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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Äthylbromür - Äthylschwefelsäure.

Operationen schmerzlos ausgeführt werden können. Mißbräuchlich wird Ä. als Berauschungsmittel getrunken (namentlich in Irland). Ä. scheint bereits Raymund Lullius im 13. Jahrh. bekannt gewesen zu sein. Valerius Cordus stellte ihn 1540 aus Alkohol und Schwefelsäure dar und nannte ihn Oleum vitrioli dulce. Später erhielt er den Namen Schwefeläther, aber V. Rose wies 1800 nach, daß er keinen Schwefel enthält. Zu Anfang dieses Jahrhunderts gab Boullay die jetzt gebräuchliche Darstellungsmethode an. Später beschäftigte die Ätherbildungstheorie die Chemiker lange Zeit, und erst Williamsons Arbeiten führten zu den heute gültigen Anschauungen.

Äthylbromür (Bromäthyl, Bromäther) C2H5Br^[C{2}H{5}Br], chem. Verbindung, entsteht direkt aus Äthylen C2H4^[C{2}H{4}] und Bromwasserstoff BrH und wird dargestellt durch Übergießen von Phosphor mit Alkohol und Zutröpfeln von Brom, worauf man destilliert, das Ä. aus dem Destillat mit Wasser fällt, mit Chlorcalcium trocknet und rektifiziert. Ä. ist eine farblose, ätherartig riechende Flüssigkeit vom spez. Gew. 1,42, siedet bei 38,7°, ist entzündlich, wenig löslich in Wasser, mischbar mit Alkohol und Äther und dient zur Darstellung von Anilinfarben, wurde auch als schlafmachendes Arzneimittel empfohlen.

Äthylchlorür (Chloräthyl, Chlorwasserstoffäther, Salzäther) C2H5Cl^[C{2}H{5}Cl], chem. Verbindung, entsteht bei Einwirkung von Salzsäure oder Chlor auf Alkohol, wird dargestellt durch Einleiten von Chlorwasserstoff in Alkohol und Destillation. Die Dämpfe werden mit warmem Wasser gewaschen, dann mit Chlorcalcium getrocknet und mittels einer Kältemischung verdichtet. Man erhält Ä. auch als Nebenprodukt bei der Chloralbereitung. Es ist eine farblose, ätherartig riechende, süßlich gewürzhaft schmeckende Flüssigkeit vom spez. Gew. 0,92, siedet bei 12,5°, ist wenig löslich in Wasser, mischbar mit Alkohol und Äther, leicht entzündlich, gibt mit Chlor Substitutionsprodukte, deren letztes Glied Anderthalbchlorkohlenstoff C2Cl6^[C{2}Cl{6}] ist. Es wird in der Teerfarbenindustrie benutzt. Eine zwischen 110 und 130° siedende Mischung dieser Substitutionsprodukte ist der Aransche Äther (Aether anaestheticus), welcher ätherartig aromatisch riecht, süßlich brennend schmeckt und als örtlich wirkendes anästhetisches Mittel benutzt wurde.

Äthylen (Elayl, ölbildendes Gas, schweres Kohlenwasserstoffgas) C2H4^[C{2}H{4}] entsteht, wenn man ein Gemisch von Schwefelwasserstoff und Schwefelkohlenstoffdampf über rotglühendes Eisen oder Kupfer leitet, wobei der Schwefel sich mit dem Metall und der Kohlenstoff mit dem Wasserstoff verbindet; ferner bei trockner Destillation von Steinkohlen, Fetten, Harzen (es findet sich daher im Leuchtgas), oder wenn man Alkohol- oder Ätherdämpfe durch ein rotglühendes Rohr leitet, auch beim Erhitzen von Alkohol mit konzentrierter Schwefelsäure oder Chlorzink. Zur Darstellung von reinem Ä. leitet man Alkoholdämpfe in Schwefelsäure, welche bei 165° siedet, und sorgt dafür, daß die Temperatur nie über 170° steige. Der Alkohol C2H6O^[C{2}H{6}O] wird dann in Ä. C2H4^[C{2}H{4}] und Wasser H2O ^[H{2}O] zerlegt, und die Schwefelsäure bleibt unverändert. Ä. bildet ein farbloses Gas vom spez. Gew. 0,978 und ist von eigentümlichem Geruch; es kann nicht eingeatmet werden und wirkt höchst nachteilig auf den Organismus. Es löst sich wenig in Wasser, leichter in Alkohol, ist auch in Äther, Terpentinöl und fetten Ölen löslich und wird durch sehr starken Druck und Kälte zu einer farblosen Flüssigkeit verdichtet, die bei 1° einen Druck von 42,5 Atmosphären ausübt. Das Ä. ist leicht entzündlich und brennt mit hell leuchtender Flamme. Mit Sauerstoff oder Luft vermischt, explodiert es bei Annäherung einer Flamme oder durch den elektrischen Funken mit außerordentlicher Heftigkeit. Bei Rotglut zersetzt es sich in Methan (leichtes Kohlenwasserstoffgas) CH4^[CH{4}] und Kohlenstoff, welcher sich bei hoher Temperatur in äußerst harten Krusten (Retortengraphit) absetzt. Dieselbe Zersetzung findet beim Anzünden des Gases statt, und die Flamme des Äthylens ist deshalb brennendes Grubengas, in welchem sich Kohle in glühendem Zustand befindet. Dadurch wird die Flamme leuchtend. An einem kalten Gegenstand, den man in die Flamme hält, lagert sich dieser Kohlenstoff ab, weil die Temperatur so sehr erniedrigt wird, daß er nicht mehr zu verbrennen vermag. Das Leuchtgas verdankt seinem Gehalt an Ä. und einigen ähnlichen Kohlenwasserstoffen seine Leuchtkraft. 2 Volumen Chlorgas und 1 Volumen Ä. verbrennen, wenn man das Gemisch anzündet, mit dunkelroter Flamme zu Chlorwasserstoff, während der gesamte Kohlenstoff des Äthylens rußförmig abgeschieden wird. Mit dem gleichen Volumen Chlorgas gemengt, bildet Ä. eine ölartige Flüssigkeit (daher ölbildendes Gas), das so gebildete Äthylenchlorid C2H4Cl2^[C{2}H{4}Cl{2}] riecht und schmeckt chloroformähnlich süßlich, siedet bei 85° und wird namentlich gegen Gelenkrheumatismus benutzt. Rauchende Schwefelsäure absorbiert das Ä. und bildet mit demselben Äthionsäure; verdünnt man die so erhaltene Flüssigkeit mit Wasser und destilliert, so geht Alkohol über. Dieser Prozeß wurde als Basis einer neuen Methode der Spiritusfabrikation aus Steinkohlengas (Mineralspiritus) empfohlen. Das aus den Elementen leicht darstellbare Ä. gibt Gelegenheit, organische Körper ohne Mithilfe organisierter Wesen zusammenzusetzen. So gibt es mit Chromsäure Essigsäure, mit übermangansaurem Kali Kohlensäure, Ameisensäure und Oxalsäure.

Aethylenum chloratum, Äthylenchlorid, s. Äthylen.

Äthylidenmilchsäure, s. Milchsäure.

Äthyljodür (Jodäthyl) C2H5J^[C{2}H{5}J], chem. Verbindung, entsteht direkt aus Äthylen C2H4^[C{2}H{4}] und Jodwasserstoff JH, auch bei Einwirkung von Jodwasserstoff auf Alkohol. Zur Darstellung von Ä. löst man Jod in absolutem Alkohol, trägt vorsichtig Phosphor in kleinen Portionen ein, erwärmt und destilliert. Das Destillat färbt man mit Jod, versetzt es mit Wasser bis zur Ausscheidung des Äthyljodürs, schüttelt letzteres mit Wasser, trocknet es mit Chlorcalcium und rektifiziert. Ä. ist eine farblose, ätherisch riechende Flüssigkeit vom spez. Gew. 1,97, siedet bei 71°, ist in Wasser kaum löslich, mischbar mit Alkohol und Äther, schwer entzündlich und zersetzt sich an der Luft, besonders schnell am Licht unter Bräunung. Es dient zur Darstellung vieler chemischer Präparate und in der Teerfarbenindustrie.

Äthylnitrit, s. Salpetrige Säure.

Äthyloxyd, s. v. w. Äthyläther.

Äthyloxydhydrat, s. v. w. Alkohol.

Äthylschwefelsäure (Ätherschwefelsäure, Schwefelweinsäure) C2H6SO4^[C{2}H{6}SO{4}], chem. Verbindung, entsteht beim Vermischen gleicher Teile konzentrierter Schwefelsäure und Alkohol. Man sättigt die Mischung mit kohlensaurem Baryt, filtriert vom ausgeschiedenen schwefelsauren Baryt und verdampft die Lösung des äthylschwefelsauren Baryts zur Kristallisation. Durch Zersetzung des Salzes mit Schwefelsäure erhält man freie Ä. Sie bildet eine sirupdicke Flüssigkeit vom spez. Gew. 1,315, ist löslich in