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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Bixa; Bixaceen; Bixin; Bixio; Bizarr; Bizarre; Bize; Bizet

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Bixa - Bizet.

führten gerade die Franzosen die Zelte später wieder ein und beschwerten sich dadurch, namentlich zu Anfang des Kriegs von 1870, mit einem übermäßigen Train, wogegen sich das preußische Prinzip glänzend bewährte, die Truppen stets biwakieren zu lassen, wo eine Verteilung derselben in Ortschaften (Kantonnement) unverträglich mit der durch die militärische Lage geforderten Kampfbereitschaft erscheint. Im B. liegen die Truppen in taktischen Körpern geordnet zusammen, so daß sie jeden Augenblick alarmiert und zum Gefecht verwandt werden können. Die Infanterie lagert in der Nähe ihrer zusammengesetzten Gewehre, die Kavallerie in der Nähe ihrer zusammengekoppelten Pferde, die Artillerie bei den Geschützen und deren Bespannung. Biwakieren, im B. liegen.

Bixa L., Gattung aus der Familie der Bixaceen, südamerikan. immergrüne Bäume von mittlerer Höhe, mit schönen, in Rispen gestellten Blüten. B. Orellana L. (Orlean- oder Roncoubaum, s. Tafel "Farbepflanzen"), in Westindien und Südamerika, hat langgestielte, große, eirund-längliche, zugespitzte, kahle Blätter und lanzettliche, spitzige Nebenblätter; die sehr schönen weißen Blüten bilden endständige, lockere, oft rispige Doldentrauben; die rundlich-herzförmige, 5-8 cm lange Kapsel ist dicht mit rotbraunen, steifen Borsten besetzt; die Samen sind verkehrt-eiförmig, erbsengroß, zusammengedrückt, weißlich oder rötlich, in ein teigiges, dunkel scharlachrotes, stark an den Fingern klebendes Fruchtmark eingehüllt, woraus der Orlean (s. d.) gewonnen wird. Die Bastfasern der Rinde werden zur Verfertigung von Seilen und Tauen verwendet.

Bixaceen (Bixineen, Orleangewächse), dikotyle, etwa 320 Arten umfassende, in der warmen Zone einheimische Pflanzenfamilie aus der Ordnung der Parietalen, zunächst mit den Cistaceen verwandt. Auch zu den Tiliaceen stehen die B. in naher Beziehung. Vgl. Eichler in Martius' "Flora brasiliensis", Fasz. 55.

Bixin, s. Orlean.

Bixio, Girolamo Nino, ital. Freiheitskämpfer, geb. 2. Okt. 1821 zu Chiavari bei Genua, trat 1835 als Schiffsjunge in die sardinische Handelsmarine, ward Kapitän eines Kauffahrers und machte mehrere Reisen nach Amerika und Australien. Nach dem Ausbruch der Revolution 1848 schloß er sich den Freischaren an, wirkte zur Verteidigung Venedigs mit, kämpfte unter Garibaldi tapfer bei der Verteidigung Roms gegen die Franzosen, wurde aber schwer verwundet und zog sich dann nach Genua zurück, wo er wieder in den Dienst der Handelsmarine trat. Beim Ausbruch des Kriegs 1859 führte er ein Bataillon Alpenjäger und ward zum Major befördert. Nach dem Frieden von Villafranca erhielt er als Oberstleutnant das Kommando eines neugebildeten toscanischen Regiments, nahm aber infolge von Konflikten mit dem General Fanti bald seine Entlassung. 1860 folgte er Garibaldi bei dessen Expedition nach Sizilien und bemächtigte sich in dessen Auftrag der beiden Dampfer Piemonte und Lombardo, welche der Kompanie Rubattino gehörten. Er erhielt das Kommando auf dem Lombardo und focht nach der Landung bei Marsala an der Spitze eines Bataillons Freiwilliger bei Calatafimi und Palermo. Von der sizilischen Direktorialregierung zum Brigadier ernannt, nahm er mit 300 Mann von Reggio Besitz und trug viel zum Sieg am Volturno bei. Zum Generalleutnant befördert, trat er dann 1862 in die italienische Armee über, ward 1863 Kommandant von Alessandria, 1865 als Vertreter Anconas Mitglied des italienischen Parlaments, führte im März 1866 eine Division, ebenso 1870 und 1871, wo er Civita Vecchia besetzte und dem Angriff auf Rom beiwohnte. Auf kurze Zeit in seine bürgerliche Stellung zurückgetreten, unternahm er darauf mit seinem Schiff Maddaloni eine Expedition nach Ostasien, vermietete das Schiff an die holländische Regierung für den Krieg mit Atschin und starb während desselben auf Java im Dezember 1873 an der Cholera. Seine Biographie schrieb Guerzoni (2. Aufl., Flor. 1875, 2 Bde.).

Bizarr (franz. bizarre, ital. bizzarro), wunderlich, ungereimt, seltsam. Die Bizarrerie ist vom humoristischen und launigen Wesen weit verschieden; sie sucht mit Absichtlichkeit das Seltsame und Auffallende, strebt, sich den Schein des Außerordentlichen zu geben, und weicht, Originalität affektierend, von allgemein gültigen Sitten und Normen ab. Der bizarre Geschmack in der Kunst verschmäht die naturgemäßen und traditionell bestehenden Regeln und artet aus falscher Originalitätssucht ins Sonderbare, Verzerrte und Ungeheuerliche aus; er ist nicht bloß eigensinnig, sondern geradezu formlos und, meist aus Überdruß an künstlerischer Produktivität entstehend, stets ein Zeichen des beginnenden Verfalles der Kunst.

Bizarre (Bizard, Bisarde, franz.), Sonderling; Blumen (besonders Nelken, Tulpen) mit breiten Farbenstreifen.

Bize (spr. bihs'), Flecken im franz. Departement Aude, Arrondissement Narbonne, am Flüßchen Cesse, mit 1280 Einw., Kohlen-, Eisen- und Marmorgruben. In den im naheliegenden Thal Las-Fons befindlichen Höhlen wurden zahlreiche interessante Funde aus prähistorischer Zeit gemacht.

Bizet (spr. bisä), Georges (eigentlich Alexandre César Léopold B.), bedeutender franz. Komponist, geb. 25. Okt. 1838 zu Paris, machte seine Studien am dortigen Konservatorium unter Halévys und Zimmermanns Leitung und errang 1857 den römischen Preis. Schon kurz zuvor, in demselben Jahr, war er als dramatischer Komponist in die Öffentlichkeit getreten mit der Operette "Le docteur Miracle", welche bei einer von Offenbach, damals Direktor des Theaters der Bouffes-Parisiens, veranstalteten Preisbewerbung unter 60 Bewerbungen den ersten Preis errungen hatte. Von seiner italienischen Studienreise nach Paris zurückgekehrt, gelang es ihm bald, ein größeres dramatisches Werk zur Aufführung zu bringen: die Oper "Les pécheurs de perles" (1863), welcher einige Jahre später "La jolie fille de Perth" (1867) folgte. In beiden Werken, wie in seinen zahlreichen gleichzeitig veröffentlichten kleinern Gesangs- und Klavierkompositionen zeigte sich B. als ein entschiedener Anhänger der von Richard Wagner eingeschlagenen Richtung, und da seine Opern demgemäß vom herkömmlichen Stil abwichen, so fanden sie beim Publikum nur eine laue Aufnahme. Das gleiche Schicksal hatte die komische Oper "Djamileh" (1872), wogegen bald darauf seine Musik zu Daudets Drama "L'Arlésienne" sowohl im Theater als namentlich im Konzert großen Beifall fand. Als völlig gereifter Künstler trat er endlich 1875 mit der komischen Oper "Carmen" hervor, in welcher neben höchster Originalität und Kühnheit der Tongestaltung eine so richtige Empfindung für das szenisch Wirksame zu Tage trat, daß ihr Erfolg ein glänzender und unbestrittener war. Sein früher Tod machte der so verheißungsvoll begonnenen Laufbahn leider ein jähes Ende. B. starb 3. Juni 1875 in Bougival bei Paris infolge eines Herzleidens.