Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Blatt

1013

Blatt (Blattstellung).

B. wieder gerade über dem Ausgangsblatt steht. Fig. 1 versinnlicht an einer durchsichtig gedachten Achse eine Blattstellung mit einer Divergenz von ⅖. Wenn man in der Spirale vom B. 1 aufsteigt, so ist B. 6 das erste, welches wieder senkrecht über dem Ausgangsblatt steht; ebenso steht B. 7 über B. 2, B. 8 über B. 3 u. s. f. Es lassen sich mithin auch die Blätter eines Stengels durch eine Anzahl gerader Linien verbinden, welche man Blattzeilen (Orthostichen) nennt, und man kann daher die Blattstellung auch als zweizeilige, dreizeilige, fünfzeilige etc. bezeichnen. Derjenige Teil der Grundspirale, welchen man zurücklegen muß, um von einem Ausgangsblatt bis zum nächsten senkrecht darüberstehenden B. zu gelangen, heißt ein Cyklus. Man pflegt nun die Blattstellung durch ihre Divergenz zu bezeichnen, nämlich in Gestalt des Bruches, den die letztere beträgt. In dem hier veranschaulichten Fall würde also die Blattstellung ⅖ gegeben sein. In allen Fällen gibt der Zähler dieser Brüche an, wieviel ganze Umläufe um den Stengel der Cyklus macht, und der Nenner drückt die Anzahl der Blätter aus, welche ein Cyklus umfaßt. Es finden sich in der Natur zahlreiche verschiedene Divergenzen, aber im allgemeinen sind dieselben für jede Pflanzenart konstant und charakteristisch. Die allermeisten der existierenden Blattstellungen gehören folgender Reihe an: ½, ⅓, ⅖, ⅜, 5/13, 8/21, 13/34 u. s. f. Diese Reihe hat die Eigentümlichkeit, daß jeder Bruch durch Addition der Zähler und der Nenner der beiden vorausgehenden Brüche zu finden ist; sämtliche so erhaltene Brüche liegen ihrer Größe nach zwischen dem größten und dem kleinsten, ½ und ⅓, mitten inne. Die weitaus häufigsten Blattstellungen gehören den niedern Divergenzen an, mit denen die Reihe beginnt. Man hat auch Fälle von Blattstellungen beobachtet, welche andern, aber analogen Reihen von Brüchen angehören. - Die die Blätter verbindende Grundspirale läßt sich selbstverständlich nach zwei entgegengesetzten Richtungen um den Stengel legen, indem man entweder auf dem längern oder auf dem kürzern Weg von einer Stellung zur andern fortschreitet. Es ist üblich, immer den kürzern Weg in Betracht zu ziehen, und unter dieser Voraussetzung läßt sich dann angeben, ob die Richtung der Grundspirale rechts- oder linkswendig aufsteigt. Beiderlei Richtungen kommen vor und sind selbst an einer und derselben Art nicht konstant. Bei verzweigten Stengeln ist die Grundspirale der Zweige entweder von der gleichen Richtung wie an der Hauptachse oder von entgegengesetzter, was man als homodrom oder antidrom bezeichnet. Bei vielen Achsen, die eine zweizeilige Verzweigung haben, und zwar sowohl bei laubtragenden Achsen als bei gewissen Blütenständen, z. B. den sogen. Wickeln, sind die Zweige, im letztern Fall die Blüten, der einen Zeile mit der Hauptachse homodrom, die der andern antidrom, also beide Zeilen einander entgegengesetzt. Bei den quirlständigen Blättern gruppieren sich die einzelnen Glieder des Quirls in gleichen Abständen voneinander um den Stengel. Die Blätter divergieren also bei gegenständiger Stellung um ½, bei dreigliederigen Quirlen um ⅓ der Stengelperipherie u. s. f. Man bezeichnet die Quirlstellungen durch diese Brüche, indem man dieselben in Klammern einschließt. Wenn Quirle aufeinander folgen, so ist es Regel, daß die Blätter des nächsten über der Mitte der Zwischenräume zwischen den Blättern des vorhergehenden stehen, so daß also der erste und dritte Quirl untereinander gleichgestellt sind. Die gegenständigen Blätter sind daher gekreuzt (dekussiert, vgl. Fig. 2). Neuerdings wurde von Schwendener versucht, die Anordnung der Blätter in Schrägzeilen und die regelmäßige Divergenz als Folge des gegenseitigen Druckes der jungen Blattorgane zu erklären. Über Blattstellung vgl. Schimper, Beschreibung des Symphytum Zeyheri (Heidelb. 1835); Braun, Untersuchungen über die Ordnung der Schuppen an den Tannenzapfen (Academ. Leopold.-Carol. Acta, Bd. 14);

^[Abb.: Fig. 1. Blattspirale.]

^[Abb.: Fig. 2. Dekussierte Blätter.]

^[Abb.: Fig. 3. Gegenständige Blätter mit verwachsener Basis.]

^[Abb.: Fig. 4. Gespaltene Blattscheide.]

^[Abb.: Fig. 5. Geschlossene Blattscheide.]

^[Abb.: Fig. 6. Kurzgestieltes Blatt.]