Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Bayern

551

Bayern (Geschichte: 1650-1777).

der Unterpfalz als Lehen. Im Westfälischen Frieden behielt Maximilian die Kurwürde und die Oberpfalz, während er die Unterpfalz an die Kurpfalz zurückgab.

Bayern als Kurfürstentum.

Bis zum Ende des Dreißigjährigen Kriegs nahmen die bayrischen Truppen hervorragenden Anteil an den Kämpfen gegen die Schweden und Franzosen, wodurch freilich B. arg litt und furchtbar verwüstet wurde. Doch vermochte sich Maximilian nicht mehr vom Kaiser zu trennen, selbst als er im Ulmer Vertrag mit Frankreich (1647) einen Versuch dazu machte. In den zwei letzten Jahren seiner Regierung suchte er dem erschöpften Land nach Kräften wieder aufzuhelfen. Da bei seinem Tod (1651) sein Sohn Ferdinand Maria noch minderjährig war, so übernahmen dessen Mutter und sein Oheim Albrecht die Verwaltung des Landes. Nach drei Jahren trat Ferdinand Maria die Regierung selbst an, und es gelang ihm, allmählich die tiefen Wunden zu heilen, die der Dreißigjährige Krieg allenthalben geschlagen; namentlich war seine Sorge auf Wiederbelebung des Ackerbaues und der Gewerbe gerichtet. Von den Kriegen gegen Frankreich hielt er sich aus Vorliebe für dieses fern. Die Kirche begünstigte er, erbaute viele prächtige Kirchen und stellte zahlreiche Klöster wieder her. Der Oberpfalz gab er 1657 ein neues Gesetzbuch und hielt 1669 einen Landtag, den ersten seit 1612, auf dem die Errichtung von Fideikommissen erlaubt wurde. An seinem Hof herrschte großer Glanz; in München wurden prachtvolle Bauten aufgeführt. Er hinterließ 1679 einen unmündigen Sohn, Maximilian II. Emanuel, der nach einer kurzen vormundschaftlichen Regentschaft die Regierung antrat.

Nach kriegerischem Ruhm strebend, suchte Max Emanuel mit innerm Wohlstand auch äußern Glanz zu vereinigen und hielt keinen Preis für zu hoch, größere Besitzungen und höhern Rang sich zu erkaufen. Dieser Hang stürzte aber B. in namenloses Unglück. Den Kriegsruhm seines Herzogs, den sich derselbe besonders im Kampf gegen die Türken vor Wien, bei Mohács und Belgrad erwarb, und der ihm die Hand der Kaiserstochter Maria Antonia verschaffte, bezahlte es teuer mit dem Blut und dem Geld seiner Bürger. König Karl II. von Spanien ernannte Max Emanuel zum Statthalter der spanischen Niederlande und setzte den bayrischen Kurprinzen Joseph Ferdinand zum Erben der spanischen Krone ein. Als dieser wenige Monate nachher im siebenten Lebensjahr (8. Febr. 1699) starb und nun der Enkel Ludwigs XIV. von Karl II. zum Erben bestimmt wurde, ließ sich der Kurfürst durch die ehrgeizige Hoffnung auf ein Königreich in Süddeutschland verleiten, im spanischen Erbfolgekrieg für Frankreich Partei zu nehmen. Nachdem er anfangs glücklich gekämpft und einen Einfall in Tirol unternommen hatte, wandte sich das Glück des Kriegs. Nach der Schlacht von Höchstädt (13. Aug. 1704) wurde ganz B. von den Österreichern besetzt und als erobertes Land behandelt, während sich Maximilian selbst nach den Niederlanden zurückzog. Dennoch war die Liebe der Bayern für ihren Fürsten so groß, daß sie mehrmals Aufstände versuchten, unter denen jener der Oberländer Bauern unter dem Schmiedbalthes, die am Weihnachtstag 1705 bei Mittersendling geschlagen wurden, hervorzuheben ist. Die Länder des geächteten Kurfürsten wurden nun als heimgefallene Lehen behandelt, das Innviertel mit Österreich vereinigt, die Oberpfalz an Kurpfalz gegeben, die Kurfürstin mit einer kleinen Apanage nach Italien geschickt und die Prinzen als Grafen von Wittelsbach in harter Gefangenschaft gehalten. Der Friede von Baden 1714 machte diesem Zustand ein Ende, und ganz B. kam an Maximilian Emanuel zurück, der 10. April 1715 nach München zurückkehrte und auch die Kurwürde wiedererhielt.

Auf Maximilian Emanuel folgte 1726 sein Sohn Karl Albrecht, unter welchem B. 14 Jahre lang der ersehnten Ruhe genoß. Indes der wenig begabte, von den Jesuiten erzogene und beherrschte Fürst that nichts, um das Volk aus seiner trägen Ruhe aufzurütteln, den ertötenden Druck der Kirche zu beseitigen und durch Aufklärung und Anregung einen höhern Aufschwung in gewerblicher und geistiger Thätigkeit vorzubereiten. Auch er sah in Glanz und Pracht, in prunkvollen Hoffesten die Ehre der Herrschaft und verwickelte überdies B. in einen neuen und verderblichen Krieg. Obwohl er bei seiner Vermählung mit Maria Amalia, der zweiten Tochter Kaiser Josephs I., 1722 die Pragmatische Sanktion Karls VI. anerkannt hatte, erhob er doch nach dessen Tod (1740) auf Grund des Kodizills zum Testament Ferdinands I. vom 4. Febr. 1547, dessen in München befindliche Abschrift sich in der wesentlichen Stelle als gefälscht erwies, und dann als Gemahl einer Tochter Josephs I. Protest gegen die Thronbesteigung Maria Theresias, verband sich 1741 mit Frankreich, nahm Oberösterreich, ließ sich in Prag als König von Böhmen huldigen und ward in Frankfurt 1742 als Karl VII. zum deutschen Kaiser gewählt, verlor aber um dieselbe Zeit sein Stammland B., das durch die Österreicher besetzt wurde. Dieselben dachten wiederum an seine dauernde Vereinigung mit Österreich. Als Friedrich II., König von Preußen, im August 1744 mit 100,000 Mann in Böhmen erschien, kehrte Karl VII. zwar nach München zurück; starb aber schon 20. Jan. 1745. Ihm folgte sein Sohn Maximilian III. Joseph als Kurfürst, der durch den Separatfrieden zu Füssen (22. April 1745) von Österreich alle B. entrissenen Lande zurückerhielt, wogegen er die Pragmatische Sanktion anerkannte und dem Herzog Franz von Lothringen seine Stimme zur Kaiserwahl versprach. Maximilian Joseph war eifrig bemüht, die Spuren des Kriegs zu entfernen. Der Ackerbau wurde durch neue Kulturen gefördert, Industrie und Bergbau gehoben. Der 1751 von dem Vizekanzler Kreitmayr entworfene Kriminalkodex verbesserte das Justizwesen. Gegen Bettler und Landstreicher wurden strenge Maßregeln ergriffen. Der Kurfürst stiftete 1759 die Akademie der Wissenschaften in München, deren Druckschriften er der Zensur der Jesuiten entzog. Auch zur bessern Organisation der Volksschule machte er einen Versuch. Jedoch wurde diese ebenso wie die gänzlich verfallene Universität Ingolstadt so völlig von den Jesuiten beherrscht, daß eine Besserung unausführbar war.

Da Maximilian Joseph kinderlos war, so erneuerte er mit dem Kurfürsten Karl Theodor von der Pfalz die frühern Erbverträge. Als daher die bayrische Linie der Wittelsbacher 30. Dez. 1777 mit Maximilian Joseph erlosch, wurde Karl Theodor, Kurfürst von der Pfalz und bei Rhein, dem Vertrag gemäß Kurfürst von B., und hiermit ward die fast 4½ Jahrhunderte von B. getrennt gewesene Pfalz wieder mit B. vereinigt. Sofort aber ließ Österreich, das auf das größere Dritteil der Erbschaft (das ehemalige Herzogtum Straubing, die Herrschaften Mildesheim, Leuchtenberg, Wolfstein, Haag, Has u. a.) unter dem Titel böhmischer, österreichischer und Reichslehen Anspruch machte, jene Distrikte durch seine Truppen besetzen. Karl Theodor, der keine ehelichen Kinder und von Kaiser Joseph II. die Aussicht auf Erhebung