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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Anciennität; Ancien régime; Ancīle; Ancillon; Anckarström

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Anciennität - Anckarström.

bewirkt Blutarmut seines Wirts. Er findet sich hauptsächlich in den Nilländern und erzeugt die unter dem Namen der ägyptischen Chlorose bekannte Krankheit. Auch in Italien und Brasilien tritt der Wurm auf, und neuerdings wurde nachgewiesen, daß er die auch in Deutschland beobachtete, oft in dauerndes Siechtum stürzende und nicht selten tödliche Ziegelbrenneranämie erzeugt. Die Larve des Wurms scheint auf den Ziegelfeldern einen besonders günstigen Entwickelungsboden zu finden.

Anciennität (franz. Ancienneté), Dienst-, Amts-, Rangalter, Dienstalterfolge. Das Dienstalter wird nach den meisten europäischen Heerverfassungen prinzipiell in allen Subalternoffiziergraden berücksichtigt bis zum Major, indem alsdann die größere oder geringere persönliche Befähigung für ferneres Avancement entscheiden soll; doch ist in großen Armeen auch schon für jüngere Kräfte die Möglichkeit eines Umgehens der A. geboten. Militärisch wird die A. nach dem Tag der letzten Beförderung, bei Offizieren nach der Datierung des Patents berechnet. Im Gefecht ist die A. für die Übernahme des Kommandos wichtig, wenn der Kommandeur einer Truppe gefallen ist. Im Zivildienst wird auf die A. bei dem Aufrücken in höhere Gehaltsstufen Gewicht gelegt, auch bestimmt sich danach die Reihenfolge der in gleichem Rang stehenden Beamten u. dgl.

Ancien régime (franz., spr. angßjäng reschihm, "alte Regierungsform"), die Zeit vor der französischen Revolution.

Ancīle (lat.), kleiner, länglichrunder Schild, insbesondere der, welcher zu Numas Zeit in Rom vom Himmel herabgefallen sein sollte, und an dessen Besitz die Weltherrschaft geknüpft war. Um dessen Entwendung zu verhüten, ließ Numa elf demselben ganz ähnliche Schilde (ancilia) durch den wunderbar begabten Künstler Veturius Mamurius verfertigen, in der, Regia aufhängen und unter Aufsicht der Salier stellen. Diese trugen die Schilde auch alljährlich in feierlicher Prozession durch die Stadt. Die Zwölfzahl der Ancilien versinnbildlicht vermutlich die zwölf Monate.

Ancillon (spr. angssijong), 1) Charles, Jurist und Diplomat, geb. 28. Juli 1659 zu Metz, studierte in Marburg, Genf und Paris und war 1685 Parlamentsadvokat zu Metz. Nach der Aufhebung des Edikts von Nantes folgte er seinem Vater, der 1692 als Prediger der französisch-reformierten Gemeinde zu Berlin starb, in diese Stadt, wo ihn der Kurfürst zum Gerichtsvorstand der französischen Kolonie und 1691 zum Gesandten in der Schweiz und beim Markgrafen von Baden-Durlach ernannte. Im J. 1699 kehrte A. nach Berlin zurück und wurde Historiograph des Königs. Er starb 5. Juli 1715 als Polizeidirektor in Berlin. Seine "Histoire de l'établissement des Français réfugiés dans les états de l'Electeur de Brandebourg" (Berl. 1690) bewog noch viele französische Protestanten zur Niederlassung in Brandenburg. Ferner schrieb er: "L'irrévocabilité de l'édit de Nantes" (Amsterd. 1688); "La France intéressée à rétablir l'édit de Nantes" (das. 1690); "Histoire de Soliman II" (Rotterd. 1706) u. a.

2) Johann Peter Friedrich, preuß. Staatsmann, Urenkel des vorigen, geb. 30. April 1767 zu Berlin, studierte in Genf Theologie und wurde 1790 Prediger der französischen Gemeinde zu Berlin, 1792 zugleich Professor der Geschichte an der Kriegsakademie, 1803 Mitglied der Akademie der Wissenschaften und königlicher Historiograph, nachdem er sich durch sein "Tableau des révolutions du système politique de l'Europe depuis le XV. siècle" (1803, 4 Bde.; neue Aufl. 1824) als tüchtigen Historiker bewährt hatte. Im J. 1809 wurde er zum Staatsrat im Departement des Kultus ernannt und 1810 zum Erzieher des Kronprinzen, nachmaligen Königs Friedrich Wilhelm IV., berufen, dessen Neigung zur nebelhaften Romantik und zum nervösen Subjektivismus er freilich nur steigerte, statt sie zu bekämpfen, so daß er an den unglücklichen Ergebnissen der Regierung seines Zöglings wesentliche Schuld trägt. Von diesem seinem neuen Wirkungskreis völlig in Anspruch genommen, gab A. das Predigtamt und die Professur auf. Nachdem er 1813 und 1814 seinen Zögling ins Feld begleitet hatte, trat er 15. Okt. 1814, als der Kronprinz majorenn wurde, von seiner Stellung als Prinzenerzieher zurück und ward als Wirklicher Geheimer Legationsrat in das Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten berufen, womit seine eigentliche politische Laufbahn begann. Bei der 1817 erfolgten Errichtung des Ausschusses für die Bearbeitung und Einführung der provinzialständischen Verfassung und des Oberzensurkollegiums wurde A. als Mitglied hinzugezogen. Auch ward er zum Mitglied des Staatsrats ernannt, als diese oberste Staatsbehörde 1817 ins Leben gerufen wurde. Bei den wiederholten und langwierigen Krankheitsanfällen des Grafen von Bernstorff, der seit 1818 an der Spitze des Ministeriums der auswärtigen Angelegenheiten stand, leitete A. die Geschäfte der politischen Sektion. An den Beratungen über eine ständische Verfassung nahm er teil, zeigte sich aber sehr unselbständig und schwankend und lenkte schließlich ganz in die romantisch-reaktionären Bahnen des Kronprinzen ein. Im Mai 1831 wurde er zum Wirklichen Geheimrat sowie zum Chef des Departements für das Fürstentum Neuenburg, 25. Juli d. J. aber zum Staatssekretär für die auswärtigen Angelegenheiten ernannt und 1832 als Staatsminister an die Spitze dieses Ministeriums gestellt. Obwohl A. in dem Ruf eines gewissen Liberalismus stand, leitete er die Geschäfte doch in ganz reaktionärem Sinn und im engsten Anschluß an Österreich; er entwarf 1834 mit Metternich das Wiener Schlußprotokoll, welches jede Erweiterung konstitutioneller Rechte in Deutschland ausschloß. Er starb 19. April 1837. Trotz der Menge der Geschäfte, die ihm während seiner politischen Laufbahn seit 1814 oblagen, war er fortdauernd schriftstellerisch thätig. Außer vielen akademischen und politischen Abhandlungen schrieb er noch: "Mélanges de littérature et de philosophie" (Berl. 1801, 2 Bde.; 3. Aufl. 1823); "Über Souveränität und Staatsverfassung" (das. 1816); "Über Staatswissenschaft" (das. 1819); "Über Glauben und Wissen in der Philosophie" (das. 1824); "Nouveaux essais de politique et de philosophie" (das. 1824, 2 Bde.); "Über den Geist der Staatsverfassungen und dessen Einfluß auf die Gesetzgebung" (1825; neue Ausg. in franz. Sprache, Par. 1850); "Pensées sur l'homme, ses rapports et intérêts" (Berl. 1829, 2 Bde.); "Zur Vermittelung der Extreme in den Meinungen" (das. 1828-31, 2 Bde.; 2. Aufl. 1838). Doch besitzen seine Schriften keinen wissenschaftlichen Wert mehr.

Anckarström, Johann Jakob von, Mörder König Gustavs III. von Schweden, geb. 1762, war der Sohn eines schwedischen Oberstleutnants und ward Page am königlichen Hof, dann Fähnrich bei der Leibgarde, nahm aber schon 1783 seinen Abschied. A. zeigte schon früh einen abstoßenden Charakter voller Vermessenheit und aristokratischen Stolzes, dessen ganzen Haß sich der König durch sein Streben nach Unumschränktheit und Unterdrückung des anmaßen-^[folgende Seite]