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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Barometer

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Barometer (als Wetterglas und zur Höhenmessung).

genannt. Diese Wendestunden unterliegen in den einzelnen Jahreszeiten kleinen Veränderungen und sind auch nicht für alle Orte der Erdoberfläche genau die gleichen. Neben den täglichen Schwankungen zeigt sich auch eine jährliche Periode der Barometerstände. In den Wintermonaten steht das Quecksilber etwas höher als in den Sommermonaten. Den Unterschied des höchsten und niedrigsten Standes in der jährlichen Periode nennt man die Amplitüde der jährlichen Barometerschwankungen. Diese Amplitüde ist für Orte nahe am Äquator größer als für solche in den gemäßigten oder kalten Zonen, auch tritt in den letztgenannten Regionen die Regelmäßigkeit der Periode nicht so deutlich hervor wie in den tropischen Gegenden. In beträchtlichen Höhen über dem Meeresspiegel werden die periodischen Schwankungen des Barometers geringer. Neben den regelmäßigen periodischen Schwankungen zeigt das B. aber auch nichtperiodische, unregelmäßige Oszillationen. Diese sind im Winter größer als im Sommer und in kalten Ländern bedeutender als in heißen, d. h. sie nehmen im allgemeinen um so mehr zu, je weiter man sich vom Äquator entfernt. In mittlern und höhern Breiten werden sie oft so bedeutend, daß sie hier die regelmäßigen oder periodischen Oszillationen häufig verdecken. Verbindet man auf einer Landkarte alle diejenigen Orte durch eine Linie miteinander, für welche die mittlere monatliche Amplitüde der Barometerschwankungen die gleiche ist, so erhält man die isobarometrischen Linien.

Die Ursache der Barometerschwankungen ist in der veränderlichen Wärmeverteilung auf der Bodenoberfläche und in der auf ihr ruhenden Luftsäule zu suchen. Ist die Luft kalt, oder bricht ein kalter Wind plötzlich herein, so wird die Luft schwerer, infolgedessen muß das B. steigen; warme Luft ist dagegen leichter als kalte, unter dem Einfluß eines warmen Luftstroms muß daher der Druck der Luft abnehmen und das Quecksilber im B. fallen. Der Charakter der Witterung wird durch das Vorherrschen oder Verdrängtwerden eines der beiden Hauptluftströmungen bestimmt, welche den Namen Äquatorialstrom und Polarstrom führen. Der erstere kommt als Südwest zu uns und bringt wegen seiner Feuchtigkeit meist bedeckten Himmel und Regen. Im Winter vermindert er deshalb die Kälte, im Sommer hingegen bewirkt er Kühlung. Das B. zeigt zu dieser Zeit den geringsten Druck an, es steht tief. Oft vermag man sogar an seinem Fallen den in der Höhe auftretenden Südwest schon zu erkennen, wenn auch die Windfahne noch nichts davon weiß und ruhig Nord oder Ost zeigt. Der Polarstrom, kühl und trocken, bringt heitern Himmel und vermehrt daher im Winter die Kälte, im Sommer die Hitze. Während er weht, steht das Quecksilber im B. hoch und bleibt so bei anhaltend heiterer und trockner Witterung. Wenn im Sommer nach heißem Wetter das B. fällt, so kann man mit einiger Wahrscheinlichkeit auf den Ausbruch eines Gewitters rechnen. Im Winter tritt der höchste Barometerstand gewöhnlich dann ein, wenn entgegengesetzt wehende Winde einander stauen; behält hierbei schließlich der südliche Wind die Oberhand, so treten Nebel und starke Niederschläge ein, wenn aber der nördliche Luftstrom durchdringt, so hat man sich auf starken Schneefall gefaßt zu machen. Wenn bei schlechtem Wetter, bei Regen und Sturm das Quecksilber im B. niedrig steht, so deutet sein Steigen besseres Wetter an. Den niedrigsten Stand zeigt das B. bei heftigen Stürmen, weshalb der tiefste Punkt der gewöhnlichen Zimmerbarometer mit "Sturm" bezeichnet ist. Am Weihnachtsabend 1821 sank bei einem heftigen Sturm das B. zu Brest und London um 49,6, zu Haarlem und Paris um 40,6, zu Straßburg um 36,1 und zu Berlin und Genf um 29,3 mm unter den mittlern Stand. Im allgemeinen sind die Stürme um so heftiger, je bedeutender das ihnen vorausgehende Fallen des Barometers ist. Wenn überhaupt das B. schnell und bedeutend fällt, so kann man stets mit großer Sicherheit auf starken Wind rechnen. Diese Regel hat sich immer so zutreffend gezeigt, daß der Stand des Barometers dem Seefahrer den sichersten Aufschluß über ein bevorstehendes Unwetter gibt. Ebenso ist die hauptsächlichste Gefahr vorüber, mag der Wind auch noch so heftig wehen, sobald das B. wieder zu steigen beginnt. In neuerer Zeit hat man die Barometerbeobachtungen an verschiedenen Orten mit Glück dazu benutzt, um Aufschluß über die Richtung und Stärke des Windes in den nächsten 24 Stunden zu erhalten (s. Wetter). Seit langer Zeit hat man dem Mond einen Einfluß auf den Stand des Barometers zugeschrieben. Die Untersuchungen von Bouvard und Eisenlohr aus den auf der Pariser Sternwarte angestellten Beobachtungen haben aber gezeigt, daß die Größe der atmosphärischen Mondflut sich beim B. auf 0,0176 mm reduziert, also für gewöhnliche Verhältnisse verschwindend klein ist. Nach Neumayer deuten die Beobachtungen zu Melbourne einen Einfluß des Mondes auf den Barometerstand an, der freilich desto kleiner werden wird, je weiter der Beobachtungsort vom Äquator entfernt liegt.

Um den Höhenunterschied zwischen zwei Orten zu erhalten, bedient man sich der folgenden Barometerformel. Es sei H die Höhe des Barometerstandes an dem untern Ort a, h diejenige, welche man in dem höher gelegenen Ort b beobachtete, t die Temperatur in a und t' diejenige in b, beide in Graden Celsius. Unter diesen Voraussetzungen findet sich der Höhenunterschied d zwischen a und b in Metern ausgedrückt:

^[img] d = 18400 * (1 + 0,00367 * (t + t')/2 ) log(H/h).

In dieser Formel ist eine kleine Korrektion wegen der Veränderung der Schwere als unbedeutend übergangen. Übrigens kann man aus Barometerbeobachtungen nur annäherungsweise Werte für den Höhenunterschied zweier Orte ermitteln und muß längere Zeit hindurch angestellte Beobachtungen miteinander verbinden, um einigermaßen sichere Resultate zu erhalten. Vgl. Nowak, Das barometrische Höhenmessen (2. Aufl., Wien 1869); Rühlmann, Die barometrischen Höhenmessungen (Leipz. 1870); Wüllerstorf-Urbair, Zur wissenschaftlichen Verwertung des Aneroids (Wien 1871); Höltschl, Die Aneroide (das. 1872); Herzog, Praktische Anleitung zum Höhenmessen mittels Dosenbarometer (2. Aufl., Leipz. 1873); Drechsler, Das Wetterglas (das. 1867); Goldschmid, Neuer Aneroidbarometer (Zür. 1869); Bauernfeind, Beobachtungen und Untersuchungen über die Eigenschaften der Naudetschen Aneroidbarometer (Münch. 1874); Koppe, Die Aneroidbarometer von Goldschmid und das barometrische Höhenmessen (Zür. 1877); Jelinek, Über die Konstanten der Aneroide (Wien 1876); Schreiber, Handbuch der barometrischen Höhenmessungen mit besonderer Berücksichtigung der Aneroide (Weim. 1876); Neumayer, Hilfstafeln für barometrische Höhenmessungen (Münch. 1877). Eine Sammlung barometrischer Höhentafeln nach Gauß und nach Radan enthält Jelineks "Anleitung zur Anstellung meteorologischer Beobachtungen" (Wien 1876).