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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Bhartrihari; Bharutsch; Bhâskara; Bhat; Bhatgong; Bhatti; Bhavabhuti; Bhawalpur; Bhikschu; Bhil

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Bhartrihari - Bhil.

Bhartrihari, indischer Spruchdichter, der nach der Sage ein Bruder des als Litteraturfreund gerühmten Königs Vikramâditja (etwa um die Mitte des 1. Jahrh. v. Chr.) war und nach der Entdeckung der Untreue seiner Gemahlin Anangasena sich in die Einsamkeit zurückgezogen haben soll. Er gilt als Verfasser einer Sammlung von 300 poetischen Sprüchen, die in drei Centurien (çataka) geteilt sind. Die erste, "Çringâra-çataka" ("Centurie der Liebe"), enthält erotische Miniaturbilder, die zweite, "Nîti-çataka" ("Centurie der Lebensführung"), Betrachtungen über soziale Themata, die dritte, "Wairâgya-çataka" ("Centurie der Leidenschaftslosigkeit"), ethische und theologische Sprüche. Sehr wahrscheinlich stammen diese unter dem Namen Bhartriharis gesammelten Gedichte von den verschiedensten Verfassern her und sind nur einem in der indischen Überlieferung bekannten Namen, wie der des B. durch Märchenbücher es ist, später zugeschrieben worden. Ein Teil dieser Sammlung ist als das erste Stück indischer Poesie durch den holländischen Missionär Abraham Roger in dem Buch "Offene Thür zum verborgenen Heidentum" (holländ., Leiden 1651; deutsch, Nürnb. 1653) in Europa bekannt geworden. Eine kritische Ausgabe mit lateinischer Übersetzung besorgte P. v. Bohlen: "Bhartriharis sententiae" (Berl. 1833, die Varianten erst 1850); vielfach besser Häberlin in seiner "Sanskrit anthology" (Kalkutta 1847). Vgl. hierzu die umfassende Sammlung von Böhtlingk: "Indische Sprüche" (2. Aufl., Petersb. 1870-74, 3 Bde.). Eine Übersetzung des Werks in deutschen Strophenformen lieferte ebenfalls P. v. Bohlen ("Sprüche des B.", Hamb. 1835); einzelne Stücke, von Rückert übersetzt, enthält die "Zeitschrift für die Kunde des Morgenlandes", Bd. 1 (Götting. 1837).

Bharutsch, Stadt, s. Barotsch.

Bhâskara, mit dem Beinamen Acarya (der Gelehrte), ind. Astronom, geb. 1114 n. Chr., welcher das mathematische Wissen der Inder mehr systematisierend als schöpferisch auf Grund bedeutender Vorgänger zum Abschluß brachte. Sein großes Lehrgedicht trägt den Titel: "Siddhântaçiromani" ("Astronomie-Stirnschmuck"). Der erste Teil ("Lîlâvatî") enthält Arithmetisches und Geometrisches (im Sanskritoriginal, Kalkutta 1832; engl. von Taylor, Bombay 1816, und von Colebrooke, Lond. 1817). Der zweite Teil ("Vîdschaganita") behandelt die Algebra (engl. von Colebrooke, Lond. 1817, und von Strachey, das. 1818; im Original, Kalkutta 1834 und 1846). Der dritte ("Ganitâdhjâja") und vierte Teil ("Golâdhjâja") sind astronomischen Inhalts, beide mit indischem Kommentar (Kalkutta 1842). Von dem dritten Teil ist in der "Bibliotheca indica" (Kalkutta 1862) eine englische Übersetzung erschienen. Außerdem verfaßte B. in hohem Alter noch ein Kompendium der praktischen Astronomie ("Karana-kutûhala"). Obgleich von seinen Vorgängern durchweg abhängig, tritt er doch überall sehr selbstbewußt auf; einzelne griechische, aber noch mehr arabische Wörter deuten auf die fremden Einflüsse, welche auf seine Wissenschaft eingewirkt hatten. Vgl. Brockhaus, Über die Algebra des B. (in den "Berichten der Sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften" 1852).

Bhat, die Kaste der Barden in den ostind. Nordwestprovinzen, in Bengalen, Pandschab, den Zentralprovinzen, Baroda, Bombay u. a., im ganzen (1881) 295,633 Seelen. Sie sind die Hüter der an die vornehmen Familien dieser Distrikte sich knüpfenden Sagen und stehen in großem Ansehen.

Bhatgong ("Stadt der Bhat", auch Dharmaputra, "Gesetzesstadt"), ansehnliche Stadt im Königreich Nepal in Ostindien, 15 km östlich von Kathmandu, vorherrschend von Brahmanen und Bhat (s. d.) bewohnt, die hier in großer Zahl vereinigt sind, mit Pflege der brahmanischen Wissenschaften beschäftigt. Die Stadt, mit ca. 12,000 Einw., liegt etwa 1200 m ü. M.; die mittlere Temperatur beträgt 16,2° C.

Bhatti, ein bedeutender epischer Dichter der Inder, der im 6. oder 7. Jahrh. n. Chr. lebte und in Valabhi unter König Çrîdharasena das nach ihm genannte "Bhattikâvyam" in 22 Gesängen verfaßte. Er besingt in ziemlich einfachem und schönem Stil die Thaten des Râma, verfolgt aber dabei den Nebenzweck, Beispiele für grammatische und rhetorische Regeln zu geben. Ausgabe mit Doppelkommentar, Kalkutta 1828; ein Stack Übersetzung lieferte C. Schütz ("Fünf Gesänge des Bhattikâvyam", Bielefeld 1837).

Bhavabhuti, nach Kâlidâsa und dem Verfasser der "Mritschakatî" der bedeutendste Dramendichter der Inder, war im südlichen Indien geboren, gehörte einem Brahmanengeschlecht an und lebte zu Anfang des 8. Jahrh. Er stand mit kunstsinnigen Fürsten und Dichtern in nahem Verkehr und führt noch einen zweiten Namen, Crîkantha, d. h. jemand, in dessen Kehle das Glück sitzt, wohl eine Anspielung auf seine Beredsamkeit. Unter seinem Namen sind drei Dramen überliefert, deren Echtheit keinen Bedenken unterliegt. Das erste: "Mâlatîmâdhava" ("Mâlatî und Mâdhawa" oder, wie man es dem Inhalt nach nennen könnte, "Die heimliche Heirat"), ist ein bürgerliches Drama in zehn Akten, mit einem aus dem indischen Gesellschaftsleben entnommenen Inhalt, durch vortreffliche Charakteristik ausgezeichnet (gedruckt zuerst Kalkutta 1830; engl. von Wilson im "Theatre of the Hindoos", Bd. 2; deutsch von Fritze in Reclams "Universal-Bibliothek", Leipz. 1883). Die beiden andern Stücke Bhavabhutis beruhen in ihrem Inhalt auf dem Epos Râmâjana. "Mahâvîratscharitra" ("Drama von dem großen Helden") behandelt Râmas Thaten und Sieg über den Riesen Râvana, König von Ceylon und Räuber seiner Gattin Sîtâ (vgl. die sechs ersten Bücher des Râmâjana), ein Stoff, der Gelegenheit zu großartigen Naturschilderungen indischer Waldwildnisse bot (hrsg. von Trithen, Lond. 1848; übersetzt von Pickford, das. 1871). "Uttararâmatscharitra" ("Weiteres Drama von Râma") schildert die Eifersucht Râmas, Entrückung der Gattin und seinen Tod in rührenden, bisweilen tief ergreifenden Zügen (hrsg. Kalkutta 1831, übersetzt bei Wilson). Die Sprache des Dichters bietet wegen ihrer Überladenheit und Weitschweifigkeit dem Verständnis häufig große Schwierigkeiten dar. Eine Würdigung des Dichters und Analyse der Stücke lieferte Klein in seiner "Geschichte des Dramas", Bd. 3 (Leipz. 1866). Vgl. Borooah, B. and his place in Sanskrit literature (Kalkutta u. Lond. 1878).

Bhawalpur, s. Bahawalpur.

Bhikschu ("Bettler"), Bezeichnung der sonst auch Cramana ("Sinnenbändiger, Enthaltsame, Ehelose") genannten buddhistischen Mönche, da sie das Gelübde der Armut abgelegt haben und verpflichtet sind, nur von Almosen zu leben. Die Bezeichnung ist dem brahmanischen Sprachgebrauch entlehnt.

Bhil, stämmereiches Volk im Westen von Vorderindien, besonders verbreitet in Radschputana und über die Hügel der Satpura- und Windhyakette. Sie sind Reste der vorarischen Bevölkerung Indiens und gehören der starken, kurzarmigen Abteilung der indischen Aboriginer an. Größe 1,675 m, Brustumfang