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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Thielmann; Thielt; Thiene; Thienen; Thiengen; Thien-schan; Thien-tsin; Thierenbach; Thierenberg; Thierry

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Thielmann (Max Franz Guido, Freiherr von) - Thierry

verbündete (1807), gegen Preußen und Russen an der Belagerung von Danzig und an der Schlacht bei Friedland. Im Französisch-Österreichischen Kriege von 1809 suchte er sich, zum Obersten ernannt, mit einem kleinen Korps gegen die in Sachsen eingedrungenen Österreicher zu behaupten, dann führte er bei dem westfäl.-franz. Hilfskorps die Vorhut. Im Juli 1809 wurde er Generalmajor und im Febr. 1810 Generallieutenant. Im Feldzuge gegen Rußland führte er die sächs. Kürassierbrigade, kämpfte ruhmvoll bei Borodino und befand sich dann fast immer im Gefolge Napoleons I. Der König von Sachsen erhob hierauf T. in den Freiherrenstand. Als ihm 26. Febr. 1813 die Verteidigung von Torgau übergeben wurde, machte ihm der König von Sachsen strenge Neutralität zur Pflicht. Schon hoffte T., als der König mit Österreich in Unterhandlungen trat, einen Umschwung aller Verhältnisse zur Befreiung Deutschlands und verhandelte deshalb mit den verbündeten Monarchen in Dresden. Als er nach der Schlacht bei Lützen von seinem Könige 10. Mai den Befehl erhielt, die Festung den Franzosen zu übergeben, legte er das Kommando nieder, begab sich mit seinem Stabschef Aster in das Hauptquartier der Verbündeten und trat erst in russ. und, nachdem er nach der Schlacht bei Leipzig die sächs. Armee neu organisiert und sie 1814 in den Niederlanden befehligt hatte, im April 1815 in preuß. Dienste. An dem Tage von Waterloo hielt T. bei Wavre mit dem 3. Armeekorps das franz. Korps Grouchy fest und behauptete seine Stellung, wodurch er zum Erfolge der Hauptschlacht wesentlich mitwirkte. T. wurde hierauf kommandierender General des 7., später des 8. Armeekorps und starb als solcher 10. Okt. 1824 in Koblenz. - Vgl. von Hütel, Biogr. Skizze des Generals von T. (Berl. 1828): A. Graf von Holtzendorff, Beiträge zur Biographie des Generals Freiherrn von T. (Lpz. 1830): H. Oberreit, Beiträge zur Biographie und Charakteristik des Generals Freiherrn von T. (Dresd. 1830); F. Bülau, Geheime Geschichten und rätselhafte Menschen, Bd. 10 u. 12 (Lpz. 1864): H. von Petersdorff, General Johann Adolf, Freiherr von T. (ebd. 1894).

Thielmann, Max Franz Guido, Freiherr von, Diplomat, s. Bd. 17.

Thielt, Stadt in der belg. Provinz Westflandern, an den Bahnlinien T. - Lichtervelde (17 km) und Deynze-Ingelmünster, mit (1897) 10 339 E., von deren einst blühender Tuchindustrie noch die Tuchhalle Zeugnis ablegt. Die Stadt hat einen Belfried. Man treibt Spitzenklöppelei und Leinenweberei.

Thiene, auch Tiene, Hauptstadt des Distrikts T. (28 638 E.) der ital. Provinz Vicenza in Venetien, an der Seitenbahn Vicenza-Schio, bat (1881) 6484 E., Wasserleitung und ein Schloß mit Fresken von Paolo Veronese; Wollzeug- und Tuchweberei.

Thienen, belg. Stadt, s. Tienen.

Thiengen, Stadt im bad. Kreis und Amtsbezirk Waldshut, rechts an der Wutach, an den Linien Basel-Konstanz und Waldshut-Immendingen der Bad. Staatsbahnen, hat (1895) 2163 E., darunter 214 Evangelische und 131 Israeliten, Post, Telegraph, kath. Kirche, Schloß, neues Spital; Baumwollspinnerei und -Weberei, Landwirtschaft und Viehhandel. Zu T. gehört die Laufenmühle mit Baumwollspinnerei. Die Stadt, 855 als Sitz des freien Landgerichts erwähnt, war seit 1482 Hauptort des Klettgaues und gehörte seit 1687 dem Fürsten von Schwarzenberg.

Thien-schan, andere Schreibung für Thian-schan (s. d.).

Thien-tsin, s. Tien-tsin.

Thierenbach, Kloster, s. Sulz.

Thierenberg, preuß. Dorf, s. Bd. 17.

Thierry (spr. tĭärih), Amédée Simon, franz. Geschichtschreiber, Bruder des folgenden, geb. 2. Aug. 1797 zu Blois, widmete sich anfangs dem öffentlichen Lehrfache und erhielt eine Professur in Besançon. Nach der Julirevolution von 1830 ernannte ihn die Regierung zum Präfekten der Obern Saône. In den letzten zehn Jahren der Julimonarchie und auch unter dem zweiten Kaiserreich versah er das Amt eines Requetenmeisters im Staatsrat. Im Jan. 1860 erfolgte seine Ernennung zum Senator. T. starb 26. März 1873 zu Paris. Er ist der Verfasser eines "Résumé de l'histoire de la Guyenne" (Par. 1828) sowie mehrerer trefflicher Arbeiten über die älteste Geschichte Frankreichs. Dahin gehören vor allem: "Histoire des Gaulois jusqu'à la domination romaine" (3 Bde., Par. 1828 u. ö.), "Histoire de la Gaule sous l'administration romaine" (3 Bde., ebd. 1840-46 u. ö.), "Histoire d'Attila" (2 Bde., ebd. 1856 u. ö.; deutsch Lpz. 1859), "Récits de l'histoire romaine au cinquième siècle" (Par. 1860 u. ö.). Von seinen übrigen Arbeiten seien erwähnt: "Saint-Jérôme, la société chrétienne à Rome et l'émigration romaine en Terre-Sainte" (2 Bde., Par. 1867 u. ö.), "Saint-Jean Crysostome, et l'impératrice Eudoxie, la société chrétienne en Orient" (ebd. 1872; 2. Aufl. 1874).

Thierry (spr. tĭärih), Augustin, franz. Geschichtschreiber, geb. 10. Mai 1795 zu Blois, trat 1811 in die Normalschule und ging 1813 als Lehrer an eine Provinzialschule. Schon 1814 kehrte er indes nach Paris zurück, schloß sich mit Begeisterung den socialistischen Bestrebungen Saint-Simons an und veröffentlichte 1816 die Schrift "Des nations et de leurs rapports mutuels". Jedoch trennte er sich 1817 von Saint-Simon und wurde Mitarbeiter an dem Blatte Comtes und Dunoyers "Le Censeur européen". Später beteiligte er sich an dem "Courier français", in welchem er 1820 zehn Briefe über die franz. Geschichte veröffentlichte, die viel Aufsehen machten. T. erkannte, daß der äußerliche Pragmatismus der Geschichtschreibung die histor. Wahrheit nicht an das Licht fördern könne. Von tüchtigen Forschungen, einer lebhaften Phantasie und allgemeiner Bildung unterstützt, wendete er sich darum der genetischen Methode zu, die für die Engländer wie Franzosen neu war und von letztern gewöhnlich die beschreibende oder pittoreske genannt wird. Seine erste bedeutende Arbeit war die "Histoire de la conquête de l'Angleterre par les Normands" (3 Bde., Par. 1825 u. ö.; deutsch von Bolzenthal, 2 Bde., Berl. 1830-31). In erweiterter Form ließ er hierauf die obenerwähnten Briefe u. d. T. "Lettres sur l'histoire de France" (Par. 1827 u. ö.) erscheinen. Nach seiner fast gänzlichen Erblindung setzte er seine Arbeiten mit Hilfe seiner Freunde fort. T. hielt sich 1831-35 bald in den Bädern von Luxeuil, bald zu Vesoul bei seinem Bruder auf. Mit dessen Hilfe veröffentlichte er 1835 "Dix ans d'études historiques". Um diese Zeit übertrug ihm Guizot die Herausgabe des "Receuil des monuments inédits de l'histoire du tiers-état" (einer Abteilung der "Collection de documents inédits sur l'histoire de France"). Seine Hauptmitarbeiter waren Felix Bourquelot und Charles Louandre. 1840 publizierte T. die "Récits des temps méro-^[folgende Seite]