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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Augereau; Augia; Augīasstall; Augier

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Augereau - Augier.

Pseudonym Gérau und mit Ancelot, Desnoyers und Cornu verschiedene Stücke, die Erfolg hatten, z. B.: "Une séduction" (1832), "La folle" und "Pierre le Grand" (1836), "Pauvre mére!" (1837); dann allein: "Marcel" (1838), "Précepteur à vingt ans" (1838), "Benoît, ou les deux cousins" (1842) etc. Sein bedeutendstes Werk ist "La physiologie du théâtre" (1839-40, 5 Bde.), das eine mit großer Sorgfalt geschriebene Geschichte der Litteratur der Pariser Theater, ihre Organisation etc. enthält. A. starb 29. Jan. 1881 in Mentone.

Augereau (spr. ohsch'ro), Pierre François Charles, Herzog von Castiglione, Marschall von Frankreich, geb. 11. Nov. 1757 zu Paris als Sohn eines Obsthändlers in der Vorstadt St.-Marceau, ward französischer Karabinier, desertierte und diente in mehreren ausländischen Heeren, zuletzt in Neapel, wo er sich seit 1787 als Fechtmeister seinen Unterhalt erwarb. Als 1792 alle Franzosen Neapel räumen mußten, trat A. als einer der ersten Freiwilligen in die französische Revolutionsarmee und wurde schon 1793 Divisionsgeneral bei dem Heer der Ostpyrenäen, wo er über die Spanier 1794 und 1795 mehrere leichte Siege erfocht. Ohne Erziehung, charakterlos und wenig begabt, besaß er das rastlose Streben, vorwärts zukommen, und große Kühnheit im Kugelregen. Diese bewährte er namentlich 1796 als Korpsbefehlshaber der italienischen Armee bei Millesimo und Lodi. Von Bonaparte in den Kirchenstaat geschickt, nahm er Bologna, unterdrückte einen Aufstand in der Romagna und nötigte den Papst zum Frieden. Darauf zur Hauptarmee zurückgerufen, schlug er 5. Aug. Wurmser bei Castiglione, dann mit Masséna 6. Nov. Alvinczy bei Carmignano, trug wesentlich zum Sieg bei Arcole bei und besiegte Provera vor den Thoren Mantuas. Im August 1797 kehrte er, durch schamlose Erpressungen bereichert, nach Paris zurück; wo er zum Befehlshaber der Pariser Militärdivision ernannt wurde und den Staatsstreich vom 18. Fructidor (4. Sept. 1797) mit brutaler Gewalt durchführte. Doch wurde er gegen seine Erwartung nicht in das Direktorium gewählt, auch von dem ihm übertragenen Kommando der Rheinarmee bald abberufen und nach Perpignan versetzt. A. strebte in eitler Überhebung selbst nach der höchsten Gewalt in Frankreich und ließ sich deshalb 1799 zum Mitglied der Fünfhundert in Paris wählen. Doch hatte er weder das Geschick noch den Mut, um seine Pläne ins Werk zu setzen, und unterwarf sich seinem Nebenbuhler Bonaparte nach dem 18. Brumaire. Zum Oberbefehlshaber in Holland ernannt, führte er das französisch-batavische Korps nach dem Mittelrhein, um Moreaus Operationen in Süddeutschland zu unterstützen, rückte über Frankfurt nach Würzburg und lieferte dem Feind mehrere glückliche Gefechte, die aber keinen Ausschlag gaben. Nach dem Lüneviller Frieden (1801) lebte er auf einem Landgut bei Melun, bis er 1803 den Oberbefehl über die gegen Portugal bestimmte Armee erhielt. Da dieselbe aber nicht ausrückte, blieb er in Paris, ward 1804 zum Marschall und 1805 zum Herzog von Castiglione ernannt. Im Krieg mit Österreich 1805 drang er an der Spitze eines Armeekorps in Vorarlberg ein, wo er Jellachich bei Dornbirn zur Kapitulation zwang. Im J. 1806 wirkte er als Befehlshaber des linken Flügels zum Sieg bei Jena mit. Bei Eylau 7. Febr. 1807 drang er mit großer Tapferkeit vor, irrte aber vom rechten Weg ab, so daß bei einem Angriff der Russen sein Korps fast ganz aufgerieben und er selbst verwundet ward. Der Kaiser schickte ihn darauf zur Herstellung seiner geschwächten Gesundheit nach Frankreich. Im J. 1809 erteilte er ihm den Oberbefehl in Katalonien, wo er jedoch keine Erfolge errang; Napoleon rief ihn daher ab und ersetzte ihn durch Macdonald. Im J. 1812 erhielt er das Kommando des 11. Armeekorps, welches in Berlin gebildet wurde; 1813 sammelte er als Generalgouverneur von Frankfurt und Würzburg die Reservearmee, welche Anfang Oktober nach Leipzig marschierte. Bei Leipzig kämpfte er mit großer Tapferkeit und Ausdauer. Nach dem Einmarsch der Alliierten in Frankreich bildete A. zu Lyon eine Armee, knüpfte aber schon im März, als er Napoleons Sturz voraussah, mit dem österreichischen General Bubna Unterhandlungen an, die 21. März zur Kapitulation von Lyon führten, unterwarf sich Ludwig XVIII. und wirkte dadurch mit zur ersten Abdankung des Kaisers, gegen welchen er sich in den schroffsten Ausdrücken erklärte. Er wurde dafür vom König zum Mitglied des Kriegsrats, zum Ritter des heil. Ludwig und zum Pair von Frankreich ernannt. Im März 1815 erhielt er den Oberbefehl über die 14. Militärdivision zu Caen. Obgleich von Napoleon nach seiner Rückkehr von Elba als Verräter bezeichnet, huldigte A. dem Kaiser in einem Aufruf an die 14. Division, gewann jedoch Napoleons Vertrauen, das er nie in hohem Grad besessen hatte, nicht wieder. Nach der zweiten Restauration trat A. wieder in die Pairskammer, aus der Napoleon ihn ausgeschlossen hatte, und wurde Mitglied des Kriegsgerichts, welches den Marschall Ney richten sollte, sich jedoch für inkompetent erklärte. Darauf zog er sich auf sein Landgut La Houssaye zurück, wo er 11. Juni 1816 starb.

Augia, in neulat. Ortsnamen für Au, z. B. A. dives, Reichenau.

Augīasstall, sprichwörtl. Ausdruck für eine durch Vernachlässigung entstandene große Unordnung; daher den A. reinigen, s. v. w. eine solche mit vieler Anstrengung beseitigen (vgl. Augeias).

Augier (spr. ohschĭeh), Emile, der bedeutendste Dichter des modernen französischen Theaters, geb. 17. Sept. 1820 zu Valence am Rhône (mütterlicherseits Enkel von Pigault-Lebrun), kam jung nach Paris, wo er sich anfangs dem Rechtsstudium widmete und einige Zeit im Büreau eines Notars arbeitete. Im J. 1844 kam sein erstes Stück, das Lustspiel "La cigue" das die Bekehrung eines athenischen Menschenfeindes durch die selbstlose Liebe einer schönen Sklavin behandelt und eine seiner besten Arbeiten geblieben ist, auf dem Odéontheater zur Aufführung und errang sofort einen durchschlagenden Erfolg. Zugleich eröffnete es ihm die Pforten des Théâtre français, auf dem er zunächst "Un homme de bien", sodann zwei seiner Hauptwerke: "L'aventuriére" (1848) und "Gabrielle" (1849, von der Akademie gekrönt), zur Darstellung brachte. Alle diese Stücke sind, wie von den spätern noch das für die Rachel gedichtete halb historische Schauspiel "Diane" (1852), das weniger ansprach, "Philiberte" (1853), "La jeunesse" (1858) und "Paul Forestier" (1868), in Versen geschrieben, die allerdings nichts von dem metallenen Klang und der Majestät des Victor Hugoschen Verses haben, aber einer gewissen Anmut nicht entbehren und das eifrige Studium Molières und Corneilles erkennen lassen. Die Kritik, um jene Zeit schon vorwiegend in den Händen von Romantikern, wie Th. Gautier, Vacquerie etc., konnte sich mit dem gemessenen Ton und der nach ihren Begriffen etwas spießbürgerlichen Moral der Augierschen Dramen nicht recht befreunden und bezeichnete die von ihm eingeschlagene Richtung als "l'école de bon sens". A. hatte sich aber