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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Antwerpensches Feuer; Antyllos; Anubis; Anukis; Anurīe; Anus; Anvers

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Antwerpensches Feuer - Anvers.

Provinzen anerkannte. Durch die 1648 im Westfälischen Frieden geschehene Abtretung der Scheldemündungen an die Holländer, welche dieselben sperrten, wurde A. von der See abgeschnitten und sein Handel vollends zu Grunde gerichtet. Die Stadt teilte fortan das Geschick der übrigen spanischen Niederlande. Im spanischen Erbfolgekrieg hielten (1702) die Franzosen A. besetzt; durch den Frieden von Utrecht kam es an Österreich. In A. wurde 15. Nov. 1715 zwischen Kaiser Karl VI. und den Generalstaaten von Holland unter Englands Vermittelung der sogen. Barrieretraktat (s. d.) abgeschlossen. Während des österreichischen Erbfolgekriegs (1746) wurde die Citadelle von A. durch die Franzosen unter dem Marschall Moritz von Sachsen belagert und nach siebentägiger Verteidigung den Kaiserlichen entrissen. Nach der Schlacht bei Jemappes öffnete A. den Truppen der französischen Republik seine Thore (6. Nov. 1792); nur die österreichische Besatzung der Citadelle hielt eine dreiwöchentliche Belagerung (bis zum 30. Nov.) aus, worauf sie kapitulierte. Im J. 1793 setzten sich die Österreicher zwar nochmals in den Besitz von A., allein 1794 nahm Pichegru nach der Schlacht bei Fleurus den Platz von neuem, und nun blieb A. bis zum Sturz des Kaiserreichs mit Frankreich vereinigt, und die fast 200 Jahre verschlossene Schelde wurde seinem Handel wieder geöffnet. Alsbald regte sich in A. neues Leben. Im J. 1807 klarierten trotz der fortdauernden Kriegsstürme bereits 1800 Schiffe in dem Antwerpener Hafen. Napoleon I. wollte A. seinen frühern Glanz zurückgeben und es zum ersten Handels- und Waffenplatz seines Reichs machen. Im Februar 1814 erhielt Carnot den Oberbefehl in der Festung und übergab sie erst 5. Mai nach der Restauration des bourbonischen Königtums den Verbündeten. Durch den Wiener Kongreß wurde A. dem neugeschaffenen Königreich der Niederlande einverleibt, und seitdem nahm sein Verkehr wieder einen kraftvollern Aufschwung, so daß schon 1815 wieder 4400 See- und Fluß- etc. Fahrzeuge einliefen. Antwerpens auswärtiger Verkehr hatte an Größe bald den von Amsterdam erreicht, den von Rotterdam überflügelt; sein Markt rangierte wieder unter den Märkten erster Ordnung, als die Revolution von 1830 auch über A. hereinbrach. Die revolutionäre Partei bemächtigte sich der Stadt. Der Kommandant, Generalleutnant Chassé, zog sich in die Citadelle zurück und gewährte einen Waffenstillstand. Wegen des Bruches desselben durch die Insurgenten ließ Chassé das Stadtviertel St. Andreas als angeblichen Hauptsitz des Aufstandes sieben Stunden lang bombardieren (27. Okt. 1830), wodurch das große Lagerhaus nebst 30 andern Häusern und dem Arsenal in Asche gelegt ward. Ein neuer Waffenstillstand ließ die Citadelle in den Händen der Holländer, und Chassé erklärte, sie gegen jegliche Angriffe behaupten zu wollen. Nachdem 22. Okt. 1832 Frankreich und Großbritannien sich dem König der Belgier verpflichtet hatten, die Räumung aller dem neuen Königreich von den Großmächten zuerkannten Orte und namentlich auch Antwerpens von seiten der Holländer zu bewirken, erschien ein französisches Heer von 50,000 Mann unter Marschall Gérard vor A. Die Belagerung der Citadelle und der dazu gehörigen Forts leitete der General Haxo. Im Dezember begann die Beschießung der Citadelle. Nachdem die Franzosen das in einen Trümmerhaufen verwandelte Fort St.-Laurent (14. Dez.) im Sturm genommen und dann die Citadelle selbst durch Breschbatterien fast zur Ruine zusammengeschossen hatten, kapitulierte Chassé 23. Dez., worauf die Franzosen am 24. die Citadelle besetzten. Seit Antwerpens Losreißung von Holland wendete sich der bedeutende Handel, den es nach dem Sturz des französischen Kaiserreichs mit den holländischen Kolonien trieb, nach Amsterdam und Rotterdam, bis die völlige Wiedereröffnung der Schelde dem Handel von neuem einen gewaltigen Aufschwung gab und A. zum größten Seehafen des Kontinents machte. Die Notwendigkeit einer neuen Citadelle an der Nordseite der Stadt, deren Bau in Angriff genommen ward, sowie die Errichtung einer Reihe von Forts in der Nähe der Stadt, durch die A. zu einer Festung ersten Ranges erhoben ward, wurden von deren Bewohnern, namentlich seit 1858, heftig bestritten, was ein anhaltendes Zerwürfnis zwischen dem Gemeinderat und der belgischen Regierung zur Folge hatte. Im J. 1874 wurde die alte Citadelle abgetragen und der so gewonnene weite Raum zur Vergrößerung und Verschönerung der Stadt verwendet (s. oben). Vgl. Le Poittevin, Histoire physique, politique et monumentale de la ville d'Anvers (Antwerp. 1847); Gens, Histoire de la ville d'Anvers (das. 1861).

Antwerpensches Feuer, die vom Italiener Gianibelli oder Gambelli aus Mantua konstruierten ersten Sprengschiffe (die als Vorläufer der Torpedoschiffe anzusehen sind), mit welchen dieser während der Belagerung Antwerpens durch die Spanier unter Alexander, Herzog von Parma, eine von letzterm über die Schelde geschlagene Brücke vollständig in die Luft sprengte (4. April 1585). Gianibelli, der später nach England ging, trug durch ähnliche Apparate zur Vertreibung der spanischen Armada wesentlich bei, indem er zwar wenig materiellen Schaden angerichtet, aber eine den Spaniern höchst verderbliche Panik hervorgerufen haben soll.

Antyllos, Arzt zu Ende des 3. oder zu Anfang des 4. Jahrh., erwarb sich große Verdienste um die Chirurgie, Therapie und Diätetik. Er übte die nach ihm benannte Methode der Operation der Aneurysmen durch Exstirpation, auch wird ihm die Erfindung der Extraktionsmethode des grauen Stars zugeschrieben. Er schrieb ein die ganze Heilkunde umfassendes Werk, aus welchem sich Fragmente bei Oribasius finden.

Anubis, Gott der alten Ägypter, früher als Schakal od. Hund, später als Mensch mit Schakalskopf dargestellt (s. Abbildung). Hauptort seiner Verehrung war Kynopolis (Hundestadt) in Mittelägypten. Osiris soll ihn in dem Wahn, seine Gattin Isis zu umarmen, mit der Nephthys erzeugt haben. A. ist der Wächter der Totenstädte, der Gott der Einbalsamierung und der Geleiter der Seelen in die Unterwelt, wo er mit Horus zusammen ihre Thaten abwägt. Die Griechen identifizierten ihn mit Hermes, als Hermanubis.

^[Abb.: Anubis.]

Anukis, ägypt. Göttin, Begleiterin des Gottes Chnum und, wie dieser, besonders an den Katarakten verehrt, in deren Göttertriade sie eine ähnliche Rolle wie Nephthys hat. Sie ist in Ägypten fremden Ursprungs.

Anurīe, s. Harnverhaltung.

Anus (lat.), der After (s. Darm).

Anvers (spr. angwähr; die Belgier sprechen angwärs), franz. Name für Antwerpen.