Fumarolenthätigkeit, der südwestliche ist noch thätig.

Turin, ital. Torino. 1) Provinz im Königreich Italien (s. Karte: Ober- und Mittelitalien, beim Artikel Italien), in der Landschaft Piemont, grenzt im N. an die Schweiz (Kanton Wallis), im O. an die Provinzen Novara und Alessandria, im S. an Cuneo und im W. an Frankreich (Depart. Haute-Savoie, Savoie, Isère, Hautes-Alpes), hat 10 535 (nach Strelbitskij 10 452) qkm mit (1881) 1 029 214, nach einer Berechnung (31. Dez. 1895) 1 116 097 E., d. i. 106 E. auf 1 qkm, und zerfällt in die 5 Kreise Aosta, Ivrea, Pinerolo, Susa und T. mit zusammen 443 Gemeinden. Das Land ist im nördl. und westl. Teile gebirgig und wird von den Penninischen, Grajischen und Cottischen Alpen erfüllt, deren Ausläufer nach der Po-Ebene abfallen und von Flußthälern durchzogen werden. Die Flüsse Pellice mit Chisone, Chisola, Sangone, Dora Riparia, Stura, Orco, Dora Baltea fließen sämtlich links zum Po, der von der Hauptstadt T. an schiffbar wird. Der östl. Teil des Landes (Po-Ebene) ist sehr fruchtbar und wohl angebaut (Weizen, Mais, Flachs, Hanf, Kastanien, Wein). Bedeutend ist auch die Viehzucht und die Seidenzucht. Der Bergbau liefert Eisen, Blei, Kupfer, Silber, Kobalt und Marmor sowie Salz; die Industrie erstreckt sich auf Seidenspinnerei, -Zwirnerei und -Weberei, Woll- und Baumwollweberei, Gerberei, Fabrikation von Papier, Seife, Kerzen, chem. und metallurgischen Produkten, Thon- und Glaswaren. Die Eisenbahnen und Straßenbahnen der Provinz gehen von der Hauptstadt T. aus. - 2) Hauptstadt der Provinz T., im Mittelalter des Fürstentums Piemont, bis 1860 Haupt- und Residenzstadt des Königreichs Sardinien, 1860-65 des Königreichs Italien, eine der prächtigsten Städte Italiens, liegt in einer sehr fruchtbaren Thalebene an dem schiffbaren Po, der hier die Dora Riparia aufnimmt, und hat (1881) 230 183, als Gemeinde 249 827, nach einer Berechnung (31. Dez. 1895) 348 124 E., in Garnison das 13. (außer 1 Ba-^[folgende Seite]

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