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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Anckarswärd; Ancon; Ancōna

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Anckarswärd - Ancona.

den Adels zuzog. Wegen aufrührerischer Reden gegen Gustav III. ward er wiederholt in Prozesse verwickelt, aber nicht überführt; 1791 verband er sich mit mehreren Unzufriedenen vom Adel zu einer Verschwörung gegen den König und erbot sich, ihn zu ermorden. Lange suchte er vergeblich nach einer Gelegenheit. Endlich auf einem Maskenball im Opernhaus zu Stockholm (16. März 1792) gelang es ihm, in die Nähe des Königs zu kommen und ihn mit einer Pistole tödlich zu verwunden. A. gestand sein Verbrechen, weigerte sich aber standhaft, seine Mitverschwornen zu verraten. Furchtlos und ohne die geringste Reue über seine That zu empfinden, bestieg er 27. April das Schafott, nachdem man ihn vorher mehrere Tage mit Ruten gepeitscht hatte. Seine Familie änderte den Namen. Vgl. Nervo, Gustave III, roi de Suède, etc. (Par. 1876).

Anckarswärd, Karl Henrik, Graf, schwed. Politiker, geb. 22. April 1782 zu Sweaborg, Sohn des 1838 verstorbenen Grafen und Reichsmarschalls Michael A., widmete sich dem Militärdienst, ward 1803 Major und Oberadjutant beim Grafen Armfelt, darauf beim General Cederström und später bei Adlersparre, mit dem er sich an der Verschwörung von 1809 beteiligte. Bei Eröffnung des Feldzugs gegen Frankreich 1813 zum Obersten befördert, folgte er dem damaligen Kronprinzen nach Deutschland. Wegen einer Zuschrift, worin er diesem die Verbindung mit Rußland als dem Erbfeind Schwedens widerrief und den Anschluß an Frankreich empfahl, aus dem Militärdienst entlassen, lebte er zurückgezogen auf seinem Gut Karlsund in Nerike, bis er 1817 als Haupt der Opposition auftrat. Er war der gefährlichste Gegner der Regierung, deren Maßregeln er mit wahrem Fanatismus und persönlichem Haß bekämpfte. Wegen seiner streng aristokratischen Grundsätze von einem großen Teil seiner Partei verlassen, zog er sich 1829 Zurück, erschien aber 1834 wieder im Reichstag und trat mit den umfassendsten Vorschlägen zu einer vollständigen Änderung der schwedischen Verfassung auf. Zwar konnte er nur einen kleinen Teil seiner Anträge durchsetzen, nahm aber dennoch, namentlich auf dem Reichstag von 1839, von dem größern Teil des Bauernstands unterstützt, eine sehr hervorragende Stellung ein. Seine Ansichten legte er 1833 in einem "Politischen Glaubensbekenntnis" dar. A. starb 25. Jan. 1865 in Stockholm.

Ancon, Ruinen, s. Amerikanische Altertümer.

Ancōna, früher als Mark A. ein selbständiger Teil Mittelitaliens, zwischen dem Adriatischen Meer und den Apenninen, vom Tronto bis nordwestlich an San Marino reichend. Die Mark A. entstand unter der Herrschaft der Langobarden, welche nach Eroberung dieser Gegenden daselbst einen Markgrafen als Statthalter einsetzten. Später ein Teil des Herzogtums Spoleto, wurde sie von Kaiser Heinrich III. 1052 dem Markgrafen Guarner I. (Werner) zu Lehen gegeben und nach diesem Marca Guarneri benannt. Doch wurde die Mark, deren Hauptstadt schon König Pippin dem Papst überlassen hatte, von Otto IV. 1201 ausdrücklich als päpstliches Besitztum anerkannt, was Rudolf von Habsburg 1275 bestätigte. Die Markgrafen von A. waren von da an nur päpstliche Statthalter. Im J. 1808 wurde die Mark von Napoleon zum Königreich Italien geschlagen; 1815 kehrte sie unter päpstliche Hoheit zurück und wurde 1861 mit Italien vereinigt. Sie bildet jetzt die Landschaft der Marken (s. d.) und umfaßt die vier Provinzen A., Ascoli-Piceno, Macerata und Pesaro-Urbino. Die Provinz A., im O. an das Adriatische Meer, im S. an die Provinz Macerata, im W. an Perugia und im N. an Pesaro-Urbino grenzend, hat einen Flächenraum von 1907 qkm (nach Strelbitskys Berechnung 2040 qkm = 37 QM.). Sie wird vom Hauptzug der Apenninen und von den gegen das Meer hin streichenden Ausläufern derselben erfüllt und von den Flüssen Misa, Esina und Musone bewässert. Die Bevölkerung belief sich 1881 auf 267,338 Einw., welche Getreide- und Obstbau, sodann Seidenkultur und Seidenspinnerei, Vieh-, insbesondere Schweinezucht, Industrie in Seilerwaren, Papier u. a., Schiffbau und Schiffahrt betreiben. Wichtige Handelsplätze sind Ancona und Sinigaglia; Hauptverkehrsmittel sind die Eisenbahnen Bologna-A.-Brindisi und A.-Foligno-Rom. Die Provinz A. umfaßt den einzigen Kreis gleichen Namens.

Die Hauptstadt A. (die "Ellbogenstadt"), am Adriatischen Meer zwischen den steil abfallenden Vorgebirgen Monte Ciriaco und Monte Astagno amphitheatralisch gelegen, hat enge und krumme Gassen, oft 6-7 Stockwerk hohe, labyrinthisch übereinander gereihte Häuser und wurde in letzter Zeit in einen Waffenplatz ersten Ranges umgewandelt. Die alte Citadelle dient nur noch als Depot, wogegen auf den umgebenden Höhen neue Forts errichtet wurden. Der Hafen von A., ein ovales Becken von 890 m Länge und 780 m Breite, das nur den Nordwestwinden direkt offen steht, ist darum von Wichtigkeit, weil er der einzige von Bedeutung an der adriatischen Küste zwischen Venedig und Brindisi ist. Seine Eigenschaft als Freihafen, wozu ihn Papst Clemens XII. 1732 erklärt hatte, ist seit 1869 aufgehoben. An der Nordseite des Hafens befindet sich ein altrömischer Molo (750 m lang), dessen Eingang der berühmte und wohlerhaltene Triumphbogen Trajans schmückt, ein Prachtwerk des Altertums aus weißem Marmor (115 n. Chr. von Apollodor erbaut) mit nur einem Durchgang, 14 m hoch, 9 m breit. Ein zweiter Bogen, der Arco Clementino, wurde in geringer Entfernung von jenem auf dem neuen Molo, der auch den Leuchtturm trägt, zu Ehren des Papstes Clemens XII. 1765 von Vanvitelli aus Backsteinen errichtet. Die Hafenbauten werden in neuester Zeit von der Regierung erweitert; es sollen ein neues Dock, ein Bassin für Kriegs- und eins für Handelsschiffe, ein Lagerhaus, Arsenal u. a. hergestellt werden. Unter den Gebäuden sind hervorzuheben: die auf dem Monte Guasco auf den Trümmern eines Venustempels stehende Kathedrale San Ciriaco, aus dem 11. Jahrh., mit gotischer Fassade, Kuppel, bedeutenden Gemälden und antiken Säulen; die Kirche Santa Maria della Piazza (aus dem 13. Jahrh.), mit origineller Fassade; die Kirchen Sant.' Agostino und San Francesco (beide mit schönen gotischen Portalen) und San Domenico (13. Jahrh., mit einem Bild von Tizian); ferner die Börse (1443-59 erbaut, mit prächtiger gotischer Fassade), der Gemeindepalast (1270 erbaut, mit Gemäldegalerie und Bibliothek), der Palast Ferretti, die beiden Theater, das Lazarett (am Hafen, 1733 von Vanvitelli im Fünfeck erbaut) u. a. Die Stadt zählt (1881) 31,277 Einw. (darunter über 2000 Juden). Die Industrie erstreckt sich auf Fabrikation von Seide, Tauwerk, Leder, Tabak, Ölseife etc. Hauptgegenstände des wieder aufblühenden Handels sind als Einfuhrartikel: Sardellen, Stockfische, Holz, Vieh, Glas, Kolonialwaren, Petroleum, Manufakturwaren, Steinkohle, Eisen, Spiritus, Getreide, Salz, Knoppern; als Ausfuhrartikel: Weinstein (Cremor tartari), Lamm- und Ziegenfelle, Asphalt, Erdpech, Reis, Getreide, Hanf, Korallen und