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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Bajanismus; Bajazet; Bajazzo; Bajesid

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Bajanismus - Bajesid.

brahmanen geprüft und nach Abschließung des Kontrakts mit ihren Eltern an einem glücklichen Tag in den Tempel als dessen Eigentum eingeführt. An der Pforte des Tempels wird sie von ihren künftigen Gefährtinnen empfangen, in dem heiligen Weiher gebadet, mit einer Tunika von weißem Musselin bekleidet und mit den Tempelkleinodien geschmückt. Unter vielen Zeremonien wird sie sodann vom Priester förmlich geweiht. Von jetzt an ist die Dewedaschie erster Klasse von der Außenwelt getrennt; indessen hat sie sich wenigstens der Gesellschaft ihrer Mitschwestern zu erfreuen, auch darf sie sich aus den zwei ersten Hindukasten einen Geliebten wählen, mit dem sie sich täglich in ihrer Zelle unterhalten kann. Meist pflegt dies einer der Tempelbrahmanen selbst zu sein. Die Dewedaschies der zweiten Klasse dagegen können sich aus ihren Kasten Liebhaber nach Gutdünken wählen, auch bei Hochzeiten und andern Festen gegen Bezahlung ihre Kunst nach Belieben ausüben, daher sie in der Regel sehr wohlhabend sind. Der Unterricht beider Klassen besteht in Lesen und Schreiben, Nähen und Stricken, Singen und Tanzen, Mimik nebst Instrumentalmusik u. dgl.; zugleich lernen sie die Geschichte der Götter, die Hymnen auf dieselben und verschiedene Gebete auswendig, die sie mit Musikbegleitung hersagen. Ihre Tänze stellen unter Musikbegleitung meist eine Pantomime dar, deren Inhalt eine Göttergeschichte, ein Liebeshandel u. dgl. bildet. Die Kinder der Dewedaschies werden, wenn Mädchen, ebenfalls B., wenn Knaben, Musiker. Die Dewedaschies der zwei ersten Klassen werden allgemein mit Auszeichnung behandelt. Sie stehen unter dem Schutz des Publikums und genießen viele Vorrechte; man gibt ihnen den Titel Begum ("edle Dame") und hält sie für unentbehrlich bei allen religiösen, öffentlichen und Privatfesten.

Bajanismus, s. Bajus.

Bajazet, s. Bajesid.

Bajazzo (ital.), bei Seiltänzern, Kunstreitern etc. der Possenreißer. Sein Kostüm ist dem des Pierrot ähnlich, weit, weiß, schlotternd, mit großen Knöpfen und zuckerhutförmiger Kopfbedeckung.

Bajesid (Bajazid), Hauptstadt eines Sandschaks im türk. Armenien, Wilajet Erzerum, 25 km südöstlich vom Ararat, liegt amphitheatralisch auf einer Vorhöhe des Ala Dagh, mit steilen Straßen, mehreren Moscheen und dem prachtvollen, aber 1840 durch ein Erdbeben zum Teil zerstörten Palast Mahmud Paschas, über welchem die alte Feste (angeblich ein Werk der Genuesen) kühn und malerisch emporragt. Die Zahl der Einwohner beträgt, nachdem 1829 der größte Teil der armenischen Bevölkerung ausgewandert ist, nur noch etwa 5000 (meistens Kurden). Unweit B. siegten 29. Juli (bei Karabulak) und 7. Aug. (bei Kuruklere) 1854 die Russen unter Wrangel über die Türken unter Selim Pascha. Am 30. April 1877 wurde B. von den Russen besetzt, die sich in der Citadelle hielten, als die Türken 18. Juni die in diesen Kämpfen arg zerstörte Stadt wiedereroberten. Tergukassow befreite 10. Juli durch einen glänzenden Sieg die belagerte Besatzung.

Bajesid (Bajazid, Bajazet), 1) B. I., Dschilderim, "der Blitz", so genannt wegen seiner Schnelligkeit und Kraft, geb. 1347 als ältester Sohn des Sultans Murad I., bestieg nach dessen Ermordung 1389 den Thron, welchen er sich durch Hinrichtung seines Bruders Jakub sicherte. Sofort überschwemmte er die Donauländer mit seinen Truppen und erzwang sich Unterwerfung. Sodann gab ihm der Streit zwischen dem byzantinischen Kaiser Johannes und seinem Sohn Andronikos, an dessen Stelle derselbe seinen Liebling Manuel zum Thronfolger erklärt hatte, Gelegenheit, sich in diese Händel zu mischen. Zuerst setzte B. den Andronikos auf den Thron und hielt Johannes und Manuel gefangen, nach zwei Jahren aber (1394) wurde Andronikos entsetzt, und Johannes und Manuel erhielten die Herrschaft, wodurch das byzantinische Kaisertum ganz von B. abhängig wurde. Hierauf eroberte B. Bulgarien, Makedonien, Thessalien, drang in Griechenland ein, wo er Argos zerstörte, suchte die Inseln des Archipels durch Raubzüge heim und bedrohte Siebenbürgen und Ungarn. Als ihm endlich der König Siegmund von Böhmen und Ungarn mit einem in verschiedenen Ländern, besonders auch in Frankreich, gesammelten Heer entgegentrat, wurde derselbe in der blutigen Schlacht bei Nikopolis (28. Sept. 1396) völlig geschlagen. Im Grimm über seine eignen Verluste ließ B. 3000 Gefangene niedermetzeln. Die Folge dieses Siegs war die Unterwerfung von Bosnien, worauf sich B. gegen Konstantinopel wandte. Aber sein Siegeslauf wurde unterbrochen durch den Einbruch des Mongolen Timur in Kleinasien; übermütig durch seine Erfolge, wagte B. die Schlacht bei Angora 20. Juli 1402, in welcher der "Blitz" B. von dem "großen Wolf" Timur besiegt und gefangen wurde. Anfangs mild behandelt, wurde B., als er in ein Komplott gegen Timur sich einließ, strenger bewacht und bei Nacht in Fesseln gehalten. Daß ihn aber Timur in einen Käfig habe sperren lassen, ist eine Fabel, welche daraus entstand, daß das türkische Kafes nicht bloß ein vergittertes Gemach, sondern auch Käfig bedeutet. B. starb in der Gefangenschaft 8. März 1403.

2) B. II., türk. Sultan, Sohn Mohammeds II., geb. 1446, regierte von 1481 bis 1512. Seinen jüngern Bruder, Dschem, der als nach Mohammeds Thronbesteigung geborner Sohn die Herrschaft beanspruchte und sich der asiatischen Provinzen bemächtigte, schlug er bei Jenischehr unweit Brussa und zwang ihn zur Flucht nach Syrien und Ägypten, von wo derselbe später zu den Rhodiserrittern und dann zu Papst Alexander VI. flüchtete, der ihn auf den Wunsch Bajesids, welcher große Geldsummen zahlte, 1495 aus dem Weg räumen ließ. Seit 1484 machte B. bedeutende Eroberungen an der Donau und am Schwarzen Meer und unterwarf den Chan der Tataren und den Woiwoden der Walachei. Dagegen wurde er von dem ägyptischen Mameluckensultan Kaitbai bei Tarsus geschlagen und zu einem ungünstigen Frieden (1490) gezwungen. Dennoch schickte B. dem durch die kastilisch-aragonische Macht bedrängten Sultan von Granada seine Flotte zu Hilfe, freilich erfolglos. Gleichzeitig fielen die türkischen Statthalter von Serbien und Bosnien in Ungarn ein. Der 1499-1503 mit gewaltigen Mitteln gegen Venedig geführte Krieg ergab kein erhebliches Resultat. Aus einer achtjährigen, mystischen Betrachtungen gewidmeten Ruhe weckte B. der in Asien rebellierende Schah Kuli (Scheitan Kuli), welcher mit Mühe nach Persien getrieben wurde. 1511 empörte sich Bajesids Sohn Selim, von den Tataren und Moldauern unterstützt; er wurde zwar geschlagen, erneute aber den Aufstand 1512. Durch die Janitscharen eingeschüchtert, legte B. die Regierung nieder und starb 26. Mai 1512 auf dem Weg nach Adrianopel an Gift, das ihm sein Leibarzt auf Anstiften seines Sohns beibrachte. Er war ein Freund gelehrter, besonders theologischer, Studien und verwandte bedeutende Summen auf öffentliche Bauten. Sein schönstes Werk ist die große, nach ihm benannte Moschee zu Konstantinopel. Auch