Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

23

Abdera - Abd ul Asis.

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Abd el Kader'

zösische Akademie einsandte. In französischer Sprache erschien es von Dugat bearbeitet unter dem Titel: "Rappel à l'intelligent, avis à l'indifférent" (Par. 1858). A. starb 26. Mai 1883 in Damaskus. Seine Söhne nahmen teils eine französische Pension an, teils traten sie in den Dienst der Türkei. Vgl. Bellemare, A., sa vie politique et militaire (Par. 1863); Churchill, Life of A. (Lond. 1867).

Abdēra, Stadt im alten Thrakien, östlich von der Mündung des Nestos, 541 v. Chr. von Teos aus gegründet, fiel später unter die Herrschaft Philipps von Makedonien, zuletzt unter die der Römer. Ihre Einwohner standen im Ruf der Einfältigkeit, so daß der Name Abderit zum Spottnamen wurde, obschon Männer wie Demokritos, Protagoras und Anaxarchos aus A. hervorgegangen sind. Bei uns ward der Name Abderas populär besonders durch Wielands Roman "Geschichte der Abderiten", worin er in ergötzlicher Weise die Stadt als den Typus aller Kleinstädterei darstellt. Daher Abderitismus, s. v. w. einfältiges, beschränktes Wesen, Kleinstädterei.

Abd er Rahmân, s. Abd ur Rahmân.

Abdest (pers.), die frommen Waschungen der Mohammedaner, in Indien und Persien Taharet genannt, ohne welche die fünf Gebete des Tags nicht verrichtet werden können. In Ermangelung von Wasser müssen die Waschungen mit Sand vorgenommen werden und heißen dann Tejemmun.

Abdias, angeblich einer der 70 Jünger Christi und fingierter erster Bischof von Babylon; das unter seinem Namen kursierende, die Lebensbeschreibungen der Apostel enthaltende Werk "De historia apostolici certaminis libri X"; ist kaum vor dem 7. Jahrh. verfaßt, erst im Mittelalter erwähnt und zuerst von Lazius (Bas. 1551) herausgegeben.

Abdikation (lat.), Niederlegung einer Würde, besonders der Regierung, Abdankung (s. d.); Abdikationsakte, -Urkunde, das Dokument, in welchem der Monarch die Niederlegung der Regierung erklärt.

Abdizieren (lat.), abdanken, s. Abdankung.

Abdōmen (lat.), Unterleib (s. Bauch); abdominal, auf den Unterleib bezüglich.

Abdominaltyphus, s. Typhus.

Abdruck, im allgemeinen jedes Gebilde, welches durch Druck hervorgebracht wird und ein Abbild des drückenden oder gedrückten Körpers darstellt. Man unterscheidet Abdrücke auf ebener Fläche, z. B. in der Buchdruckerei, Kupferstecherkunst, Steindruckerei etc., und Abdrücke in Relief, die entweder vertieft oder erhaben sind. Da man bei dem unmittelbaren A. eines Gegenstands auf einen Stoff, der nicht so dünn ist, daß die Formen auf der entgegengesetzten Seite durchtreten, ein verkehrtes Bild erhält, so dienen solche unmittelbare Abdrücke in den meisten Fällen nur als Matrizen, die hernach durch eine weiche, bald fest werdende Masse ausgefüllt werden, welche sofort die Teile in der ursprünglichen Konkavität und Konvexität darstellt. Zu solchen Formen eignet sich am besten mit Wasser angerührter Gips, welcher alle Züge der Formen genau wiedergibt und sehr schnell erstarrt. Außerdem werden verschiedene Metalle und Metallmischungen, gebrannter Kalk, pulverisierter und mit Tragantschleim zu einem dicken Teig verriebener schwarzer Schiefer, Tripel, Sand, Glas, Alaun, Thon, Siegellack, Schwefel, Brot, Celluloid, ganz besonders aber Guttapercha zu Abdrücken verwendet. Abdrücke von Blättern etc. erhält man, wenn man eine glatt geschliffene Steindruckplatte gleichförmig mit einem dünnen Überzug von Kupferdruckerschwärze bestreicht, dann die mit Papier bedeckte ↔ Pflanze mittels einer Presse auf die Platte aufdrückt, nach kurzer Zeit wieder behutsam abzieht und mit der geschwärzten Fläche auf angefeuchtetes weißes Papier legt. Um Schmetterlinge abzudrücken, bestreicht man weißes Papier mit einer klebenden Lösung, breitet auf der bestrichenen Stelle die abgeschnittenen Flügel in gehöriger Ordnung und Lage aus, bringt sie so zwischen zwei andre Blätter Papier und bewirkt durch vorsichtigen Druck mit der Hand und sanftes Streichen mit dem Daumennagel, daß sich der bunte Staub der Flügel an die mit der klebrigen Lösung bestrichene Fläche ansetzt.

Natürliche Abdrücke von Pflanzen und Tieren findet man in vielen geschichteten Steinen; sie unterscheiden sich von den Versteinerungen dadurch, daß bei letztern auch die innere Substanz des organischen Körpers, mehr oder weniger metamorphosiert, vorhanden ist. Die Steinkerne bilden Abdrücke des innern Hohlraums von Schneckenschalen, Muscheln etc. (vgl. Petrefakten). Über Naturselbstdruck s. d., über galvanoplastische Abdrücke s. Galvanoplastik.

Abduktoren (Abziehmuskeln) dienen zur Fortbewegung eines Gliedes von einem andern ihm naheliegenden oder von der Achse des Körpers.

Abd ul Asis, der 32. Sultan der Osmanen, geb. 9. Febr. 1830, zweiter Sohn Sultan Mahmuds II., erhielt die herkömmliche Haremerziehung und lebte als Erbe der Krone in der traditionellen Zurückgezogenheit. Als er seinem Bruder Abd ul Medschid 25. Juni 1861 auf dem Thron folgte, regten sich große Hoffnungen. Er galt als sparsam und mäßig, zugleich als der europäischen Kultur nicht abgeneigt. Auch zeigte sich A. anfangs vorurteilslos; er erklärte, sich mit Einer Frau begnügen zu wollen, lenkte durch die Bestätigung des Hattischerifs von Gülhane sowie des Hattihumajums vom Jahr 1856 in die Bahn der Reformen ein und setzte seine Zivilliste von 75 auf 12 Mill. Piaster herab. Doch bekundete er bald eine bedenkliche und sehr kostspielige Neigung für das Heerwesen. Die Armee ward verstärkt, neue Kleidung und Bewaffnung eingeführt, und großartige Manöver verschlangen enorme Summen. Alle Reformen aber blieben oberflächlich. Was Armee und Marine von den verschiedenen Anleihen, zu denen man seine Zuflucht nahm, übrigließen, diente vor allem zur luxuriösen Verschönerung der Reichshauptstadt, zu kostspieligen Reisen und Jagdvergnügungen des Herrschers. In der Verwaltung ging alles auf dem alten Fuß fort. Die Verschwendung und Haremswirtschaft wirkten bald ebenso verderblich wie früher. Dabei hatte seine Regierung fortwährend mit den größten Schwierigkeiten zu kämpfen, wie mit dem Aufstand Kretas 1867-69, dem Verlangen Rumäniens und Serbiens nach völliger Selbständigkeit, endlich mit wiederholten Ausbrüchen des mohammedanischen Fanatismus. Dennoch erwartete man von ihm immer noch Reformen nach europäischem Muster, zumal er die jungtürkischen Staatsmänner Fuad und Aali in den höchsten Staatsämtern ließ und 1867 selbst eine Reise nach dem westlichen Europa unternahm. Nach dem Tod jener Minister ernannte er aber 1871 Mahmud Nedim Pascha zum Großwesir und betrieb nun allein noch den Plan, anstatt seines Neffen Murad, den die alte Thronfolgeordnung bestimmte, seinen Sohn Jussuf Izzedin zum Erben des Reichs ernennen zu lassen. Um dies vorzubereiten, hatte er schon 1865 dem Vizekönig von Ägypten das Erstgeburtsrecht zugestanden. Sogar mit Rußland ließ er sich in Verhandlungen über einen Staatsstreich mit russischer Hilfe ein, um die alte

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 24.