Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Thermointegrator; Thermomagnetischer Effekt; Theuriet; Thiooxydiphenylamīn; Thomasschlackenmehl; Thomassin

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Thermointegrator - Thomassin.

meine Religionsgeschichte anfängt, Vertretung zu finden (in ausgezeichneter Weise z. B. durch K. Furrer in Zürich), darf man sich wohl der Hoffnung hingeben, es werde der etwas schimärisch erscheinende Plan des Moralphilosophen Adler, eine umfassende Phänomenologie des religiösen Bewußtseins mit geschichtlich-geographischer Grundlage herzustellen, seiner Erfüllung im Laufe der Zeiten näher rücken und dadurch der christlichen Theologie ein Regulator erwachsen, welcher den religiösen Wert ihres eigentümlichen Quellpunktes nicht antasten, wohl aber doch vieles unmöglich machen würde, was jetzt Unliebsames und Maßloses aus einer isolierten und unkontrollierbaren Schätzung ihrer Reichtümer sich ergibt. Wer andre Religionen gründlich kennt, wird für die Wertung des Christentums einen Maßstab zu gewinnen suchen, der es nicht sofort übertroffen werden läßt durch das, was jene an mythologischer Phantasterei, mythischem Helldunkel und asketischem Abenteuer sogar noch vor ihm voraus haben.

Hilfsmittel, welche auch den der Zunfttheologie ferner Stehenden, sofern es ihm nur weder an wissenschaftlicher Bildung noch an religiösem Verständnis gebricht, zu orientieren vermögen, sind: der jetzt von Lipsius herausgegebene »Theologische Jahresbericht«, dessen letzter Band (für 1889) an Allseitigkeit und Vollständigkeit alle vorigen Jahrgänge hinter sich läßt, und das 1888-91 in zweiter Auflage und bedeutend erweitertem Umfang erschienene »Lexikon für Theologie und Kirchenwesen« von Holtzmann und Zöpffel.

Thermointegrator, s. Lufttemperatur.

Thermomagnetischer Effekt, eine von v. Ettingshausen und Nernst zuerst beobachtete Erscheinung, welche große Ähnlichkeit mit dem Hallschen Phänomen (s. d.) hat, nur daß dort der primäre galvanische Strom durch einen Wärmestrom ersetzt wird. Läßt man nämlich durch eine rechteckige Wismutplatte Bi (s. Figur) parallel den Langseiten Wärme W fließen, etwa indem man durch an den kurzen Seiten angelötete kupferne Röhren Wasser von verschiedener Temperatur strömen läßt, und verbindet zwei auf einer Querlinie gelegene Punkte a u. b, welche gleiche Temperatur besitzen, da alle zu der Richtung des Wärmestroms senkrechte Gerade offenbar Linien gleicher Temperatur oder Isothermen sind, durch angelötete Drähte mit einem Galvanometer G, so bleibt letzteres selbstverständlich in Ruhe; bringt man aber die Wismutplatte zwischen die Pole eines starken Elektromagnets, so daß die magnetischen Kraftlinien die Ebene der Platte senkrecht schneiden, so zeigt das Galvanometer einen dauernden galvanischen Strom s an, dessen Richtung sich ändert, sowohl wenn man die Pole des Elektromagnets, als auch wenn man die Richtung des Wärmestroms umkehrt. Die Richtung dieses thermomagnetischen Stromes bestimmt sich durch die Regel, daß man von der Eintrittsstelle des Wärmestroms W in die Platte zur Eintrittsstelle des Stromes s durch eine Bewegung gelangt, welche der (in der Figur durch den obern Pfeil angedeuteten) Richtung der Ampèreschen Ströme (s. Magnetismus [Theorien] Bd. 11, S. 89) des Magnetfeldes entgegengesetzt ist. In demselben Sinn, jedoch weit schwächer als beim Wismut, verläuft der thermomagnetische Strom bei Antimon, Nickel, Kobalt, Tellur; ferner sehr schwach bei Kupfer, Zink, Silber, Kohle; zweifelhaft bei Blei und Zinn; in entgegengesetztem Sinn tritt er auf bei Eisen und Stahl. Die zu dem Wärmestrom senkrecht gerichtete elektromotorische Kraft, welche diesen Strom hervorruft, ist proportional dem Abstand a b der Elektroden, nahezu proportional der Stärke des Magnetfeldes und dem Wärmegefälle in der Platte, jedoch unabhängig von der Dicke derselben. Außer diesem transversale Effekt beobachtet man bei Wismut noch einen longitudinalen Effekt. Werden nämlich die zum Galvanometer führenden Drähte auf der Längsachse der Platte, etwa in a' und b', also in Punkten von ungleicher Temperatur, aufgesetzt und wird der hierbei notwendig entstehende thermoelektrische Strom in geeigneter Weise kompensiert, so entsteht bei Erregung des Magnetismus ein dauernder Strom, dessen Richtung sich bei Umkehrung der Pole nicht ändert; seine elektromotorische Kraft ist annähernd dem Quadrat der Stärke des Magnetfeldes proportional und hängt außerdem noch ab von den Temperaturen in den Punkten a' und b'. Leitet man statt des Wärmestroms einen galvanischen Strom der Länge nach durch die rechteckige Wismutplatte und bringt dieselbe senkrecht zu den Kraftlinien zwischen die Magnetpole, so zeigt sich an den freien Seitenrändern der Platte eine galvanomagnetische Temperaturdifferenz, indem die Temperatur des einen Randes erhöht, die des andern erniedrigt wird.

^[Abb.: Schema]

Theuriet, André, franz. Schriftsteller. Vgl. Besson, André T. (Par. 1890).

Thiooxydiphenylamīn, s. Sulfaminol.

Thomasschlackenmehl (Thomasphosphatmehl) enthält 10-18 Proz. Phosphorsäure nebst etwa 45 Proz. Kalk, außerdem mehr oder weniger Eisenoxydul etc. 1 kg Phosphorsäure kommt in dem T. je nach der Entfernung vom Fabrikort nur auf 12-20 Pf. zu stehen, da 100 kg T. zu 3,80-4,20 Mk. angeboten werden. Es ist um so wirksamer, je feiner (0,2 mm Korngröße) es gemahlen ist. 2,5 kg Phosphorsäure in dem T. besitzen die gleiche Wirkung auf den Ertrag der Kulturpflanzen wie 1 kg lösliche Superphosphat-Phosphorsäure, dagegen aber eine andauerndere Wirkung auf die Nachfrüchte. Am wirksamsten ist das T. (400-1200 kg pro Hektar) im Herbst auf Wiesen und mehrjährige Futterfelder sowie auf Moor-, Sand- und allen kalkarmen Bodenarten. Aus demselben wird das noch wirksamere Nienburger Präzipitat mit 18-24 Proz. Phosphorsäure und das Thomaspräzipitat mit 30-33 Proz. Phosphorsäure auf einfache Weise dargestellt. Die Produktion von T. in Deutschland kann pro Jahr auf 4 Mill. Ztr. geschätzt werden, was bei einem Durchschnittsgehalt von 17,5 Proz. einer Menge von 700,000 Ztr. Phosphorsäure entspricht. Vgl. Fleischer, Entphosphorung des Eisens durch den Thomasprozeß und ihre Bedeutung für die Landwirtschaft (Berl. 1885); Wagner, Die Thomasschlacke (2. Aufl., Darmst. 1887); Marek, Über den relativen Düngewert der Phosphate (Dresd. 1889); Wagner, Anleitung zu einer rationellen Düngung mit Phosphorsäure, insbesondere mit Superphosphat und T. (Darmst. 1890).

Thomassin (spr. -ssäng), François Achille, franz. General, geb. 2. April 1828 zu Metz, verließ 1847 die Schule von St.-Cyr als Unterleutnant, diente 22 Jahre in Algerien, wurde 1869 als Oberstleutnant in das 48. Linienregiment versetzt, ward 1870 in der Schlacht von Wörth nach tapferm Kampfe mit dem Reste seines