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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Ungarische Weine – Ungarn (Oberflächengestaltung und Bewässerung)

Ungarische Weine. Ungarn ist eins der weinreichsten Länder Europas, dessen Gesamterträgnis 1896 aus 2–3 Mill. hl (auf 186643 ha) veranschlagt wurde. Mit Ausnahme der nördlichsten Karpatenstriche, dann der Marmaros und dem Szekler- und Burzenlande in Siebenbürgen sowie der ehemaligen Karlstädter Militärgrenze gedeiht in Ungarn die Weinrebe allenthalben. Ungefähr ein Sechstel der Weinberge liegt in der Ebene; sehr vorteilhaft sind als Unterlage vulkanische Verwitterungsprodukte (Tokaj, Badacsony, Somlyó) und die Beimengung von Thonarten (Erlau, Ménes, Ofen). Die verbreitetsten Traubensorten sind Formint (Moslavina), Hárslevelü, Sárfehér, Gohér (Gutedel), Forkó, Bakator (Bacca d'oro), Szerémi, Erdelyi für Weißweine; Kadarka, Magyorka, Parcsin, Sylvaner für rote. In der Neuzeit bemühen sich verschiedene Weinbauvereine mit Erfolg um bessere Kultur und namentlich Kellerbehandlung. Von weißen Weinen erster Klasse sind zu nennen: Tokajer Wein (s. Tokaj), gewöhnliche Ausbruchweine (von südländischen, besonders griech. Trockenbeeren), Menenter Ausbruch (aus Ménes-Magyarmat und Arad) und Ruster (Ruszter, von Ödenburg, Preßburg, Ruszt, Vieselburg u.a.O.); zweiter Klasse, weiße: Somlauer, Badacsonyer, Neszmélyer (Meßmieler), Dioszeger Bakator, Ermelléker, Szerednyer, Krassoer und Weißkirchner; rote: Erlau-Visontaer, Szegszárder, Villányer, Ofen-Adlersberger u.s.w. Unter diesen Weinen stehen am höchsten im Werte die Ausbrüche oder Dessertweine, welche leider vielfach verfälscht in den Handel gelangen. Exportiert werden nur bessere Sorten von 25 Fl. aufwärts bis 100 Fl. per Hektoliter. Für edle herbe Weißweine der Tokajer Hegvalja und Dessert-Ausbruchweine zahlt man bis 200 Fl. per Hektoliter. Die geringen Sorten Weiß- und Rotweine eignen sich nicht für den deutschen Geschmack. Besondere Specialitäten sind die Banater und syrmischen Wermute, auf eingelegte frische blaue Trauben übergossene alte Weißweine, die überdies mit Wermutkraut und andern Gewürzen versetzt werden, das ist der sog. raizische Wermut, der namentlich in Syrmien viel erzeugt wird. Auch die Schaumweinfabrikation wird in Ungarn, namentlich in Preßburg und Budapest, im großen Maßstabe (aber auch in Promontor, Velencze und Fünfkirchen in jährlich größerm Umfange) betrieben; sie liefert gut bereitete Weine. Hauptweinhandelsplätze sind für Dessertweine: Budapest (mit der Landescentralkellerei), Tokaj und Ödenburg; für Rotweine: Ofen, Erlau, Villány, Szegszárd; für Weißweine: Pest-Steinbruch, Preßburg, Somlyó, Badacson, Weißenburg, Versecz, Neusatz. – Vgl. W. Hamm, Das Weinbuch (3. Aufl., Lpz. 1886).

Ungarisch-Galizische Eisenbahn, Erste, ehemalige Privatbahn mit dem Sitze in Wien, deren Strecken teils in Galizien (Przemyśl-Galiz.-ungar. Grenze bei Lupkow = 147 km), teils in Ungarn (Grenze-Leg. Mihalyi = 120 km) liegen und welche sich seit 1889 im Betriebe des österr. und ungar. Staates befinden. (S. Tabellen zur Übersichtskarte der Eisenbahnen in Österreich-Ungarn beim Artikel Österreichisch-Ungarische Eisenbahnen.)

Ungarisch-Hradisch. 1) Bezirkshauptmannschaft in Mähren, hat 863,47 qkm und (1890) 94394 (44444 männl., 49950 weibl.) E. in 91 (Gemeinden mit 95 Ortschaften und umfaßt die Gerichtsbezirke Napajedl, U. und Ungarisch-Ostra. –

2) U., czech. Hradiště Uherské, königl. Stadt mit eigenem ↔ Statut, in der Niederung der March, an den Linien Wien-Krakau der Kaiser-Ferdinands-Nordbahn und Kunowitz-U. (6 km) der Österr.-Ungar. Staatsbahn, Sitz der Bezirkshauptmannschaft, eines Bezirksgerichts (298,09 qkm, 35014 E.), Kreisgerichts und einer Finanzbezirksdirektion, hat (1890) 3939 deutsche und czech. E., in Garnison das 25. Feldjägerbataillon, eine schöne Pfarrkirche, Franziskanerkloster mit Kirche, Mariensäule aus Marmor, deutsches Staatsobergymnasium, czech. Privatgymnasium, Bürgerschule, Nebenstelle der Österr.-ungar. Bank; Malz-, Parkett-, Zuckerfabrik, Dampfsägewerk, Gersten- und Rübenbau, bedeutenden Handel mit Getreide, Flachs, Garn, Wolle und Vieh. – Vgl. Galusek, Geschichte der Stadt Hradisch (1879).

Ungarisch-Ischl, Badeort, s. Sáros.

Ungarisch-Kreuz, s. Székely-Kresztúr.

Ungarisch-Ostra, czech. Ostroh, Stadt in der österr. Bezirkshauptmannschaft Ungarisch-Hradisch in Mähren, auf einer Insel der March, an der Linie Brünn-Vlarapaß der Österr.-Ungar. Staatsbahn, Sitz eines Bezirksgerichts, hat (1890) 1043 meist czech. E., darunter 216 Israeliten in eigener Gemeinde, eine Pfarrkirche und ein ansehnliches Schloß des Fürsten Liechtenstein (18. Jahrh.); Bierbrauerei, 2 Malzfabriken, Zuckerfabrik.

Ungarisch-Weißkirchen, s. Weißkirchen.

Ungarn (ungar. Magyarország, lat. Hungaria), im weitern Sinn die Länder der ungar. Krone der Österreichisch-Ungarischen Monarchie (s. d.) oder Transleithanien (s. d.), im engern aber nur das Königreich U. ohne Siebenbürgen, grenzt im N. an Österreichisch-Schlesien und Galizien, im O. an die Bukowina und das siebenbürg. Gebiet, im S. an Serbien und das Königreich Kroatien und Slawonien, im W. an Steiermark, Niederösterreich und Mähren und umfaßt 224018,52, mit Siebenbürgen 279749,68, mit Kroatien-Slavonien und Fiume 322310,1 qkm (s. Tabelle auf S. 74). (Hierzu eine Karte: Ungarn und Galizien.)

Oberflächengestaltung und Bewässerung. Mit Ausnahme eines kleinen Teils des Marchlandes westlich von den Kleinen Karpaten und der östlichsten Alpenausläufer ist U. ein orographisch und hydrographisch durchaus einheitliches Gebiet, das große von dem Karpatenbogen nach drei Seiten umschlossene Becken, das sämtliche vom Hochrande herabkommenden Gewässer vereinigt. Wenn man von dem gebirgsumschlossenen siebenbürg. Hochland (s. Siebenbürgen) absieht, zerfällt das Land in einen kleinen gebirgigen und einen dreimal so großen ebenen Teil. Die Hauptmasse des erstern bilden die Karpaten, besonders im Nordwesten, wo allein die innere Zone des Systems noch erhalten ist, die Centralkarpaten oder das Karpatisch-ungarische Hochland (s. Karpaten). Die große zwischen diesem Oberungarn und dem siebenbürg. Hochlande gelegene Tiefebene wird durch einen von SW. nach NO. streichenden Gebirgszug (Bakonyerwald, Matra und Bükkgebirge) in zwei ungleiche Teile getrennt. Die kleinere oberungar. Tiefebene im NW., im Mittel 140 m hoch gelegen, etwa 12000 qkm umfassend, ist größtenteils fruchtbar, besonders die Donauinseln Schütt. Von Sumpfbildungen ist die größte der Hansag (s. d.) mit dem Neusiedler See. Die Verbindung zwischen dieser und der großen ungar. oder niederungar. Tiefebene bildet die mächtige zwischen Bakonyerwald, Drau und Donau sich ausbreitende Lößtafel, auf der inselförmig kleinere Bergzüge, be-

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 72.