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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Baugesellschaften; Baugewerbe; Baugewerkschule

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Baugesellschaften - Baugewerkschule.

von Bourget und Annecy im W. und NO., vom Chéran (zum Fier, einem Nebenfluß des Rhône) durchflossen, 1000 m hoch, im Trélod zu 2174 m ansteigend, hat Le Châtelard zum Hauptort. Die Bewohner treiben Eisenindustrie und Viehzucht. Die 13 Gemeinden der Landschaft bildeten ehedem eine Föderativrepublik.

Baugesellschaften sind Gesellschaften, welche durch Bau, Vermietung oder Verkauf von Wohnungen mit ratenweiser Abzahlung vorhandene Wohnungsbedürfnisse befriedigen. Zu unterscheiden sind 1) B., welche als Erwerbsgesellschaft auf kapitalistischer Grundlage ruhen und in der Form von Aktiengesellschaften auftreten (Baubanken); solche B. wurden Anfang der 70er Jahre in größerer Zahl gegründet, doch sind viele derselben inzwischen wieder zu Grunde gegangen; 2) solche, welche durch genossenschaftliche Selbsthilfe dem Wohnungsinteresse der eignen Mitglieder genügen (s. Baugenossenschaften im Art. Genossenschaften); 3) B., welche den Charakter von Wohlthätigkeitsunternehmungen tragen, indem sie, wie mehrere englische Gesellschaften, die 1848 gegründete Berliner gemeinnützige Baugesellschaft u. a., unter Verzicht auf Spekulationsgewinn sich mit mäßiger Verzinsung ihrer aufgewandten Kapitalien begnügen oder auch Opfer an Zeit und Geld ohne Vergütung bringen. Hierher können auch diejenigen Vereinigungen von Arbeitgebern gerechnet werden, welche aus rein humanem Wohlwollen ihren Arbeitern Wohnungen erbauen, welche den in Bezug auf Gesundheit, Sittlichkeit etc. zu stellenden Anforderungen entsprechen. (Vgl. auch Wohnungsfrage.) - Im Mittelalter die Brüderschaften der Bauleute, insbesondere der Gewerksverbindungen der Steinmetzen und verwandter Bauhandwerker (s. Bauhütte).

Baugewerbe, im weitern Sinn alle Gewerbe, welche beim Bau von Häusern beteiligt sind, also die der Maurer, Zimmerleute, Steinmetzen, Tischler, Glaser, Schlosser, Dachdecker, Klempner, Anstreicher, Tapeziere etc. Im engern, ursprünglich historischen Sinn versteht man darunter nur das Maurer- und das Zimmergewerbe, welchen die umfassendsten Arbeiten beim Hausbau zufallen, und welche meist als Hausbau-Unternehmer aufzutreten pflegen. Bis vor kurzem nahmen diese Gewerbe in Deutschland noch eine von derjenigen der übrigen Gewerbe wesentlich verschiedene gewerberechtliche Stellung ein. Noch unter der allgemeinen Herrschaft des Innungs- und Konzessionswesens war ihre Ausübung an erheblich schwerere Bedingungen gebunden als die der meisten übrigen Gewerbe. Auch als allmählich ein Staat nach dem andern den Grundsatz der Gewerbefreiheit anerkannte und im allgemeinen das Prüfungs- und Konzessionswesen aufhob, glaubte man dasselbe in vermeintlich öffentlichem Interesse, namentlich zum Schutz des Lebens und der Gesundheit der Staatsangehörigen, wohl auch aus Rücksicht auf die dabei möglicherweise zu befürchtenden bedeutenden Vermögensverluste, bei den Baugewerben noch beibehalten zu müssen. Man überzeugte sich jedoch mehr und mehr, daß die Vorteile, welche man sich von Beibehaltung der Prüfungen versprach, verhältnismäßig wenig sicher und wertvoll seien, da sie sich im günstigsten Fall auf die Garantie eines gewissen Maßes von theoretischem Wissen beschränkten, während es bei Ausübung der B. weniger hierauf als vielmehr auf das Vorhandensein von moralischen Eigenschaften bei dem ausführenden Bauhandwerker ankommt. Da nun weder bei andern ebenso gefährlichen Gewerben noch auch in den meisten außerdeutschen Staaten hinsichtlich der B. eine Prüfungspflichtigkeit bestand, so ließ man zunächst in einigen Einzelstaaten, sodann aber durch die Reichsgewerbeordnung für ganz Deutschland dieselbe für die B. ebenfalls fallen und stellte die letztern insoweit den übrigen Gewerben vollständig gleich. Daß man daneben in einzelnen Staaten baugewerbliche, vom Staat unterhaltene Bildungsanstalten sowie fakultative Prüfungen beibehalten hat, steht mit dem Prinzip der Gewerbefreiheit nicht im Widerspruch. Ungeachtet dieser gewerberechtlichen Gleichstellung der B. mit allen übrigen Gewerben oder teilweise vielmehr gerade infolge derselben hat man die B. in strafrechtlicher und sicherheits- und wohlfahrtspolizeilicher Beziehung einer schärfern Kontrolle zu unterstellen für notwendig erachtet. Das Reichsstrafgesetzbuch schreibt vor, daß derjenige, welcher bei der Leitung oder Ausführung eines Baues wider die allgemein anerkannten Regeln der Baukunst dergestalt handelt, daß hieraus für andre Gefahr entsteht, mit Geldstrafe bis zu 900 Mk. oder mit Gefängnis bis zu einem Jahr bestraft wird. Ebenso bestraft dasselbe mit Geldstrafe bis zu 150 Mk. oder mit Haft denjenigen, welcher als Bauherr, Baumeister oder Bauhandwerker einen Bau oder eine Ausbesserung, wozu die polizeiliche Genehmigung erforderlich ist, ohne diese Genehmigung oder mit eigenmächtiger Abweichung von dem durch die Behörde genehmigten Bauplan ausführt. Außerdem unterliegen die B. vom polizeilichen Gesichtspunkt aus einer tief eingehenden Regelung durch allgemeine Landesgesetze und Lokalstatuten (Bauordnungen), welche im allgemeinen den Zweck verfolgen, einesteils gehörig darüber zu wachen, daß alle Bauten von vorheriger Genehmigung der Behörden abhängig gemacht und nach den geltenden Vorschriften ausgeführt werden, andernteils die Abänderung und Beseitigung aller Bauanlagen, durch welche Gefahr für andre oder eine Verletzung des öffentlichen Interesses droht, zu ermöglichen und anzuordnen. Die Organisation auch der B. nimmt nach Abänderung der Gewerbeordnung wieder eine festere Gestalt an und läuft nach dem Reichsgesetz vom 18. Juli 1881 auf die Bildung von fakultativen Innungen hinaus, deren wesentliche Aufgabe die Pflege des Gemeingeistes und der Standesehre, die Förderung eines gedeihlichen Verhältnisses zwischen Meister und Gesellen, die nähere Regelung des Lehrlingswesens, insbesondere die Fürsorge für die technische, gewerbliche und sittliche Ausbildung der Lehrlinge und die Entscheidung von Streitigkeiten zwischen den Innungsmitgliedern und ihren Lehrlingen an Stelle der Gemeindebehörde, ist. Als Bauinnung ist jede dahin zielende Verbindung von Bauhandwerkern, z. B. der Bund der Bau-, Maurer- und Zimmermeister Berlins, die Bauhütte zu Kiel, der Baugewerkverein in Hannover, zu bezeichnen, unter welchen der in der Bildung begriffene Verband deutscher Baugewerksmeister zur Zeit eine Einigung herbeizuführen sucht; s. Innung. Die revidierte österreichische Gewerbeordnung vom 15. März 1883 hat die B. unter die Zahl der konzessionierten Gewerbe aufgenommen.

Baugewerkschule, niedere Bauschule, worin das Bauwesen vorwiegend vom praktischen Standpunkt aus gelehrt wird. Die erste, von Haarmann in Holzminden angelegte B. war hauptsächlich für Unterricht während des Winters, worin die Baupraxis ruht, angelegt, während die meisten Schüler und Lehrer im Lauf des Sommers sich praktisch beschäftigten. Die Hauptlehrgegenstände sind außer den notwendigsten Hilfswissenschaften: Baumaterialien-^[folgende Seite]