Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Thibaudin; Thibaut; Thibet; Thidrekssaga; Thiel; Thièle; Thielen; Thielmann

779

Thibaudin - Thielmann (Johann Adolf, Freiherr von)

Thibaudin (spr. tibŏdäng), franz. General und Kriegsminister, geb. 1827 zu Moulins-en-Gilbert, geriet 16. Aug. 1870 als Oberst bei Mars-la-Tour in Kriegsgefangenschaft, wurde in Mainz interniert und entfloh von dort unter Bruch des Ehrenwortes im Dezember nach Frankreich. Hier stellte ihn der Kriegsminister unter dem Namen seiner Mutter, Commagny, als Divisionscommandeur bei der Ostarmee an und übertrug ihm bald darauf den Befehl über das 24. Korps. T. wurde nach dem Übertritt des Bourbakischen Heers über die Schweizer Grenze in der Schweiz interniert und dann wegen Bruch seines Ehrenwortes aus dem aktiven Dienste entlassen. Schon 1872 als Oberst wieder angestellt und bald zum Brigadegeneral befördert, wurde T. als Direktor der Infanterie ins Kriegsministerium berufen und 1882 zum Divisionsgeneral ernannt. Am 30. Jan. 1883 wurde T. Kriegsminister und beseitigte auf Grund des Prätendentengesetzes die Prinzen durch Dekret vom 23. Febr. aus der franz. Armee. T. war ein gefügiges Werkzeug der radikalen Partei, aber ohne Thatkraft und organisatorisches Talent. Er vollzog die Umformung der Festungsartillerie nach dem Entwurfe des Generals Billot und wurde 4. Okt. 1883 vom Ministerpräsidenten Ferry zum Rücktritt veranlaßt wegen seines taktlosen Betragens beim Besuche des Königs von Spanien in Paris. T. wurde im März 1885 zum Präsidenten des beratenden Komitees für Infanterieangelegenheiten und im Dez. 1886 zum Kommandanten von Paris ernannt; im Nov. 1887 trat er in den Ruhestand.

Thibaut (spr. -boh), Ant. Friedr. Justus, Jurist, geb. 4. Jan. 1772 zu Hameln, studierte zu Göttingen, Königsberg und Kiel, habilitierte sich 1796 in Kiel und wurde 1798 daselbst Professor der Rechte, 1802 in Jena, wo er 28. März 1840 starb. Nach dem Sturz der Napoleonischen Herrschaft trat T. für Einführung eines einheitlichen Rechts in Deutschland ein in der Schrift «Über die Notwendigkeit eines allgemeinen bürgerlichen Rechts für Deutschland» (Heidelb. 1814; neue Ausg. 1840), wogegen sich Savigny (s. d.) erklärte. Sein Hauptwerk ist das «System des Pandektenrechts» (2 Bde., Jena 1803; 9. Aufl., von Buchholtz, 1846). Außerdem sind zu erwähnen: «Jurist. Encyklopädie und Methodologie» (Altona 1797), «Versuche über einzelne Teile der Theorie des Rechts» (2 Bde., Jena 1798; 2. Aufl. 1817), «Theorie der logischen Auslegung des röm. Rechts» (Altona 1799; 2. Aufl. 1806), «Über Besitz und Verjährung» (Jena 1802), «Beiträge zur Kritik der Feuerbachschen Theorie über die Grundbegriffe des peinlichen Rechts» (Hamb. 1802), «Civilistische Abhandlungen» (Heidelb. 1814), «Über die sog. historische und nichthistor. Rechtsschule» (ebd. 1838). Mit Löhr und Mittermaier gab T. das «Archiv für civilistische Praxis» (Heidelb. 1818 fg.) heraus. Als ein großer Freund und Kenner der Musik huldigte er Palestrina in der Schrift «Über Reinheit der Tonkunst» (Heidelb. 1825; 7. Aufl., Freib. i. Br. 1893). T.s «Jurist. Nachlaß» hat Guyet (2 Bde., Berl. 1841‒42) herausgegeben. – Vgl. E. Baumstark, A. F. J. T. (Lpz. 1841).

Thibaut (spr. -boh), Jacques Anatole, franz. Dichter, s. France, Anatole.

Thibet, Zeug, s. Tibet.

Thidrekssaga (Thidhrikssaga) oder Wilkinasaaa, eine norweg. Sammlung von Sagen, die zum Teil die einzige Quelle der deutschen Heldensage ist. Die Sagen gruppieren sich um Dietrich von Bern, stehen aber mit diesem oft gar nicht in Verbindung. Weil auch das Wilkinaland mehrfach in der T. erwähnt wird, nannte sie der erste Herausgeber Wilkinasaga. Die T. ist in der 2. Hälfte des 13. Jahrh. in Norwegen entstanden; ihr Verfasser benutzte zum Teil Erzählungen niederdeutscher Männer, zum Teil Gedichte der Heimat. Das Werk enthält die Sagen von König Samson, von König Osantrix, von Attila, von Wieland dem kunstreichen Schmiede, von Sigurdh und den Burgunden, von Walther und Hildegunde, von Herburt und Hilde, von Iron und Appollonius, beide aus der Artussage, von Ermanrik und vor allem von Dietrich von Bern, von seinen Kämpfen mit Feinden und Riesen. Neben der norweg. Fassung, die in einer einzigen alten Handschrift erhalten ist, giebt es noch eine altschwed. Bearbeitung dieser Saga. Herausgegeben ist die Saga von C. R. Unger, «Saga Didriks, Konungs af Bern» (Krist. 1853), die altschwed. Übersetzung von Hyltén-Cavallius «Sagan om Didrik af Bern» (Stockh. 1850‒54). ^[Spaltenwechsel]

Thiel, niederländ. Stadt, s. Tiel.

Thiel, Andreas, Bischof von Ermland, geb. 28. Sept. 1826 zu Lokau bei Seeburg in Ostpreußen, wurde 1849 zum Priester geweiht, wirkte zwei Jahre als Kaplan in Memel und Tilsit und bezog dann zur Fortsetzung seiner Studien die Universität Breslau. 1853 habilitierte er sich als Privatdocent der Theologie am Lyceum Hosianum zu Braunsberg, wo er 1855 außerord. und 1858 ord. Professor der Kirchengeschichte und des Kirchenrechts wurde. 1871 siedelte er als Domherr nach Frauenburg über und trat als Generalvikar an die Spitze der Diöcesanverwaltung. Vom Domkapitel zu Frauenburg wurde T. 15. Dez. 1885 zum Bischof von Ermland erwählt, 12. Febr. 1886 durch päpstl. Breve bestätigt und erhielt 2. März 1886 vom Kaiser Wilhelm die landesherrliche Anerkennung und 9. Mai die Bischofsweihe durch den frühern Armeebischof Namszanowski. Außer mehrern Arbeiten über Preußisch-Ermländische Geschichte, für deren Verein (1857) und Zeitschrift (1858) T. Mitbegründer, Sekretär und 1869‒75 Präsident war, veröffentlichte er namentlich: «Epistolae romanorum Pontificum genuinae a sancto Hilaro usque ad Pelagium ⁡II», Bd. 1 (Braunsb. 1868).

Thièle (spr. tĭähl), franz. Name des schweiz. Flusses Zihl (s. d.).

Thielen, Karl, preuß. Minister, geb. 30 Jan. 1832 zu Wesel, studierte in Bonn und Berlin die Rechte, wurde 1851 Gerichtsauskultator, 1860 Regierungsassessor in Arnsberg, verwaltete als solcher drei Jahre lang das Landratsamt zu Berleburg und war dann kurze Zeit Mitglied der Regierung in Koblenz. Nachdem T. 1864 in die Eisenbahnverwaltung übergetreten war, wurde er 1867 Mitglied der Direktion der Rheinischen Eisenbahn; als diese 1880 verstaatlicht wurde, trat T. als Abteilungsdirektor der Linksrheinischen Eisenbahn in den Staatsdienst zurück und wurde 1. Dez. 1881 Präsident der Eisenbahndirektion Elberfeld, 1. Nov. 1887 der zu Hannover und 20. Juni 1891 zum Minister der öffentlichen Arbeiten ernannt.

Thielmann, Johann Adolf, Freiherr von, preuß. General der Kavallerie, geb. 27. April 1765 zu Dresden, trat 1782 als Junker in die sächs. Kavallerie, kämpfte in den Revolutionskriegen gegen Frankreich, nahm auf preuß. Seite teil an der Schlacht bei Jena und, als Sachsen sich dann mit Napoleon