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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Asien

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Asien (staatliche Einteilung; Entdeckungsgeschichte).

der Natur nicht zur gemeinsamen Sorge nötigt. Die Stellung der Frau ist ungleich; unter den arbeitenden ärmern Klassen fällt auf sie durchgehends der Hauptteil der landwirtschaftlichen Arbeit. Auswanderung kommt massenhaft unter den Chinesen nach den verschiedensten emporstrebenden Plänen Südasiens vor, seit 1850 auch nach Nordamerika, Australien, Polynesien und Südamerika. Aus Indien werden Kulis mehr exportiert, als daß innerer Trieb sie zur Auswanderung veranlaßte; am größten war ihre Auswanderung 1862.

Mannigfach sind die Verhältnisse der Stände zu einander. Wir finden Gleichheit aller Personen bei den halbwilden Stämmen in Dekhan, Hinterindien und auch auf den Inseln; Eröffnung der Staatsstellen für alle Gebildeten und Mangel eines Geburtsadels im eigentlichen China; einen Feudaladel, dessen Rechte und Privilegien erst in den letzten Jahren geschmälert und eingezogen wurden, in Japan; Scheidung des Volks in herrschenden Adel und Volk bei den Kaukasiern; die strengste Abgeschlossenheit und Verbot für die Kinder, aus dem Stande des Vaters herauszutreten (eine Anordnung, die auf göttliches Gebot zurückgeführt wird), in den Kasten Vorderindiens; sklavische Unterthänigkeit aller gegen den Herrscher und Höhere in Hinterindien. Ähnliche Kontraste bildet die staatliche Verfassung. In China ist die Regierungsform eine streng patriarchalische. Der Kaiser ist gleichzeitig Oberpriester des Reichs und vollzieht in dieser Eigenschaft die großen religiösen Zeremonien mit seinen Ministern; keinerlei kirchliche Hierarchie wird auf Staatskosten unterhalten. Die Verwaltung ist bis ins einzelne geregelt, im Prinzip gerecht, in der Anwendung aber willkürlich. In ganz Hinterindien ist die Verwaltung despotisch; die Beamten sind dabei viel selbständiger als in China und üben große Gewalt. In Japan wurde die bis dahin gültige Feudalverfassung seit 1869 durch eine büreaukratische Verwaltung mit einem Erbkaiser an der Spitze ersetzt. In Persien und Turan herrschte zu allen Zeiten die Form der mohammedanischen Despotie, im Kaukasus bis auf die Herrschaft der Russen die der aristokratischen Republik ohne große staatliche Einigung. Auch unter den Malaien herrscht staatliche Zersplitterung, wie dort durch die Abgeschlossenheit der Alpengaue, so hier durch die insulare Natur bedingt oder begünstigt. Theokratisch ist die Regierung in Tibet; der Dalai-Lama, der inkarnierte Gott, ist Herr des Landes; sein erster Minister, im Volksmund mit der Anrede "König" geehrt, leitet die Verwaltung unter starker Einmischung der chinesischen Obermandarinen, ohne vom Dalai-Lama Befehle einzuholen. Ebenso ist es in den buddhistischen Staaten von Bhutan und Sikkim. Die Engländer hatten bisher in Indien, wie in Ceylon etc., eine streng büreaukratische Verwaltung eingerichtet, beriefen aber 1863 Eingeborne als Geschworene, später (1881) auch in die neugeschaffenen Verwaltungsräte. Der Schwerpunkt der Verwaltung liegt indessen immer noch in den Regierungsbüreaus, die Bevölkerung hat sich für Selbstverwaltung noch nicht reif bewiesen. Rußland schafft in seinen neuen innerasiatischen Besitzungen zunächst Ruhe und steuert dem Raubwesen; in den Städten entwickelt sich dann von selbst reger Handel, und das Interesse am gesicherten Erwerb kettet die anfangs widerstrebenden Eingebornen überall bald an die neue, dem bisherigen despotischen Regiment in jeder Beziehung vorzuziehende Verwaltung. Unter der Sicherheit der Person und des Erwerbs, die überall herbeigeführt wird, wo europäischer Einfluß direkt eine Folge von Annexion ist oder indirekt als der eines Schutzherrn sich geltend macht, wird A. einer schönern Entwickelung entgegengeführt werden, als sie seine bisherige Geschichte kennt. - Statistische Angaben über die staatlichen Verhältnisse Asiens liefert nachstehende Übersicht; in Bezug auf Bevölkerungsdichtigkeit, Religionen und die Regierungsformen vgl. die Tabellen zum Art. "Bevölkerung" (mit Karte).

QKilom. Bewohner Auf 1 QKil.

1) Einheimische Staaten:

Chinesisches Reich 11574356 371180000 32

Unabhängiges Arabien 2507390 3700000 1,5

Persien 1648195 7653600 5

Siam 762850 5750000 8

Afghanistan 721664 4000000 5,5

Birma 500000 4000000 9

Japan (1881) 382447 36357368 95

Belutschistan 276515 350000 1,8

Bochara 239000 2130000 9

Himalajastaaten 234000 3300000 14

Korea 218192 8500000 36

Unabhängiges Malakka 81500 300000 4

Stämme östlich von Assam 65500 200000 3

Chiwa 57800 700000 12

Kafiristan 51687 500000 9,6

Zusammen: 19321096 448636968 236

2) Besitzungen europäischer Staaten:

Russisch-Asien (1880-82) 17007832 16186450 0,95

Britische Besitzungen (1881) 3927859 257581973 65,5

Asiatische Türkei 1890468 16173000 8,0

Niederländ. Besitzungen (1883) 1462400 26777471 18,3

Französische Besitzungen (1882) 584329 24369785 41,7

Spanische Besitzungen (1881) 297322 5644897 18,9

Portugies. Besitzungen (1881) 19667 849553 43,1

Zusammen: 25189877 347583129 12,7

Entdeckungsgeschichte.

Die Kenntnis von A. war im frühsten Altertum sehr beschränkt. Homer kennt bloß die westlichen Küsten Kleinasiens genauer; von der Nordküste Kleinasiens und den südlichern Küsten am Mittelmeer existierten nur unsichere Schiffernachrichten. Die Phöniker und Juden hatten schon um 1000 v. Chr. Verbindungen mit dem Land Ophir, das an der Malabarküste Indiens (nicht in Afrika) gesucht werden darf. Hekatäos, Herodot und Ktesias (540 bis 400) schildern, einiges Fabelhafte abgerechnet, schon ziemlich genau die 20 Satrapien des persischen Reichs; auch wissen sie manches von Kolchis, Arabien und Indien. Sehr viel trugen zur weitern Bekanntwerdung Asiens die Feldzüge Alexanders d. Gr. bei sowie die auf seinen Befehl ausdrücklich zur Erforschung unbekannter Küsten unternommenen Seeexpeditionen. Besonders gehört hierher die Fahrt des Nearchos von der Mündung des Indus zur Mündung des Euphrat, deren Beschreibung uns Arrian in seinem Werk "Indica" aufbewahrt hat. Noch näher wurden die Griechen mit Indien durch die Feldzüge des Seleukos Nikator und durch die Gesandtschaftsreisen des Megasthenes, Deimachos und Dionysos nach Paliputra, in der Nähe des heutigen Patna am Ganges, um 312 bekannt. Durch Onesikritos und Megasthenes erhielt man genauere Nachrichten über Taprobane (Ceylon). Vorzüglich gerühmt werden auch die Schriften des Patrokles, der unter Seleukos Nikator und seinem