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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Antinōri; Antinŏus; Antioche; Antiochēnische Schule; Antiochēnisches Fürstentum

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Antinori - Antiochenisches Fürstentum.

den schönsten Werken der römischen Kunst. Berühmt ist die kolossale Bildsäule des A. im Vatikan, aufgefunden in Palestrina, wo Kaiser Hadrian eine Villa hatte, den Jüngling als Dionysos darstellend, mit Epheukranz und hangenden Locken, sowie die Antinoosstatue im Museo Capitolino, gefunden in der Villa Hadrians zu Tivoli. Als die treffendste Darstellung des A. dürfte das Reliefbrustbild aus Marmor in der Villa Albani gelten, das ebenfalls aus Hadrians Villa bei Tivoli stammt (s. Abbildung). Als gemeinsame Züge der Antinoosbilder nennt Winckelmann einen gewissen melancholischen Gesichtsausdruck, große Augen, sanft abwärts gehendes Profil und schöne Form des Mundes und Kinnes. Charakteristisch sind aber besonders die auffallend hoch entwickelte Brust, die etwas zu hoch stehende rechte Schulter, das starke, etwas durcheinander geworfene Haupthaar und die plastisch hervorgehobenen, breiten Augenbrauen. Die in Gipsabgüssen verbreiteten sogen. Antinoosbüsten mit gesenktem Haupt sind Hermesbüsten. Gegen Verehrung des A. eiferten noch im 4. Jahrh. die christlichen Kirchenlehrer vergebens. Vgl. Levezow, Über den A., dargestellt in Kunstdenkmälern (Berl. 1808); Dietrichson, A. (Christiania 1884). A.' Verhältnis zu Hadrian ist Gegenstand der Romane "Antinous" von G. Taylor (Hausrath) und "Der Kaiser" von G. Ebers.

^[Abb.: Antinoos (Relief der Villa Albani in Rom).]

Antinōri, Orazio, Marchese, Zoolog und Reisender, geb. 28. Okt. 1811 zu Perugia, studierte Naturwissenschaften daselbst und in Rom, half dem Fürsten von Canino bei der Einrichtung seiner großen zoologischen Sammlungen und lieferte für dessen "Fauna italica" Zeichnungen. In der Mitte der 40er Jahre beteiligte er sich lebhaft an politischen Bestrebungen und war namentlich auch journalistisch thätig. Er kämpfte 1848 bei Velletri gegen die Neapolitaner und beteiligte sich als Hauptmann bei der Verteidigung Roms. Der Einzug der französischen Truppen trieb ihn in die Verbannung. Er begab sich nach Athen und ein Jahr später nach Smyrna, das er zum Mittelpunkt seiner wissenschaftlichen, namentlich ornithologischen Ausflüge machte. Im J. 1854 begleitete A. die Fürstin Belgiojoso nach Syrien, kehrte dann nach Smyrna zurück und durchwanderte von hier aus ganz Kleinasien. Im J. 1859 ging er nach Ägypten und bereiste 1860-61 mit Poggia die obern Nilländer. Seine wertvolle ornithologische Sammlung verkaufte er nach der Heimkehr an das Museum in Turin und lieferte über dieselbe einen vortrefflichen Katalog (Mail. 1864). Nach einem mehrjährigen Aufenthalt in Italien machte er einen Ausflug nach Tunesien, befand sich 1867 bei Eröffnung des Suezkanals unter den Vertretern Italiens und schloß sich dann der Expedition Sapetos und Beccaris nach Abessinien an, wo er längere Zeit verweilte und reiche zoologische Ernte hielt. Nach Italien zurückgekehrt, wurde A. zum Sekretär der Italienischen geographischen Gesellschaft (in Rom) ernannt. Im J. 1874 ging er zur Erforschung der Schotts nach Tunis, und 1876 führte er eine Expedition nach Zentralafrika. Er drang vom Busen von Aden nach Schoa vor und starb daselbst 26. Aug. 1882 in der italienischen Station Lett Marefia.

Antinŏus, Sternbild in der Milchstraße, in der Nähe des Adlers, zwischen 282 und 305° Rektaszension sowie 6° nördlicher und 12° südlicher Deklination, aus vier Sternen dritter und mehreren vierter Größe bestehend, darunter ein in 7 Tagen 4 Stunden 14 Minuten zwischen 3,5 und 4,7 Größe veränderlicher, der mit drei von den Sternen dritter Größe fast eine gerade Linie bildet; der vierte Stern dritter Größe steht unten am Fuß.

Antioche, Pertuis d' (spr. pertüih dangtiósch), Meerenge an der Küste des franz. Departements Niedercharente, zwischen den Inseln Ré und Oleron. Sie ist durch einen Einbruch des Meers entstanden und soll nach einer verschwundenen Stadt benannt sein.

Antiochēnische Schule, eine theologische Schule, die im Gegensatz gegen die idealistische und spekulative, oft ins Phantastische abschweifende Richtung der alexandrinischen Schule (s. d.) sich die nüchterne Erforschung des einfachen Schriftsinns, mit Verwerfung der allegorischen Auslegung, zur Aufgabe setzte, und aus deren Reihen daher die gründlichsten und gelehrtesten Exegeten hervorgegangen sind. Als Stifter der Schule werden Dorotheos und Lukianos (gest. 311), zwei Presbyter zu Antiochia in Syrien, genannt, und zu ihren bedeutendsten Vertretern gehörten Cyrillus von Jerusalem, Diodor von Tarsos und dessen Schüler Theodor von Mopsuestia sowie der Bischof Johannes Chrysostomos von Konstantinopel. Die letzten namhaften Vertreter der Schule waren Ibas von Edessa und der Kirchenhistoriker Theodoretos, Bischof von Cyrus. Der Gegensatz der antiochenischen Schule zu der alexandrinischen war anfangs zwar ein bloß wissenschaftlicher, wurde aber unter den origenistischen und nestorianischen Streitigkeiten zu einem ausgeprägten kirchlich-dogmatischen, indem die alexandrinische Schule in Bezug auf das Verhältnis der beiden Naturen in Christus zu einer monophysitischen Auffassung hinneigte, während die a. S. an der Trennung derselben festhielt. Vgl. Hergenröther, Die a. S. etc. (Würzb. 1866); Kihn, Die Bedeutung der antiochenischen Schule auf exegetischem Gebiet (Weißenb. 1867).

Antiochēnisches Fürstentum, christliches Fürstentum am Orontes, während des ersten Kreuzzugs nach der Einnahme Antiochias (2. Juni 1098) gegründet und bis 1268 von christlichen Fürsten beherrscht. Der erste war Bohemund I., Fürst von Tarent, der die Einnahme der Stadt herbeigeführt hatte. Ihm folgte sein Sohn Bohemund II. (1111-30), anfangs (bis 1126) unter der Regentschaft Tankreds, Rogers del Principato und Balduins II., Königs von Jerusalem. Durch seine Tochter Konstantia kam 1135