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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Albert

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Albert.

St. James, Hyde und Windsor etc. und erhielt 1857 den Titel "Consort of Her most gracious Majesty". Er trat in den Geheimen Rat ein und wohnte den Audienzen bei, welche die Königin den Ministern gab. Er nahm von allen vertraulichen Staatsschriften Kenntnis und wurde geradezu als Eine Person mit der Königin betrachtet. Den 1850 von Wellington gemachten Vorschlag, A. solle sein Nachfolger im Oberbefehl über das Heer werden, lehnte er ab, um nicht seine Stellung als vertrauter Ratgeber der Königin in allen Staatsangelegenheiten durch zu ausschließliche Beschäftigung mit einem Geschäftszweig zu gefährden, wirkte jedoch nach dem Tod Wellingtons bei den dringenden Reformen im Militärwesen mit. Vorübergehend wurde wohl seine Einmischung heftig angegriffen, namentlich 1854, wo man ihn russischer Sympathien beschuldigte - ganz mit Unrecht, wie sich bald zeigte. Überhaupt vermied er es, öffentlich und direkt seinen Einfluß auf die Staatsgeschäfte geltend zu machen, wiewohl er, seiner Stellung und seinen hohen geistigen und moralischen Gaben entsprechend, in der Stille als der vertrauteste Rat der Königin einen höchst bedeutenden und segensreichen Einfluß geübt hat. Allgemein anerkannt wurde seine Thätigkeit auf dem von ihm besonders gepflegten Gebiet der Wissenschaften und Künste. Seit 1847 Kanzler der Universität Cambridge, hob er dieselbe sehr und ließ namentlich der Geschichte, den neuern Sprachen und den schönen Künsten größere Berücksichtigung zu teil werden. Von ihm rührte der Plan zu einer Weltindustrieausstellung in London her. Jedes gemeinnützige Unternehmen fand bei ihm eifrige Förderung, und er war als Protektor zahlreicher Anstalten der Wohlthätigkeit und Humanität unermüdlich thätig: so nahm er besonders die freien Armenschulen (ragged schools) und Besserungsanstalten für jugendliche Verbrecher unter seinen Schutz, sorgte für die Wohnungen der ärmern Klassen, gab der industriellen Entwickelung eine mächtige Anregung und trug viel zur Hebung des Ackerbaus und der Viehzucht bei, indem er durch seine Musterfarm im Windsorpark zeigte, zu wie hohen Ergebnissen auch hier eine rationelle Behandlung zu führen vermöge. So gelang es ihm mit der Zeit, alle gegen ihn als Ausländer anfänglich gehegten Vorurteile zum Schweigen zu bringen und große Popularität zu erlangen. Sein 14. Dez. 1861 infolge eines typhösen Fiebers erfolgter plötzlicher Tod erregte daher die allgemeinste und tiefste Trauer. Namentlich war die königliche Witwe untröstlich, und lange Zeit hielt sie sich, soweit nicht unabweisbare Regentenpflichten es erheischten, von der Öffentlichkeit fern. Zahlreiche Monumente, dem Andenken des Prinzen geweihte Institute etc. bringen seinen Namen auf die Nachwelt. Seine Reden erschienen in "Addresses delivered on different public occasions by H. R. H. Prince A." (Lond. 1857) und "The principal speeches and addresses of H. R. H. the Prince Consort" (mit Notizen der Königin, das. 1862; deutsch, Brem. 1863). Vgl. Gen. Grey, The early years of the Prince Consort (auf Veranlassung der Königin, 4. Aufl. 1869; deutsch, Gotha 1868); Pauli, Aufsätze zur englischen Geschichte (Leipz. 1869), und vor allem das von der Königin veranlaßte Werk von Martin: "Life of H. R. H. the Prince Consort" (Lond. 1876-79, 5 Bde.; deutsch, Gotha. 1876 ff.), sowie die interessanten Aufzeichnungen der Königin: "Leaves from the journal of our life in the Highlands" (hrsg. von Helps, Lond. 1868).

7) A. Eduard, Prinz von Wales, Herzog zu Sachsen, Herzog von Cornwall etc., geb. 9. Nov. 1841 zu London, ältester Sohn des Prinzen Albert und der Königin Viktoria von Großbritannien und Irland, ward sorgfältig erzogen, besuchte die Universitäten Oxford und Cambridge, machte 1860 eine Reise nach Amerika, 1862 nach dem Orient, vermählte sich 10. März 1863 mit der Prinzessin Alexandra von Dänemark, Tochter des jetzigen Königs Christian IX., welche ihm fünf Kinder (zwei Prinzen und drei Prinzessinnen) gebar. Er trat als Oberst in die Armee, in welcher er bis zum Feldmarschall avancierte, ohne indes einen mehr als vorübergehenden Anteil an den Heeresangelegenheiten zu nehmen. Im preußischen Heer hat er den Rang eines Generalfeldmarschalls und ist Chef der Blücherschen Husaren. 1875-76 machte er eine große Reise nach Indien, wo er mit vielem Enthusiasmus und unter glänzenden Festen empfangen wurde. Er residiert meist in Marlborough House zu London und in Frogmore bei Windsor.

Albert, 1) (Alberti) Heinrich, Liederdichter und Komponist, geb. 28. Juni 1604 zu Lobenstein im Vogtland, studierte in Leipzig die Rechte, dann Musik unter seinem Oheim Schütz in Dresden, ging 1626 nach Königsberg i. Pr., wo er 1631 Organist an der Domkirche wurde, und starb dort 6. Okt. 1651 (nicht 1668). Seine Gedichte, die er alle selbst in Musik gesetzt hat, sind zum größten Teil Kirchenlieder, von denen manche (z. B. "Gott des Himmels und der Erden", "Zum Sterben ich bereitet bin", "Einen guten Kampf hab' ich") noch jetzt im Gebrauch sind; seine wenig zahlreichen weltlichen Lieder zeichnen sich durch Innigkeit und Anmut aus. Dieselben erschienen (mit einigen seiner Freunde Dach und Roberthin) gesammelt in seinem berühmten "Poetisch-musikalischen Lustwäldlein" (1642-48 u. öfter), eine Auswahl, mit den Musikbeilagen, in den "Neudrucken deutscher Litteraturwerke" (hrsg. von Eitner, Halle 1883-84). Dem Einfluß des Musikers A. war vor allem die lyrische Frische und volkstümliche Leichtigkeit der Gedichte der Königsberger Poetengruppe des 17. Jahrh. zuzuschreiben.

2) Alexandre Martin, genannt A., franz. Sozialist, geb. 27. April 1815 zu Bury (Oise) als Sohn eines Bauern, war Mechaniker und arbeitete in Paris, wo er 1840 auch ein populäres Blatt, "L'Atelier", gründete. An der Februarrevolution 1848 nahm er eifrigen Anteil und ward infolge seiner Bekanntschaft mit Louis Blanc als Vertreter des Arbeiterstands zum Mitglied der provisorischen Regierung ernannt, wurde mit diesem 4. März Präsident der Kommission für Errichtung von Nationalwerkstätten und im April in die Nationalversammlung gewählt. Wegen seiner Teilnahme am Attentat vom 15. Mai an demselben Tag mit Barbès auf dem Stadthaus verhaftet, wurde er zu längerer Gefangenschaft verurteilt und geriet in Vergessenheit. Während der Belagerung von Paris 1870 war er Mitglied der Barrikadenkommission und, nachdem er bei den Wahlen vom 8. Febr. 1871 durchgefallen war, bei dem Aufstand der Pariser Kommune beteiligt, ohne aber eine irgendwie hervorragende Rolle zu spielen.

3) Joseph, Photograph, geb. 5. März 1825 zu München, besuchte die polytechnische Schule, dann die Akademie daselbst, gründete 1850 ein photographisches Atelier in Augsburg, aus welchem treffliche Arbeiten besonders im Porträtfach hervorgingen, und siedelte 1858 nach München über. Er wandte die Photographie zuerst zu Vervielfältigung von Handzeichnungen und Kupferstichen an. Seine Hauptwerke sind die Goetheschen Frauengestalten nach Zeichnungen von Kaulbach, die Reformatoren und die Zer-^[folgende Seite]