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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Unzelmann; Unzertrennliche; Unzuchtsverbrechen

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Unzelmann - Unzuchtsverbrechen.

einheit von sehr verschiedenem Wert. Als Gewicht war die U. in Deutschland = 2 Lot oder 1/16 Pfd. (= 1/8 köln. Mark), in Italien (oncia) der 12. Teil eines Pfundes; in England hat das Handelspfund 16 Ounces, das Troypfund (für edle Metalle etc.) aber 12 schwerere Ounces. Als Apothekergewicht ist die U. überall der 12. Teil des Medizinalpfundes und wird durch das Zeichen £ bezeichnet. Als Münze diente die U. entweder bloß als Rechnungsmünze, oder kam auch wirklich geprägt vor, so die Goldunze (oncetta) in Sizilien, die Onza de oro in Spanien, Mexiko und den südamerikanischen Staaten, wo sie 16 bisherige spanische Piaster im Wert von 65-66 Mk. galt. Als Längenmaß war die U. in Italien s. v. w. 1 Zoll.

Unzelmann, 1) namhafte Schauspielerfamilie. Karl Wilhelm Ferdinand, geb. 1. Juli 1753 zu Braunschweig, wirkte an verschiedenen Theatern Deutschlands als ausgezeichneter Komiker, seit 1788 in Berlin, wo er von 1814 bis 1823 Regisseur des Schau und Lustspiels war, dann pensioniert 21. April 1832 starb. Seine besten Rollen waren: der Wachtmeister in "Minna von Barnhelm", Vansen im "Egmont", der Bürgermeister in den "Deutschen Kleinstädtern", Martin in "Fanchon". Seine Gemahlin war die nachmalige berühmte Bethmann (s. d. 2). Sein Sohn Karl Wolfgang, geb. 6. Dez. 1786 zu Mainz, wurde von Goethe der Bühne zugeführt, die er 1802 in Weimar zuerst betrat, und übertraf bald seinen Vater an Gewandtheit und Vielseitigkeit. Er wirkte mit größter Auszeichnung in der Posse wie im Lustspiel und war seiner Zeit der beste Bonvivant der deutschen Bühne. 1821 verließ U. Weimar und nahm in Dresden, 1823 in Wien, 1824 in Berlin, dann in rascher Folge bei verschiedenen andern Bühnen Engagement. Seine ungeregelte Lebensweise führte ihn endlich zum Selbstmord. Er ertränkte sich 21. März 1843 im Tiergarten bei Berlin. Bertha, Nichte des vorigen, geb. 19. Dez. 1822 zu Berlin, betrat 1842 als Luise ("Kabale und Liebe") die Bühne in Stettin, war von 1842 bis 1843 beim Königsstädter Theater in Berlin, dann in Neustrelitz, Bremen und Leipzig angestellt und folgte 1847 einem Ruf an das Hoftheater nach Berlin, wo sie sich mit dem Heldenspieler Joseph Wagner aus Wien verheiratete. Beide wurden 1850 beim Burgtheater in Wien lebenslänglich angestellt. Sie starb daselbst 7. März 1858, nachdem sie, von unheilvoller Krankheit befallen, schon seit 1854 der Bühne fern gewesen war. Von hoher Bildung, war sie ausgezeichnet in der Auffassung und Darstellung weicher, gefühlvoller Charaktere u. gehörte zu den berühmtesten Darstellerinnen des Gretchen.

2) Friedrich Ludwig, Holzschneider, Bruder von Karl Wolfgang U., geb. 1797 zu Berlin, machte seine Studien an der Akademie und bildete sich unter der Leitung von Gubitz aus. Sein Bestreben, die Holzschneidekunst aus dem Verfall zu neuer Blüte zu erheben, fand Unterstützung durch A. Menzel, mit welchem U. um 1835 in Verbindung trat. Unter Menzels Einfluß bildete er den Faksimileschnitt aus und gelangte darin zu einer vollkommenen Meisterschaft. Nach Menzel schnitt er unter anderm den Tod des Franz von Sickingen, das Blatt zum Jubiläum der Erfindung der Buchdruckerkunst (Gutenberg und Schöffer), einen Teil der Illustrationen zur Geschichte Friedrichs d. Gr. von Kugler und zur Prachtausgabe der Werke Friedrichs d. Gr. (neue Ausg., Berl. 1886) und das Porträt Shakespeares, sein Hauptwerk (1851). Er wurde 1843 Mitglied der Berliner Kunstakademie und 1845 Professor der Holzschneidekunst an derselben. Er starb auf einer Reise 29. Aug. 1854 in Wien.

Unzertrennliche, s. Papageien, S. 669.

Unzuchtsverbrechen (Sittlichkeitsverbrechen, Unzuchtsdelikte, Fleischesverbrechen, Delicta carnis), strafbare Handlungen, welche in einer gesetzwidrigen Befriedigung des Geschlechtstriebs bestehen. Das ältere Recht betrachtete den außerehelichen Geschlechtsverkehr überhaupt als strafbar, wenigstens insofern er mit einer sonst ehrbaren Frauensperson gepflogen wurde, daher denn auch die freiwillige, außereheliche Schwächung (stuprum voluntarium) nach dem römischen Recht nicht nur an der Geschwächten, sondern auch an dem Stuprator gestraft und im Mittelalter, nachdem die Geistlichkeit dies Delikt vor ihr Forum gezogen hatte, an der gefallenen Frauensperson durch die Strafe der öffentlichen Kirchenbuße geahndet wurde. Das moderne Strafrecht erachtet den außerehelichen Geschlechtsverkehr an und für sich nicht mehr als strafbar. Das deutsche Reichsstrafgesetzbuch insbesondere bestraft Weibspersonen, die gewerbsmäßig Unzucht treiben, nur dann mit Strafe (Haft bis zu sechs Wochen), wenn sie unter polizeiliche Aufsicht gestellt sind und den in dieser Hinsicht zur Sicherung der Gesundheit, der öffentlichen Ordnung und des öffentlichen Anstandes erlassenen polizeilichen Vorschriften zuwiderhandeln, oder wenn sie gewerbsmäßige Unzucht treiben, ohne einer solchen Aufsicht unterstellt zu sein. Dagegen werden im deutschen Strafgesetzbuch folgende unsittliche Handlungen als U. behandelt und bestraft: Blutschande, d. h. der Beischlaf zwischen Verwandten auf- und absteigender Linie, zwischen Geschwistern und zwischen Verschwägerten auf- und absteigender Linie (s. Inzest); Notzucht (stuprum violentum), d. h. die Nötigung einer Frauensperson zur Duldung des außerehelichen Beischlafs durch Gewalt oder durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (das frühere Erfordernis eines Strafantrags bei diesem Verbrechen ist durch die Novelle zum Strafgesetzbuch vom 26. Febr. 1876 beseitigt); Schändung (stuprum non voluntarium nec violentum), d. h. der außereheliche Beischlaf mit einer geisteskranken oder einer in willen- oder bewußtlosem Zustand befindlichen Frauensperson, wobei es als Notzucht bestraft wird, wenn der Thäter die Frauensperson absichtlich in diesen Zustand versetzt hat. Ferner gehören hierher; unzüchtige Handlungen, welche Vormünder mit ihren Pflegebefohlenen, Eltern mit ihren Kindern, Geistliche, Lehrer und Erzieher mit ihren minderjährigen Schülern oder Zöglingen, Beamte mit Personen, gegen die sie eine Untersuchung zu führen haben, oder welche ihrer Obhut anvertraut sind, Beamte, Ärzte und andre Medizinalpersonen, welche in Gefängnissen oder in öffentlichen, zur Pflege von Kranken, Armen oder andern Hilflosen bestimmten Anstalten beschäftigt oder angestellt sind, mit den hier aufgenommenen Personen vornehmen; unzüchtige Handlungen, welche mit Gewalt an einer Frauensperson vorgenommen werden, oder zu deren Duldung dieselbe durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben genötigt wird; endlich unzüchtige Handlungen mit Personen unter 14 Jahren. In allen diesen Fällen tritt die strafrechtliche Verfolgung von Amts wegen ein. Dagegen wird die Verleitung einer Frauensperson zur Gestattung des Beischlafs durch Vorspiegelung einer Trauung oder durch Erregung oder Benutzung eines andern Irrtums, in welchem sie den Beischlaf für einen ehelichen hielt, nur auf Antrag bestraft. Außerdem gehören zu den U. des Reichsstrafgesetzbuchs: die widernatürliche Unzucht, welche entweder zwischen Personen männlichen Geschlechts (Pä-^[folgende Seite]