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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Atlantischer Ozean

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Atlantischer Ozean (Tiefenverhältnisse).

Verbindungslinien dieser Punkte bilden, entsprechen auch wirklich in auffallendem Maß diesem Bilde. Trotzdem kann uns dasselbe doch als nichts weiter gelten als eine anziehende Art, sich die allgemeine Küstengestaltung dieses Ozeans einzuprägen. Hierzu wird noch weiter die Angabe förderlich sein, daß die kürzeste Entfernung der beiden gegenüberliegenden Küsten sich nahe dem Äquator befindet (etwa Sierra Leone nach Kap San Roque) und dort von NO. nach SW. 943 km beträgt, eine Entfernung, welche mit der von Havre nach Moskau übereinstimmt. Die Tiefenverhältnisse des Atlantischen Ozeans sind in jüngster Zeit so weit erforscht, daß es möglich geworden ist, ziemlich anschauliche Tiefenkarten danach zu entwerfen (s. Karte). Aus denselben ergibt sich die Existenz eines im allgemeinen dem Verlauf des Längenthals folgenden Rückens in der Mitte, welcher das Nördliche mit dem Südlichen Eismeer verbindet, und auf welchem kaum irgendwo mehr als 3000 m Tiefe angetroffen wird. Die vulkanischen Inseln der Azoren, St. Paul, Ascension, Tristan da Cunha gehören dieser Bodenerhebung an. Zwischen derselben und dem alten Kontinent zieht sich eine Rinne hin, welche ihre größte Tiefe im nördlichen Atlantischen Ozean mit über 6000 m westlich von den Kanarischen Inseln, im südlichen Atlantischen Ozean mit über 5000 m östlich von St. Helena erreicht (vgl. die Tabellen der größten Tiefen im Art. "Meer"). An flachen Stellen ist auf dieser östlichen Seite (außer der Großbritannien und Irland tragenden Nordseebank, welche als nordwesteuropäischer Kontinent in posttertiärer Zeit gelten darf) als besonders merkwürdig die Bodenerhebung im SW. von Kap Vincent zu nennen. Auf derselben wurde 1876 durch das amerikanische Schiff Gettysburg in 36° 30° nördl. Br. und 11° 37' westl. L. v. Gr. eine Untiefe von 55 m entdeckt und nach dem Kommandanten des Schiffs Gorringebank benannt. Eine andre flache Bank von 90-150 m Tiefe wurde Ende 1883 nördlich der Kanarischen Inseln in 31° 10' nördl. Br. und 13° 30' westl. L. bei den behufs Kabellegung gemachten Auslotungen des Dampfers Dacia gefunden und nach diesem Daciabank genannt. Die westliche Seite des nördlichen Atlantischen Ozeans weist zwischen den Bermudas und St. Thomas Tiefen über 7000 m auf, in nahe derselben Breite, in welcher sich weiter östlich ein breites Plateau und die schon 1854 von Bergmann gefundene Bodenerhebung Dolphin Rise oder Azorenrücken (1-3000 m) befinden. Auch im N. von den Bermudas finden sich große Tiefen über 6000 m und bemerkenswerte schroffe Übergänge in den Tiefenverhältnissen. Die größten bis jetzt im Atlantischen Ozean gefundenen Tiefen wurden nördlich von Puerto Rico von dem amerikanischen Schiff Blake 27. Jan. 1883 gelotet, nämlich 8341 m in 19° 39' nördl. Br. und 66° 26' westl. L. und 7723 m in 19° 30' nördl. Br. und 66° 12' westl. L. Die Vlämische Kappe am Ostabhang der Neufundlandbank mit Böschungswinkeln bis zu 29° scheint ihre Entstehung erratischen Anhäufungen zu verdanken, welche hier von den schmelzenden Eisbergen niederfallen. Ebenso wird auf der Ostseite des Ozeans der von Schottland nach den Faröern sich erstreckende Rücken (400-500 m Tiefe) als die Endmoräne einer ausgebreiteten Vergletscherung angesehen. Eine auffällig steile Bodenerhebung, welche aber 1145 m unter Wasser bleibt, ist inmitten dieses Teils des Atlantischen Ozeans aufgefunden, die Faradayhügel in 49° 40' nördl. Br. und 29° 10' westl. L. Die steilen Böschungen dieser Bodenerhebung (bis zu 35°) deuten auf eine gewaltsame unterseeische Hebung an jener Stelle. Auch der südliche Atlantische Ozean hat ein

^[Abb.: Fig. 1. Durchschnitt durch den Nordatlantischen Ozean von Gibraltar über Madeira, Azoren, Bermudas bis New York. Nach Messungen des Challenger vom Januar bis Juli 1873. Länge und Tiefe 1308:1.]

^[Abb.: Fig. 2. Durchschnitt durch den Südatlantischen Ozean von der La Plata-Mündung über Tristan da Cunha bis zum Kap der Guten Hoffnung. Nach Messungen des Challenger im Oktober 1873 und März 1876. Länge und Tiefe 1200:1.]