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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Thikötter - Thioresorcin

war, und einer geborenen Gräfin von Stade. T. erhielt eine sorgfältige Erziehung in der Klosterschule zu Quedlinburg, dann im Johanniskloster zu Magdeburg, kam 991 in das Domkapitel zu Magdeburg und wurde 1002 Propst des von seinem Großvater gestifteten Klosters Walbeck an der Aller. 1009 wurde er zum Bischof von Merseburg geweiht. Er starb 1. Dez. 1018. T. hat sich große Verdienste um das Bistum Merseburg erworben; wertvoll ist sein "Chronicon" (am besten hg. von Fr. Kurze in den "Scriptores rerum Germanicarum", Hannov. 1889; deutsch von Laurent; 2. Aufl. von Strebitzki, Lpz. 1892), das, ausgehend von einer Beschreibung der Geschicke Merseburgs, in acht Büchern die Geschichte von den Zeiten Heinrichs I. bis zu Ende Aug. 1018, zuletzt fast in Art eines Tagebuchs erzählt und in T.s eigenem Entwürfe erhalten ist. Das Werk ist die Hauptquelle für die Geschichte der slaw. Gegenden jenseit der Elbe. - Vgl. Wattenbach, Deutschlands Geschichtsquellen, Bd. 1 (6. Aufl., Berl. 1893); Heldenlieder der deutschen Kaiserzeit, Bd. 1 (Innsbr. 1894), S. 114-156.

Thikötter, Julius, evang. Theolog, s. Bd. 17.

Thile, Ludwig Gustav von, preuß. General und Staatsmann, geb. 11. Nov. 1781 zu Dresden, trat 1795 in den preuß. Militärdienst, wurde 1804 Adjoint im Generalstabe, 1811 Chef des Generalstabes beim Kommando in Pommern, 1812 Major und Direktor der 1. Division im Allgemeinen Kriegsdepartement (des spätern Militarkabinetts), machte in der Umgebung des Königs die Feldzüge mit und wurde 1815 Oberst; besondere Verdienste erwarb er sich dann um die Friedensorganisation der Landwehr als Inspecteur der Landwehr im Reg.-Bez. Potsdam. 1818 wurde T. Generalmajor, 1829 Generaladjutant, 1830 Commandeur der 6. Division, dann interimsweise Kommandant von Erfurt und Torgau, 1832 Generallieutenant, 1838 Mitglied des Staatsrats und Präses der Generalordenskommission. 1841 ernannte ihn Friedrich Wilhelm IV. zum Geh. Staatsminister und übertrug ihm die Verwaltung des Staatsschatzes und der Münzen. Einflußreich wurde T. vor allem durch den ihm übertragenen Immediatvortrag in allgemeinen Landesangelegenheiten. Namentlich in kirchlichen Fragen, in denen T. auf orthodox-pietistischem Boden stand, folgte der König seinem Rate. 1844 wurde T. General der Infanterie, 1848 trat er zurück und starb 21. Nov. 1852 in Frankfurt a. O.

Thing, s. Ding.

Thingvellir, Ort bei Reykjavik (s. d.).

Thinocoridae, s. Wachtelschnepfen.

Thioalkohol, s. Merkaptan.

Thioarseniate, s. Arsenpantasulfid ^[richtig: Arsenpentasulfid].

Thiobasen, s. Thioverbindungen.

Thiocyan, s. Rhodan.

Thiocyansäure, s. Rhodanwasserstoffsäure.

Thiodiphenylamin, s. Lauths Violett.

Thioform, das basisch dithiosalicylsaure Wismut, ein gelbliches, geruchloses Pulver, das man medizinisch als Jodoformersatz anwendet.

Thiol, eine durch Einführung von Schwefel in die Kohlenwasserstoffe der Mineralöle dargestellte Substanz, die in ihren pharmaceutischen Eigenschaften und Wirkungen vollständig dem Ichthyol (s. d.) entspricht und gleich diesem äußerlich bei Hautkrankheiten Verwendung findet. Vor dem Ichthyol besitzt es den großen Vorzug, daß es vollständig geruchlos ist.

Thionine, s. Lauths Violett.

Thionsäuren, soviel wie Polythionsäuren (s. d.).

Thionville (spr. tĭongwil), franz. Name von Diddenhofen (s. d.).

Thionyl, die zweiwertig wirkende Gruppe SO als Radikal des Thionylchlorides, SOCl2, und der sog. Sulfinverbindungen der organischen Chemie, z. B. des Diäthylsulfins, (C2H5)2SO, der Äthylsulfinsäure, C2H5·SO·OH, u. a. m.

Thiophen, eine chem. Verbindung von der Zusammensetzung C4H4S und der Konstitutionsformel

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Es findet sich im Steinkohlenteer und kann auch durch Synthese dargestellt werden. Die vier Wasserstoffatome des T. können durch andere Atome oder Atomgruppen ersetzt werden, wodurch eine sehr große Zahl von Thiophenderivate entsteht. Je nachdem die Substitution des Wasserstoffs an den mit α oder β bezeichneten, durch ihre Stellung zum Schwefelatom unterschiedenen Kohlenstoffatomen erfolgt, bilden sich verschiedene isomere α- oder β-Thiophenderivate. Die merkwürdigste Eigenschaft des von V. Meyer 1883 entdeckten T. ist seine große Ähnlichkeit mit dem Benzol. Es ist eine farblose, benzolähnlich riechende Flüssigkeit, die fast den gleichen Siedepunkt (84°) besitzt wie Benzol (80,4°). Auch in seinem chem. Verhalten ist es dem Benzol so ähnlich, daß es zu den aromatischen Verbindungen gezählt werden muß. Es unterscheidet sich vom Benzol durch die sog. Indopheninreaktion, indem es (und seine Derivate) beim Mengen mit Isatin und konzentrierter Schwefelsäure eine intensiv dunkelblaue Färbung giebt. Diese Reaktion fehlt dem ganz reinen Benzol; man hielt sie früher für eine charakteristische Eigentümlichkeit des Steinkohlenteerbenzols, bis man erkannte, daß das letztere immer einige Prozente T. enthält. Das T. wird von verschiedenen Reagentien leichter angegriffen als das Benzol. So kann man es dem Steinkohlenteerbenzol entziehen, wenn man dieses mit konzentrierter Schwefelsäure schüttelt, wobei zuerst das T. in Sulfosäure übergeführt wird, die von dem unveränderten Benzol durch Wasser getrennt werden kann. Die Thiophensulfosäure läßt sich durch Destillieren mit Wasserdämpfen wieder in freies T. und Schwefelsäure zerlegen. Die sonderbare Beziehung des T. zum Benzol zeigt sich auch bei den Derivaten, die man zum Teil auch genau so wie die Benzolderivate darstellen kann. So findet sich im Toluol aus Steinkohlenteer Thiotolen oder Methylthiophen, C4H3S·CH3, mit fast dem gleichen Siedepunkt wie Toluol, im Xylol ist Thioren (Dimethylthiophen), C4H2S(CH3)2, enthalten. Auch die α-Thiophencarbonsäure, C4H3S·COOH, ist der Benzoesäure in Aussehen, Geruch und Schmelzpunkt höchst ähnlich. Außerdem zeigt das T. mancherlei Beziehungen zu den ähnlich konstituierten Verbindungen Furfuran und Pyrrol. Eine praktische Bedeutung besitzen die Thiophenderivate bisher noch nicht.

Thioresorcin, Schwefelsubstitutionsprodukt des Resorcins, wird durch Einführung von Schwefel in eine kochendheiße Lösung von Resorcin in Natronlauge gewonnen. Es stellt ein schwach gelbliches oder gelblichgraues geruchloses, in Wasser unlösliches Pulver dar, welches als antiseptisches Wundheilmittel an Stelle des Jodoforms sowie gegen chronische Hautkrankheiten benutzt wird.